Rück die Kohle raus!



Gestern Morgen hörte ich eine Meldung im Nachrichtenkanal des MDR, wonach der Absatz von Braunkohle seit einigen Monat rapide gestiegen ist. Als Grund dafür wurde - was nicht weiter verwundert - die so genannte Gaskrise genannt. Seitdem die Preise auf den Energiemärkten durch die Decke geschossen sind, die Inflation bei beinahe 10 % liegt ( Juli 2022 ) und die Unsicherheit in der Bevölkerung dazu wächst, haben viele, die über ein längst ausrangiertes Heizmittel, nämlich einen Dauerbrand - oder Kaminofen verfügen, diesen als Heizungsmedium wieder entdeckt.

Und so erinnerte ich mich nach der MDR - Meldung an jene Jahre meiner Kindheit, die von Armut, Verzicht und Entbehrung gekennzeichnet waren. In dem Haus meiner Eltern gab es nur vier Zimmer, die im Winter beheizt werden konnten. Hier standen jene Öfen, die ab Herbst, wenn die Tage längst wieder kürzer geworden sind und die Nächte bereits empfindlich kühl wurden, mit Kohle beheizt werden konnten.

Dazu mussten sie jeden Tag gesäubert werden. Das hieß, der Aschekasten wurde irgendwo im Garten entleert. Dann legten unsere Großeltern oder Eltern zusammen geknüllten Zeitungspapier auf den sauber gemachten Ofenrost. Hierauf lagen einige Stücke Anmachholz, das zuvor mit einem Messer von einem größeren Holzscheit abgeschnitten wurde. Ein Streichholz wurde anschließend angezündet und die untere Klappe des Ofens geschlossen.

Dann musste so lange gewartete werden, bis das Feuer das Anmachholz zum Brennen gebracht hatte, ehe danach ein bis zwei Holzscheite nachgelegt werden konnten. Wenn diese richtig brannten, konnten Eierkohlen hinein gelegt werden; später dann Steinkohlebriketts. 

Nicht selten mussten mehrere Versuche gestartet werden, um den Ofen zum Heizen zu bringen. Eine schmutzige Angelegenheit war diese Art des Heizens alle Male. Es staubte, rauchte und stank oft nach Rauch. 

Zudem war es notwendig, dass bereits im Sommer der Kohlekeller aufgefüllt wird. Um Geld zu sparen kauften die Eltern dann die Kohle, die von einem im Nachbarort wohnenden Händler mit einem LKW angeliefert wurden. Der lud dann die Kohlen in Säcken zu einem Doppelzentner auf dem Hof ab. Von dort aus wuchtete mein Vater die Kohlensäcke in den Keller. Bei Schüttgut, das um einige Pfennig je Zentner billiger war, musste das Heizmaterial in eine Schubkarre geschaufelt werden. Diese fuhr mein Vater durch den Garten zu dem Kellerfenster. Hier hatte er aus Holzbohlen eine Rutsche gebaut. Er schüttete das so genannte Schwarze Gold auf diese Konstruktion. Von da purzelte es in den Keller. Hier stapelten meine Großeltern die Brikett an die Wand. Die Eierkohle musste in einen, durch einen abgetrennten Teil des Keller geschaufelt werden.

Es war eine mühsame, eine Knochenarbeit, die hierbei gefragt war, um das Heizmaterial in einzulagern.

Die Steinkohle war etwas teurer als Braunkohle. Sie hatte aber einen höheren Heizwert. Da das Ruhrgebiet, in dem diese Kohle abgebaut wurde, " nur " 2 Autostunden entfernt liegt, zudem eine gute Zuganbindung, die über das nordrhein - westfälische Minden verläuft, existiert, erfolgte der Transport der in den vielen Zechen geförderten Steinkohle über die " Deutsche Bundesbahn " mittels Güterzug, dem damals geliebten Kohlezug.

Er bestand aus Dutzenden Kipploren, später dann aus Offenen Güterwagen für Schüttgut. An jene Eisenbahnwagons konnte ich mich noch gut erinnern, denn sie standen n einer langen Reihe auf einem Abstellgleis des Bückeburger Bahnhofs. Hier hatten einige Kohlehändler ihre Lager, die aus Bretterschuppen bestanden. Von dort aus beluden sie ihre LKW ( davor waren es Pferdewagen ) und liefert dann die Kohle zu den Kunden aus.

Einige wenige besaßen eigen Lagerschuppen auf ihren Grundstücken. Sie transportierten das Schwarze Gold dorthin und verkauften es an Selbstabholer oder beluden später erneut den LKW mit der bestellten Kohle, die sie zuvor in Säcke füllten. Bei Schüttgut mussten die überwiegend noch selbst fahrenden Händler die Menge per Schaufel abladen, da die kleineren LKW noch keine Kippvorrichtung besaßen.

Bei den Fahrzeugen LKW handelte es sich um Dreirad - Fahrzeuge der Marke " Tempo "; selten kamen zweiachsige Fahrzeuge zum Einsatz. Und noch seltener waren es größere LKW von " Mercedes " oder " MAN ". 

Bis in die 1960er Jahre wurden die Räume im elterlichen Haus mit jenen Kohleöfen beheizt. Danach hatten diese ausgedient. In den Häusern, auch in jenen der Provinz, kamen nunmehr Ölöfen zum Einsatz. In den Küchen standen Gasöfen, da die örtlichen Stadtwerke zuvor sämtliche Straßen aufgebuddelt hatten, um die Leitungen zu verlegen, die bis zur Grundstücksgrenze verliefen. Der      Hausanschluss indes war - wie heute auch - Sache des Hauseigentümers, der dazu einen Fachbetrieb beauftragen musste.

Die Anschlüsse mussten natürlich auch selbst bezahlt werden. Ehe das Gas strömte, waren einige Hundert Mark zu berappen.

Gas war schon damals teuer. Zudem nicht sicher, denn im Laufe der vielen Dekaden ist so manches Haus wegen defekter oder vor allem manipulierter Zuleitung in die Luft geflogen. Zudem hat das luftförmige Heizmittel keine sehr hohe Effizienz. 

Nun besinnt sich so mancher, demnächst von den astronomischen Gaspreisen gebeutelter Mieter oder Hauseigentümer auf die " gute " alte Kohle als Heizmittel. Doch dazu bedarf es nicht nur eines Ofens, sondern auch eines Schornsteins und natürlich jeder Menge Kohle, die dann wieder mühsam und Schweiß treibend die Etagen hoch gewuchtet werden muss. So, wie vor mehr als 60 Jahren.

Müssen wir uns das wieder antun?

Zu dem Thema habe ich im all wissenden Netz ein Liedchen der österreichischen Musikerin und mehr mit dem Namen Stefanie Werger gefunden. Die 71jährige veröffentlichte vor 11 Jahren ein Album mit dem Titel " Südwind " und hierauf findet sich das Stück " Rück die Kohle raus ". Bei You Tube konnte ich es nicht finden. Na,ja, macht nüscht. Dafür gibt´s Rory Galagher, der von diesem Elend nix mehr mit bekommen kann, denn er setzte seinem Dasein bereits vor mehr als 27 Jahren ein Ende. Der 47jährige " soff nicht nur alle unter den Tisch ", sondern sich dadurch auch tot.


Walk On Hot Coals....... - 1973:




 

      


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