" Da musste ich zweimal lesen. "
Seit einigen Tagen marodiert eine Meldung durch den Nachrichten - Dschungel in der von " Insolvenz ", " Pleite " oder " Zahlungsunfähigkeit " die Rede ist. Beinahe gleichlautend berichtet die Medien - Meute dieses über eine Bäckerei oder auch Backwaren - Kette mit dem Namen " Leifert " mit dem Firmensitz in Gifhorn. Die als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das dortige Handelsregister eingetragene Firma unterhält zurzeit noch 40 Filialen.
Unter dem Slogan " Echt gebacken von nebenan " bietet die Großbäckerei in den weiteren niedersächsischen Städten Wolfsburg, Hannover und Braunschweig sowie in deren Umkreis ein breites Sortiment von Backwaren an:
Nun mussten die Geschäftsführer Anette und Nils Leifert bei dem Amtsgericht Gifhorn einen Antrag auf Insolvenz in Eigenregie stellen. Die Besonderheit des § 270 Insolvenzordnung besteht darin, dass der sich als zahlungsfähige erklärende Schuldner selbst zum Sachwalter in eigener Sache ernennen lässt. Ohne fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse dürfte dieses ein schwieriges Unterfangen sein.
Wie dem auch sei, die mehr als 200 Mitarbeiter ( überwiegend Frauen ) erhalten für die letzten drei Monate vor dem Insolvenzantrag einen Einmalbetrag in Höhe des Nettoentgeltes. Der Antrag muss zudem binnen zwei Monaten nach dem das Insolvenzverfahren eingeleitet worden ist, bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt werden. Sollte der bisherige Arbeitgeber seinen Betrieb tatsächlich einstellen müssen, dürfte für eine " Anschlussverwendung " gesorgt sein, denn den weder finanziell lukrativen, noch in der immer noch vom Jugendwahn getriebenen Gesellschaft anerkannten Beruf der Bäckereifachverkäuferin, möchten die Vertreterinnen der Generationen 20 Plus ausüben.
Das war vor mehr als drei Dekaden nicht anders. Schon zu Beginn der 1990er waren gelernte Bäcker, aber auch Verkäuferinnen auf dem Arbeitsmarkt mit der Lupe zu suchen. So erzählte es mir zumindest mein Bruder, der Ende der 1980 in Düsseldorf für den damaligen im Aufstreben begriffenen Bäcker " Kamps " in Düsseldorf als Betriebswirt tätig war.
Eingestellt wurde er von dem Master of Desaster Heiner Kamps persönlich. Dem schwebte Größeres als den Betrieb einiger Bäcker Filialen in Düsseldorf vor ( https://de.wikipedia.org/wiki/Kamps_(Unternehmen).
Kamps, Jahrgang 1955, inzwischen Privatier, sah sich deshalb genötigt, seine bereits bestehenden Düsseldorfer Filialen auf Umsatz, vor allem aber Gewinn zu trimmen. Das funktioniert indes nur dann, wenn das zu Arbeitssklaven degradierte ( siehe der Pleite gegangene Ex - Mogul Anton Schlecker ) Personal mitzieht. Das " Wir - Gefühl " dabei als Vorwand heranziehen, quälte Kamps sein weibliches Verkaufs - und Humankapital mit immer neuen Vorgaben. Zum Teil durch eine " Ausdünnung " in den Filialen, mit dem Ziel eine höhere Produktivität ( Entlassungsproduktivität ) zu erreichen. Kamps versuchte den Aufstieg in Gestalt eines Börsenganges.
https://de.wikipedia.org/wiki/Heiner_Kamps
Mein Bruder, so wie ich natürlich, aus einem proletarisch geprägten Elternhaus kommend, waren diese auf Profitmaximierung zielenden Aktionen zuwider. Wenngleich kein bekennender Marxist, erkannte er die forcierte Ausbeutung der Frauen durch den Unmenschen Kamps und versuchte diesen davon zu überzeugen, dass seine auf den Zügen des Manchester Kapitalismus basierende Gedankenwelt eher dazu führt, dass die Mitarbeiterinnen nicht nur häufiger erkranken, sondern der Kamps - Knechtschaft qua Kündigung zu entrinnen.
Das kam indes beim Herr der Dinge Kamps nicht gut an. Er kündigte meinem Bruder, forderte ihn auf die übergebenen Schlüssel zu den Düsseldorfer Betrieben sowie den Firmen - PKW unter Fristsetzung herauszugeben und verweigerte ihm die ausstehende Gehaltszahlung.
Nun, mein Bruder bemühte das Arbeitsgericht, erwirkte über die dortige Rechtsantragsstelle eine einstweilige Verfügung gegen Kamps, in der er diesen zur Zahlung eines Abschlagsbetrages von 2.000 DM auf seinen noch offenstehendes Gehalt verpflichtete. Diese wurde Kamps einen Tag später zugestellt; allerdings ließ mein Bruder daraus nicht vollstrecken ( z.B. das Betriebskonto pfänden ). Kamps ging zu einem Düsseldorfer Kollegen, der umgehend Widerspruch gegen den Gerichtstitel einlegte. Der Düsseldorfer Arbeitsrichter beraumte umgehend einen Termin zur Güteverhandlung an. Mein Bruder rief mich nun endlich an und schilderte mir seine Situation.
Ich für einen Tag vor dem Termin nach Mönchengladbach, wo mein Bruder mit seiner Familie damals lebte, und erschien mit ihm zu dem Gerichtstermin. Kamps blähte sich dort mächtig auf. Behauptete, er habe seinerseits Schadenersatzansprüche in gleicher Höhe, weil mein Bruder zum einen den PKW nicht fristgerecht zurückgegeben hätte, er diesen deshalb über einen Mitarbeiter von einem Parkplatz vor der gemieteten Wohnung meines Bruders in den Nachtstunden habe abholen müssen und des weiteren die Schlüssel für die Filialen ebenfalls nicht zu dem meinem Bruder benannten Termin abgegeben worden seien, sondern lediglich in einem Briefumschlag in einem Briefkasten des Düsseldorfers Firmensitzes in geöffneter Form gelegen hätten. Weil es sich um eine Zentralschließanlage handele, habe Kamps sämtliche Schlösser auswechseln müssen, was Kosten im mittleren vierstelligen Bereich versucht habe.
Ich empfahl dem herum seiernden Großbäcker nebst Kollegen aus Düsseldorf, diese Behauptungen alsdann innerhalb der Kündigungsschutzklage schriftsätzlich vorzubringen. Der Arbeitsrichter sah das genauso und schlug folgenden Vergleich vor:
- Der Verfügungsbeklagte zahlt auf das rückständige Gehalt des Verfügungsklägers einen A conto - Betrag von 2.000 DM brutto für netto.
Wir zeigten uns damit einverstanden; die Gegenseite versuchte einen Widerrufsvorbehalt herauszukitzeln. " Nix da ", wandte ich ein. Sie sind als Partei persönlich anwesend. Der Düsseldorfer Arbeitsrichter sah das auch so. Nach einigen Zögern ( Kamps hatte vermutlich bereits Zahlungsschwierigkeiten ) war der Vergleichsbetrag auf dem Konto meines Bruders. Es folgte ein weiteres Verfahren, nämlich die Kündigungsschutzklage. Danach eine Klage auf Herausgabe von persönlichen Gegenständen meines Bruders, die sich in dem zurückgeholten Firmenwagen befanden.
Ich setzte dem künftigen Backwaren - Mogul über den Düsseldorfer Kollegen dazu eine Frist. Er rührte sich nicht und ließ diese verstreichen. Ich erhob Klage. Wir sahen uns erneut vor dem gleichen Richter wieder. Der zeigte sich dieses Mal sichtlich erstaunt über den Inhalt des Klageantrags. " Ein Stück Gummiknüppel? Da musste ich zweimal lesen! ", sagte er, nachdem wir Platz genommen hatten. Was wollten Sie denn damit, Herr W. ? ", wollte er von meinem Bruder wissen. Der erklärte ihm seine Tätigkeit und dass er sowohl in den Nacht - als auch frühen Morgenstunden zu den Filialen herausfahren müsse, weil die Polizei ihn aus dem Bett geklingelt habe, wenn dort die Alarmanlage los dröhnte. Deshalb habe er aus Selbstschutzgründen immer einen Gummiknüppel im Auto liegen gehabt.
Kamps hatte sich die Utensilien von einem Angestellten geben lassen und zum Termin mitgebracht. Er wollte einer Vollstreckung aus dem zu erwartenden Titel vorgreifen. Na, bitte, warum nicht gleich so.
Merke also: Im Sinne des Liedes der Pop - Gruppe " Die Prinzen " gilt deshalb
" Du musst ein Schwein sein in dieser Welt – Schwein sein
Du musst gemein sein in dieser Welt – gemein sein
Denn willst du ehrlich durchs Leben geh'n – Ehrlich
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