Lieber, guter Weihnachtsmann......




Die Zeit rast davon. Nur noch 12 Tage, dann dürfen wir den 1. Advent schreiben; nur noch 37 Tage, dann ist Heilig Abend und nur noch 44 Tage dann ist bereits Silvester. Das Jahr geht dem Ende entgegen. Die Geschäfte bereiten sich auf die Konsumschlacht des Jahres 2009 vor. Wie immer, wird der Einzelhandel über gute Weihnachtgeschäfte jubilieren, die dann doch nicht so ganz das Vorjahresniveau halten können. Ab dem 28. 11. öffnen die unzähligen Weihnachtsmärkte. Mit ihnen auch die Verkaufsbuden, Fressstände und Saufoasen in den Innenstädten. Menschenmassen werden sich in diesen Zeiten, vor allen an den Wochenenden vor Heilig Abend in den illuminierten Innenstädten wälzen. Wie emsige Ameisen laufen die Kaufwütigen aus einem Konsumtempel in den nächsten. Immer den Zwang im Nacken, ja keinen der eigenen Lieben oder mehrheitlich Ungeliebten bei der Schenkorgie vergessen zu dürfen.

Was war das einst in den 50er und 60er Jahren in der Pampa, in der Provinz und dem ländlichen Regionen für ein idyllisches Weihnachtfest. Wenn im November die kahlen, gepflügten und geeggten Felder von einem kalten Nord - oder Nordostwind belegt wurden, wenn die ersten Nachtfröste die Erde steinhart gefrieren ließen und die ersten Erkältungen mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit, mit Fieberträumen, einer ständig triefenden, dann geröteten Nase und Schweißausbrüchen uns in das Bett trieben, dann wurden die Tage bis zum Frohen Fest schon gezählt. Oft hing ein Adventskalender in der Küche, später gab es für jeden von uns Dreien einen solchen, der dann pünktlich mit Freude und leuchtenden Augen geöffnet wurde und zwar Tag für Tag.

Die ersten Fenster waren mit kleinen Kerzen und Weihnachtsschmuck, später dann elektrischen Lichterkerzen geschmückt. Sie sahen von außen richtig gemütlich aus. Oft hing eine Weihnachtskugel im Fenster, manchmal ein größerer Weihnachtsstern, ab und zu konnten wir ein Krippenhaus aus Holz bestaunen. Die wenigen Einzelhandelsgeschäfte waren alsbald auch dezent geschmückt. Nur in den größeren Orten, in den Städten, wie Bückeburg, Rinteln oder Stadthagen gab es vielseitiger geschmückte Fenster. Bei den wenigen Besuchen in Bückeburg drückten wir uns neugierig die Nasen an den hell erleuchteten Schaufenstern platt. Kinderträume wechselten sehr schnell.
Für meine Schwester war es ein Puppenhaus, ein Puppenwagen oder eine Anziehpuppe. Für uns beiden Jungs dann ein Roller, ein Trix-Baukasten oder ein Fußball. Die Wünsche waren groß, die erfüllten Wünsche eher bescheiden.

Aber trotzdem war Weihnachten eben aufregend. Der Weihnachtsmann, den unser Großvater und später auch der Vater mimten, er durfte selbst verständlich nicht fehlen. Ebenso wenig der obligatorische Tannenbaum, der aller höchstens ein Tag vor Weihnachten gekauft wurde. Dabei gab es einst sogar deren zwei. Einer stand in unserem gemeinsamen Schlafzimmer auf einem viereckigen Tisch. Er hatte ein drehbaren Baumständer aus poliertem Blech mit einer Gusshalterung an der grüne Drehschrauben angebracht waren. Im Inneren des Christbaumständers befand sich ein Musikspiel, dass " Stille Nacht, Heilige Nacht " und " O du fröhliche " spielte. Es musste mittels eines schweren Vierkantschlüssels an der Seite aufgezogen werden.

Der Weihnachtsbaum bei unseren Großeltern war größer. Er war auch anders geschmückt. Hier hatte mein Großvater selbst geschnitzte und ausgesägte Figuren angehängt. Dann gab es auch noch eine vierstöckige Pyramide aus Holz mit unzähligen Figuren, so, wie sie im Vogtland zuhause ist. Herrlich!

Unsere Kinderherzen pochten schneller, wenn dann am Morgen des 24. 12. das Zimmer mit dem Baum abgeschlossen wurde und wir bis 16.00 Uhr nicht nach oben zu den Großeltern durften. Die Erwachsenen taten dann immer sehr geheimnisvoll. Und je näher die Zeit der Bescherung kam, desto aufgeregter wurden wir.Manchmal versuchten wir durch das Schlüsselloch des Zimmers zu lugen, um vielleicht einen kurzen Blick zu bekommen, auf das Geschehen, was uns im Verborgenen bleiben sollte. Wenn es endlich zu weit war, das Zimmer aufgeschlossen wurde und wir hinein laufen konnten, war es noch aufregender als zuvor. Mit ungeschickten Händen versuchten wir die vielen eingepackten Geschenke zu öffnen. Dann wurden die Augen oft glänzend und vor lauter Freude nahmen wir leicht verschmäht den Kopf nach unten, um uns dann zu bedanken.

Im Laufe der Jahre änderte sich das Ritual völlig. Nach dem Tod unserer Großeltern wurde in den oberen Zimmern kein weiterer Weihnachtsbaum hingestellt. Später war auch bei unseren Eltern kein Baum vorhanden. Dafür leuchtete eine Tanne im Garten im elektrischen Kerzenlicht. Es waren keine schön geschmückten Zimmer mehr vorhanden, keine beklebten Fenster, nur ein elektrischer Kerzenständer oder ein Weihnachtsstern fand auf der Fensterbank seinen Platz. Weihnachten wurde mit Beginn der 70er zunehmend entmystifiziert. Die Radiostationen brachten kaum noch Weihnachtslieder, dafür Pop - und Rocksongs. Weihnachten wurde teilweise mit fremden Menschen zusammen in fremden Lokalen oder sogar in einem fremden Land gefeiert.
Es fand eine Weihnachtsflucht statt. Die Anzahl derer, die dieses so praktizierten nahm von Jahr zu Jahr zu. Weihnachten musste quasi entheiligt werden. Wer eh keine Kinder hatte, dem war es sowieso egal, wie er das Fest der Liebe feiert.

Mit den 80er setzte sich dieser Trend fort. dafür wurde immer mehr ge - und verschenkt. Die Geschenke wurden größer, teurer und mehr. So wie jene Zeit den Spaß am Leben zu vermitteln versuchte, so verpopt wurden die Weihnachtssendungen. Farblich geschmackloser Tinnef wurde kredenzt, zusammen mit blödsinnigen Weihnachtslieder. Irgendwann Ende der 80er drehte sich das Rad rückwärts. Jetzt wurden plötzlich wieder die alten Weihnachtslieder gesungen, abgespielt und gehört. Jedoch plärrten sie aus allen Lautsprechern der Konsumtempel, der Einkaufspassagen und der Weihnachtsmärkte. Identische Melodien, vorgetragen von unzähligen Künstlern. Ob instrumental, als Solist oder im Chor, die alten Klänge und Lieder waren längst wieder in. Hinzu kamen neue Kreationen von Chris Rea bis zu Enya, von Heino bis Freddy, von Jethro Tull bis Iron Maiden: Jeder produzierte sein Weihnachtsalbum, dass dann Jahr für Jahr mit eben jenen identischen Lieder abgespielt wurde.

Weihnachten gibts seit jener Zeit im formatierten Radio, im Privatfernsehen bereits Wochen vor dem 1. Advent quaWeihnachtswahn macht auch in den Häusern, den Wohnungen und Geschäften keinen Halt. Da blinkt, blendet und strahlt es in allen nur erdenklichen Farben. Nichts ist kitschig genug, als dass es nicht verkauft, gekauft und gebraucht werden kann. Der Weihnachtsmann klettert auf das Dach, auf den Schornstein oder an dem Balkon hoch. Ein abartiges Gebilde aus leuchtenden elektrischen Elementen ziert den Vorgarten, das wohl ein Rentier nebst Schlitten und Santa Claus darstellen soll. Eine Unzahl von Lichtelementen verunstaltet das gesamte Haus, die Fenster, den Garten. Kitsch as Kitsch can!

Auch die Industrie fährt auf Hochtouren. es wird verkauft, was nicht niet - und nagelfest ist. Es wird gekauft, was gut und billig sein soll. Es wird danach umgetauscht, was den Geschmacksnerv doch zu sehr strapaziert hat, schon längst vorhanden ist oder mangels Geld eben weiter veräußerst werden muss.
Das Fest der Liebe, der Einkehr, der Geburt des Heiland, es mutiert längst zu einem immer größer werdenden Kommerzschauspiel. Vielleicht liegt es an den Zeiten der globalisierenden Welt, dass es nichts mehr gibt, was es nicht schon gegeben hat. Die leuchtenden Kinderaugen stumpfen indes mehr und mehr ab, ob jener Geschenkorgie, die Jahr für Jahr über das obligatorische Einkind-Familienidyll hinein bricht. Indes steigen die Trennungs- und späteren Scheidungsraten enorm. Der Grund dafür dürfte ebenso bekannt sein, die Tatsache, dass das Weihnachtsfest ein Familienfest sein sollte: Es wird gezankt, gestritten, gesoffen, was das Zeug hält. Alle Jahre wieder - dann jedoch mit einer anderen Partnerin oder einem gewechselten Partner. " Vom Himmel hoch " bis " Es ist ein Ros'entsprungen ".

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Nichts gegegen saufen, was das Zeug hält, gerade nicht zu Weihnachten, haha...

Im Ernst, das was die westliche Welt heute abzieht um einen Knilch zu ehren, der vor gut 2000 Jahren mal Revolte angezettelt hat, ist nur noch ein Abziehbild der heutigen konsumorientierten und auch sonst halbwegs verblödeten Gesellschaft.

Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, haste Weihnachten verpennt...
Lobster53 hat gesagt…
Genau so ist es in der heutigen Zeit zu sehen.Der Konsumrausch lässt uns - wenn wir nicht jeden Tag aufs neue jeden Schwachsinn konsumieren - uns doch eigentlich kalt.Wer Weihnachten nicht will, beamt sich einfach nach oben. Wie hieß es einst hierzu zutreffend: " Beam me up, Scotty ! "

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