Die Goldene Henne und sonstiger Selbstbeweihräucherungszinnober der Medien.
Hach, was war das vorgestern wieder schön. Die " Alte Tante Roma " - schon längst in die Jahre gekommen und etwas fusslahm - kreuzte ihre Klinge mit dem deutschen " Rekordmeister ", dem deutschen " Rekordpokalsieger ", dem deutschen " Rekord-Geldeinsacker ", dem FC Bayern München. Der tat sich trotz kontrollierter Ballbesitz-Offensive mehr als schwer. Das war dennoch schön,denn die einfältigen Grunzlaute aus dem Arroganz-Stadion gaben genügend Anlass,nach des Tages Mühen, seicht einzuschlummern. Schön war auch der Wolf Fußśche Kommentatorenstil. So schön, um gleich weg zu zappen. Leider gab es in den anderen Kanälen der ÖR auch nicht gerade bessere Fernsehkost. Da brachten die 3. Programme des MDR und von RBB eine Live-Übertragung des all jährlichen Verleihs der " Goldenen Henne ". Wenn ich es heute morgen nicht noch zusätzlich in den Rundfunknachrichten von MDRInfo gehört hätte, wäre mir glatt entgangen,dass die Preisverleihung bereits am Mittwochabend gewesen ist.
Ebenso war mir bis dato nicht so recht klar, was es mit der " Goldenen Henne " auf sich hat.
Nun:
" Die Goldene Henne wird seit 1995 jährlich im Friedrichstadtpalast in Berlin zur Erinnerung an die 1991 verstorbene Sängerin und Entertainerin Helga Hahnemann (Spitzname „Henne“) verliehen. Der Preis ist ein 3,5 kg schweres und 22 cm hohes vergoldetes Huhn aus Bronze, das von dem Berliner Künstler Christian Bonnet geschaffen wurde. Veranstalter sind die Zeitschrift Superillu und der Mitteldeutsche Rundfunk MDR, deren Leser bzw. Zuschauer die Preisträger ermitteln, sowie der Friedrichstadtpalast. Geehrt werden Personen aus den Bereichen Politik, Kultur, Sport und Massenmedien. 2007 gab es zum ersten Mal die Rubrik „Aufsteiger des Jahres“, in der die Zuschauer per Telefon erst am Abend der Sendung live abstimmen. Auch wurde die Kategorie „Fernsehen“ in „Unterhaltung“ und „Schauspiel“ aufgeteilt. "
- Zitatende -
Tja, bei diesen vielen Brimborium-Veranstaltungen rund um die eitle Bande von selbsdarstellerischen Künstlern, Stars und Superstars, kommt so mancher aus der Minorität der Desinteressierten gewaltig ins Schleudern, will er die gesamte Bandbreite dieser Veranstaltungen exakt auseinander halten.
Da gibt es nämlich die " BAMBI "-Verleihung, die Verleihung der " GOLDENE KAMERA " oder aber auch jene die sich einfach nur " BAMBI " schimpft.
Aus dem weiter anwachsenden Sumpf der riesigen Gruppe GEZ alimentierter " Darsteller " treffen sich dann alle Jahre wieder die selben Fratzen und lobhudeln sich selbst, ihre " Leistungen " und die edlen Gönner des Gala-Abends mit Schirm, Frack und mindestens 20 Jahre jüngerer LAG.
Heissa, bald ist ja dann auch wieder die " Oscar " - Verleihung. Das Meeting der Gröfaze, Sternchen und Busenwunder, der Turbogebräunten, Permagelifteten und Resthirnvergrößerungsgescheiterten. Da trifft sich - auf aller höchsten Niveau - jung, alt und scheintot.
Die Mutter, nee, der Stammvater, jeder medialen Verarschungsshow ist nun einmal in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit den beschränkten Bewohnern ansässig. Was da dann Millionen schwer auf die Bühne gehievt wird, weil die Klunker der Damen schon mehr wiegen, als das herunter gehungerte, dafür hoch gejubelte und Silikon implantierte Darstellungswunder selbst. Der omnipotente leicht angegraute, mit gestähltem Body auftretende US-Marshall-Macho zeigt sein Colgate-Cheese-Lächeln und die dabei hervor lugenden Jacketkronen. Natürlich wird denn auch ein guter Zweck für die ansich von der selbst verursachten Finanz - und Weltwirtschaftskrise arg gebeutelten Mitmenschen geheuchelt. Alles " Oscar " oder was?
Nur die Pampa, die Wallachei und Provinz jenseits des Großen Teichs lässt ihre zart dahin gestreckten Griffel nicht von der Meute der Dauerprominenten,weil der innovative Charakter der Fleischbeschauungsorgie auch dort - wenn gleich erheblich Zeit verzögert - zum Anlass genommen wird, um die eigenen unnützen Verleihungsarien auzupeppen.
Allein in Gesamtdeutschland gibt es hiervon inzwischen 186 Deutsche Auszeichnungen, davon allein 60 im Bereich " Film ", 13 in der Kategorie " Literatur " und jeweils 2 in den Bereichen " Fernseh " sowie " Musik ".
Das ist eine Menge. Diese verteilt sich auch noch auf die 16 Bundesländer, den Bund selbst sowie privater Institutionen.
Die " Goldene Henne " ist deshalb nur ein winziger Ausschnitt aus dem Gesamtsegment der budesdeutschen Preisverleihungsmafia. Zu den Hauptmäzenen gehören neben der öffentlich rechtlichen Gebührenverschwenderbande, auch so exponierte Meinungskartellmitglieder, wie Springer, Burda oder Bertelsmann. Da sich die Verleihungsorgie auf das gesamte Jahr hin verteilen muss, wird - je nach Wertigkeit, Bekannheitsgrad und Einfluss des Veranstalters - von der Medienindustrie hierüber berichtet.
Der inzestiöse Charakter des überwiegenden Teils dieser Veranstaltungen wird auch bei der " Goldenen Henne " besonders deutlich.
Da sucht der Betrachter dieser Schein - und Glamourwelt vergeblich nach dem Sinn solcher Veranstaltungen. Sehen und Gesehen werden als Grund für jene Geldverschwendung kann dabei wohl nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden.
Tja, und in diesem Tümpel schwimmt nun auch die " Goldene Henne ". Die Verleihung in diesem Jahr sah natürlich - wie kann es auch anders sein - die - überwiegend -üblichen Verdächtigen als Preisträger vor.
Ehrenpreis Lebenswerk 20 Jahre Deutsche Einheit: Christo
Laudatio: Klaus Wowereit
Ehrenpreis Politik: Joachim Gauck
Laudatio: Matthias Platzeck
Ehrenpreis Sympathie-Botschafterin für ein junges, modernes Deutschland: Lena
Laudatio: Kai Wiesinger
Ehrenpreis Klassik: Lang Lang
Laudatio: Peter Ramsauer
Ehrenpreis Charity: HaitiCare e.V.
Laudatio: Jochen Wolff
Publikumspreis Aufsteiger des Jahres: Anna Felicitas Sarholz
Laudatio: Steffen Simon
Leserpreis Sport: Die Deutsche Nationalmannschaft (vertreten von Arne Friedrich)
Laudatio: Arthur Abraham
Leserpreis Moderation: Günter Netzer und Gerhard Delling
Laudatio: Katarina Witt
Leserpreis Schauspiel: Janina Hartwig und Fritz Wepper („Um Himmels Willen“)
Laudatio: Elisabeth Lanz
Leserpreis Musik: Helene Fischer
Laudatio: Ruth Moschner
Wenn das Jahr 2010 grausam zu Ende geht, dann eben auch deshalb, weil solche Veranstaltungen so überflüssig sind, wie ein Kropf. Wen interessiert es nun eigentlich, dass Lena Meyer-andrut als Preisträger für ein junges,modernes Deutschland gekürt wurde?
Wen interessiert es wirklich, ob der HSV-Dummschwätzer Gerhard Delling zusammen mit Günter Netzer für ihre Marathonsitzung rund um die Spiel der Fußballnationalmannschaft geehrt wurden?
Wen interessiert wahrhaftig, dass ein halbalternder Fritz Wepper seinen klerikalen Perma-Nonsens zur besten Sendezeit über die ARD in das Pantoffelkino-Zimmer abstrahlen durfte?
Niemanden!
" Goldene Henne ", " Goldene Kamera " " Golden Globe " - ein Ausgeburt des medialen Schwachsinns mit eingebautem Verfalldatum für ihre Preisträger und Einweg-Wegwerf-Garantie für den Rezipienten.
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