Dachbodensäuberung - Dachbodenfund - Dachbodengedanken.

Der 15. Mai 2012 war etwas arbeitsintensiv. Für den 16. 05. haben sich nämlich die Herren von der Stadtreinigung, die mit ihren beiden Geschäftsführern - wer ist das heute nicht - in der Pfotenhauerstraße 46 in unserer Landeshauptstadt ansässig sind, ab 07.00 Uhr angemeldet, um - natürlich gebührenpflichtig - eine erste Fuhre von Sperrmüll abzuholen.
Nach Durchsicht der elterlichen Hinterlassenschaften aus beinahe 35 Jahren Aufbewahrungsmanie, hat sich etwas 2 m ³ Ausrangiertes zusammen gefunden.
Nun, die Schweiß treibende Aktion verlief ohne weitere Komplikationen, weil der mühsame Weg vom Dachstuhl bis zur Garagenausfahrt im gemächlichen Tempo absolviert wurde. Dennoch sind 50 Treppenstufen pro Gang eben kein Pappenstiel.

Nachdem die Gegenstände zum Abtransport zusammen gestellt waren, blickte ich - eher zufällig - in ein buntes, mit hässlichen Blümchenmuster verziertes Behältnis, in dem sich weiße Wäschestück, so unter anderem auch Arbeitskittel befanden. Ein routinemäßiger Griff in die gewaschene und gebügelte Berufskleidung brachte einen erstaunlichen Fund zu Tage: Eine bedruckte und unbeflecktes Halstuch ( allerdings nicht jenes von Francis Dubridge ) aus dem Jahr 1969.


Als ich das gute Stück auseinander legte, konnte ich mir ein breites Grinsen nicht verkneifen. Da haben sich doch die Propagandisten und Lobhudeler aus den Reihen des FDJ eine interessante Variante des befohlenen Treueschwurs auf die Stärke des real existierenden Sozialismus und der Hauptstadt der Deutsche Demokratische Republik im Buntformat einfallen lassen. Tja, wenn schon Grüße an die Landeshauptstadt Ost-Berlin, dann aber, bitte schön, sozialistische!

Zu gleichen Zeit, als dieses Stück DDR-Geschichte - wohl in einem VEB - hergestellt wurde, schnürten meine Großeltern immer noch Westpakete mit Jacobs - Kaffee, Sprengel-Schokolade und van Houten - Kakao. Für das Wegbringen zur Poststelle an der Bückeburger Straße in Bad Eilsen bekam ich 50 Pfennig. Immerhin ein Hundertachtzigstel meiner Ausbildungsvergütung. Als wenige Wochen später mein Onkel Georg aus Ellerfeld im Vogtland sich per Brief für die " milde " Gabe bedankte, habe ich mich trotzdem gefreut, denn auf jenem Brief prangte eine DDR-Marke, die ich einst sammelte.

Während ich mir die Tischdecke mit den sozialistischen Grüßen noch betrachtete, kamen mir weitere Gedanken an jene Zeit, in der die Existenz zweier souveräner Deutscher Staaten für viele BRDler ein Problem war, als die Springer Hetzpresse die Abkürzung DDR in An - und Abführungsstriche setzte und als Willy Brandt für seine notwendige Ostpolitik der kleinen Schritte zur Entspannung von den Alt-Faschisten und Reaktionären in der CDU/CSU und NPD, die damals auf weit über 5 % kam, verhöhnt und beschimpft wurde.

Schokolade, Mandarinen, Clementinen und Apfelsinen oder Brandt-Zwieback haben auch diese Hetzer ihren Verwandten in der DDR gesandt. Und weil der Deutschlandfunk sowie die Deutsche Welle in Köln ständig mit billiger Polemik und Propaganda die DDR-Bevölkerung bestrahlte, das West-Fernsehen auch jene Verblödungssendungen im Programm hatte, die die Realität im bunten Teil des anderen Teil Deutschlands verklärte und in Hamburg und Berlin die APO-Studenten deshalb auf die Straße gingen, habe ich häufig DDR-Fernsehen geglotzt, um mir ein Bild vom anderen Deutschen Staat machen zu können.

43 Jahre später und 23 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR weiß ich zwar viele Dinge zu relativieren, hätte aber dennoch ein Paket mit Heinz -, Libby´s - oder Kraft - Ketchup versandt, wäre ich darum gebeten worden.

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