Marko Wanderwitz, war das ein Witz?


 

Seit der Wiedervereinigung hat es ja viele Minister, Staatssekretäre und diverse Regierungsbeauftragte geben. Eine besondere Spezies unter den Politikern stellen die " Ostbeauftragte " dar. Genauer gesagt darf er sich " Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder " nennen. 

Dieses durchaus gut dotierte Amt wurde erst durch die Regierung unter Schröder / Fischer gegründet. Zuvor hatte der " Bimbes " - Kanzler einen Staatssekretär im Bundesinnenministerium und Bundeswirtschaftsministerium eingesetzt.

Von den 10 bisherigen Amtsinhaber war lediglich die SPDlerin Iris Gleicke als Frau ernannt worden; alle anderen Politiker waren Männer. Davon stammten immerhin 7 aus dem so genannten Ostbundesländern. Damit war immer klar, dass diese in etwa von den Sorgen und Nöten der Menschen aus den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg - Vorpommern, Sachsen , Sachsen - Anhalt und Thüringen einiges mitbekommen haben müssten.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Beauftragter_der_Bundesregierung_für_die_neuen_Bundesländer


So auch der aktuelle " Ostbeauftragte " Marco Wanderwitz, der nach der Demission seines Vorgängers Christian Hirte, seit dem 11. Februar 2020 diese Funktion ausübt.

Der Politiker Wanderwitz wurde 1975 in Karl - Marx - Stadt, dem heutigen Chemnitz geboren und dürfte damit nicht die volle Dröhnung DDR - Sozialisation über gekübelt bekommen haben. Aber er hat immerhin einen Teil seiner 46 Jahre in dem zweiten deutschen Staat gelebt.

Bisher ist der CDUler nicht sonderlich in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten. Abgesehen von einigen, eher unbedeutenden faux pas war es bislang ruhig um den Chemnitzer.

Das hat sich seit Ende  Mai 2021 grundlegend geändert. Der " Ostbeauftragte " gab in einem Podcast der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ( FAZ ) zum besten, dass auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung bei einem größeren Teil der Bevölkerung in den hinzu gekommenen Bundesländern ein gespaltenes Verhältnis zu den demokratischen Strukturen vorhanden sei. Hier habe sich eine gefestigte antidemokratische Grundhaltung zementiert, die kaum noch veränderbar sei. Daraus ließe sich die bei den Wahlen gezeigte Nähe zu der AfD erklären. Jene Menschen seinen " kaum noch rückholbar "; man könne deshalb nur noch auf die neue Generation setzen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Marco_Wanderwitz

Hieraufhin erhielt der " Ostbeauftragte " von einigen Seiten der Gesellschaft, vornehmlich aus den Ost - Bundesländern erhebliche Kritik.

Grundsätzlich bleibt aber festzustellen, dass er damit gerade die mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung nicht selten durchaus problematische Entwicklung in bestimmten Bevölkerungsteilen aufzeigt. Was Wanderwitz von der CDU anspricht, sind alt bekannte Fakten, weil sie nur einen historischen Ablauf benennen, der da heißt: Wenn es Menschen in bestimmten Lebenslagen - vor allem finanziell -  schlecht geht, neigen diese zu radikalen Veränderungen. In diesem Fall ist es das Unterstützen einer Partei, die tendenziell radikale Postionen vertritt, ohne dabei Lösungen anzubieten.

Was daran so kritikwürdig sein soll, vermag sich mir nicht zu erschließen. Der " Ostbeauftragte " gibt nur jene Sichtweise des Realzustandes innerhalb eines Teils der ostdeutschen Gesellschaft wieder. Wobei er nicht Ross und Reiter in einem Zug benennt. Das Ross, eher das Schlachtross, sind jene Teile der inzwischen verrenteten Bevölkerung im Gebiet der ehemaligen DDR, die nach den Wendejahren dort verblieben, nicht selten einen totalen sozialen Abstieg erfahren mussten, von dem sie sich zumeist nie wieder erholen konnten. 

Alsdann in die Jahre gekommen, kam der zweite KO - Schlag in Gestalt des Rentenbescheides. Der zuvor erreichte soziale Besitzstand wurde erneut zusammen gestrichen. Altersruhegeldbezüge in Höhe von 500 bis 1.000  Euro oder nicht selten erheblich weniger reichen nicht aus, um das längst genauso teure Leben in der einstigen DDR finanzieren zu können. Mit dem systemischen Abstieg aus einer einstigen, eventuell angesehenen Position und Funktion wurde sukzessive ein Abgleiten auf Hartz IV - Niveau. Die strukturelle materielle Armut aber, kann zu einer geistigen Verflachung führen. Wer im Alter nicht mehr an der gesellschaftlichen Entwicklung Teilhabe nimmt, dürfte sehr schnell ausgrenzt sein und sich auch so fühlen. Ein nahezu idealer Nährboden für Bauernfänger, rechte Demagogen und anderes Geschmeiß, dass sich just in der AfD zusammen rottet und in Brigade stärke ihren politische Kraft entwickeln kann.

Wanderwitz versucht lediglich die Auswirkungen dieser Entwicklung öffentlich zu problematisieren, jedoch nicht die systemimmanenten Ursachen bekannt zu geben. Das dürfte für eine Diskussion hierüber viel zu wenig sein. 

Nicht nur die erlebte DDR - Sozialisation ist der alleinige Grund für das gerüffelte, sich verfestigende, anti - demokratische Verhalten jenes ostdeutschen Bevölkerungsteils, sondern vielmehr das jeweilige Verpassen des Entwicklungszuges nach der Wende ab 1989. 

Während nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze, der Proklamation jener seit Jahrzehnten unter Zwang verweigerten Reisefreiheit für DDR - Bürger, eine fast Massenflucht aus den Gebieten der DDR zu verzeichnen war, vollzog sich eine Gegenströmung, mit der Hunderttausende Westdeutsche oder auch BRDler aus beruflichen Gründen in die " neuen " Bundesländer umsiedelten. Zunächst nur im Di - Do - Modus und mit einer üppigen " Buschzulage " geködert, verblieben diese - nicht selten dritt - und viertklassigen Beamte, Angestellte oder selbstständige Hasardeure -  über Jahrzehnte in ihren Postionen, machten dort Karriere und zogen weitere " Wessis " im Schlepptau nach.

Der abgewickelte " Ossi " indes durfte allenfalls in ausgesuchten Bereichen, so auch im Profi - Fußball, mit einem beruflichen Fortkommen rechnen. Ansonsten fühlte er sich als Untertan, als Deutscher zweiter Klasse und damit überwiegend unverstanden. 

Die Nachwendegenerationen indes zogen massenhaft in den Westen, dorthin, wo es Jobs und Aufstiegsmöglichkeiten gab. Wer in seiner Heimat, seinem Geburtsort blieb oder wer zudem die Mühsal des Pendelns auf sich nahm, durfte sehr schnell erkannt haben, dass auch dort die Trauben hoch hängen. Dennoch haben es einige " Ossis " geschafft und dürfen durchaus auf einen materiellen Wohlstand blicken. Den konnten jene Daheimgebliebenen eher selten erreichen. So frustrierte es so manchen Ostdeutschen, dass es nach mehr als 3 Dekaden dann irgendwie nicht weiter gegangen ist. Die blühenden Landschaften des " Bimbes " Kanzlers Kohl blieben deshalb eine Illusion, ein Wunsch, ein Traum. Wer seine Frustration hierüber an seine ebenfalls vor Ort gebliebenen Kinder oder Enkel weitergibt, ohne dieses kritisch zu reflektieren, zieht nicht selten spätere AfD - Wähler und Sympathisanten der Rechtsradikalen heran.

Hierin dürften die Ursachen für jene anti - demokratischen Strömungen und Tendenzen in den Ost - Bundesländern zu sehen sein. Der gemeine " Ossi " ist nicht von Geburt an nationalistischen oder rechtsradikal eingestellt. Er wurde überwiegend durch die sozio - ökonomischen Verwerfung dahin getrieben. Und dort sollte dann jene Ursachenbekämpfung gegen Rechtsradikalismus ansetzen, die der " Ostbeauftragte " Marko Wanderwitz bei seinen Landsleuten in Sachsen, Sachsen - Anhalt, Thüringen, Brandenburg oder Mecklenburg - Vorpommern erkannt haben will.   

Dieses aber hat die zumeist ab 1990 regierende CDU in den genannten Ländern eben nicht auf die Kette bekommen. 

    


BLOODROCK  -  Timepiece  -  1970:




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