Kein Klopapier im Kreml


Heute Morgen las ich im " SPIEGEL " ( Ausgabe 14 / 2022, S. 48 ff ) einen Artikel über ukrainische " Leihmütter ". Es ging hierin nicht nur um den laufenden Krieg, der seit Wochen nicht nur die Weltpolitik, sondern zunehmend auf die Weltwirtschaft Einfluss nimmt, eher um jene Abart des Kommerzes rund um künstliche Befruchtungen. Die Geschichte ist relativ kurz erzählt:

Ein US - amerikanisches Paar möchte ein Kind. Doch sie war damals bereits 58; er immerhin mit 38, rein theoretisch noch zeugungsfähig. Damit hat Mutter Natur den beiden nicht mehr ganz Taufrischen den Herzenswunsch auf eigenen Nachwuchs verwehrt. Sie bestellen deshalb in der Ukraine ein Wunschkind, dass von einer Leihmutter ausgetragen wurde, die hierfür 10.000 US - Dollar erhalten soll. Das Kind kommt behindert zur Welt. Das US - Paar lehnt die Aufnahme des kranken Mädchens ab. Das Kind wird nun in einem ukrainischen Heim abgelegt. Nach Jahren möchte eine andere amerikanische Familie das Mädchen adoptieren. Doch der Krieg erschwert dieses Vorhaben. 

So weit, so undramatisch, denn was nicht sein soll, kann eben auch nicht durch menschliche Manipulationskünste geändert werden. Und - mal so ganz nebenbei gesagt - ist es auch nicht unbedingt notwendig, dass eine 58jährige noch auf Mama macht. Das hat die Biologie eben nicht vorgesehen. Aus gutem Grund, denn das damit verbundene Nervenkostüm dürfte nicht jenes sein, was eine 20 -  bis 40jährige aufweist. Aber, das scheint auch diesem Paar nicht so ganz bewusst zu sein. So stellt sich hier die Frage, ob die natürlichen Gegebenheiten mit allen Mitteln der Standeskunst außer Kraft gesetzt werden sollten, damit ein nicht zu erfüllender Wunsch, dann doch in Erfüllung geht?

Nein!

Wie dem auch sei, die amerikanische Bestelleltern mochten jetzt nicht mehr Eltern sein, weil das bestellte Kind auf dem Bauch der ukrainischen Leihmutter mit Behinderungen heraus geholt wurde. Während ich die eher langatmige Geschichte bis zum nicht vorgesehenen guten / schlechten Ende las, mich dabei mit jedem Satz über den Kommerzdreck bei diesem Geschäftsmodell, mit dem die Ärmsten der Armen mittels harter Dollar eher zu Zuchtkühen degradiert werden, damit die Wohlhabenden ihrem Wunsch nach lebendem Spielzeug umsetzen dürfen, immer weiter echauffierte, hätte ich beinahe eine sehr wichtige Nebeninformation verpasst.

Auf Seite 52 der oben benannten " SPIEGEL " - Ausgabe findet sich diese Passage:

" Kristie und Phil Graves haben sich nie für Geopolitik interessiert. Kristie ist Tochter eines Heizraumtechnikers und einer Schulbusbegleiterin. Phils Vater trug trug Post aus, seine Mutter schob Schichten in einer Konservenfabrik. Einmal war Phil in Moskau, 1999, seine Kirche schickte ihn hin mit einem Koffer voller Bonbons und Slinkys für russische Waisenkinder. Slinkys sind Spiralfedern, sie können Treppen heruntersteigen.

Graves sagt, er sei bis zu dem Zeitpunkt nicht einmal in Washington D.C. gewesen, auf einmal stand er am Roten Platz. " Ich habe mir die Kirchen und Museen im Kreml angeguckt. Es gab kein Klopapier innerhalb der Kremlmauern. Meine Kirche hatte mich vorgewarnt, ich hatte welches aus Brunswick mit. "

- Zitatende - aus: " Das Wunschkind " in: " DER SPIEGEL ", Ausgabe 14 / 2022, S. 48 ff < 52 >

Tja, seit dem Besuch des Herrn Pastors aus dem Ort Brunswick im US Bundesstaat Maryland sind fast 23 Jahre vergangen. Mit Russland ist es seit dem Jahr 1999 wirtschaftlich bergauf gegangen. Die vielen Milliarden Dollar, Euro und Billionen Rubel, die durch jene Energie - und Rohstofflieferungen in die Staatskasse flossen haben vielen Russen zu einem gewissen Wohlstand verholfen. Es gab - bis vor dem Krieg gegen die Ukraine und den hier verhängten Sanktionen durch die vielen westeuropäischen Länder - alle nur erdenklichen Konsumgüter zu kaufen. Die Russen konnten sich Auslandsurlaube leisten. Sie fahren immer noch deutsche, japanische, koreanische Autos. Dazu gibt es viele Russen, die in Ausland Immobilien erworben haben; die Luxusyachten gekauft haben und über Auslandskonten Geldbeträge in Milliardenhöhe vorweisen.

Damit erscheint es höchst unwahrscheinlich, dass in einem der Wahrzeichen der Landeshauptstadt, im Kreml, die Millionen Besucher kein Toilettenpapier vorfinden, weil die Stadt, der Staat sparen muss. 

Beim Lesen jenes zitierten Abschnitts musste an einige Begebenheiten denken, bei denen ich während der Besuche eines Stillen Örtchens genau diese Erfahrungen machte, von denen der Brunswicker Pastor erzählte.  In Südfrankreich, kurz vor der spanischen Grenze, auf einem Rastplatz in der nahezu unbewohnten Pampa, standen Toilettenanlagen. Sie waren einst nur für die durchfahrenden Touristen erbaut worden. Doch: Statt der mir bekannten Klobecken gab es dort lediglich kreisrunde Löcher im Boden. Und Toilettenpapier war eh nicht vorhanden. Angewidert verließ ich die Örtlichkeit und ging - wie Tausende vor mir - lieber ins Gebüsch. Dabei immer darauf achtend, nicht in einen " Haufen " zu treten sowie mit rudernden Armbewegungen die Mückenschwärme vertreibend, hier mein " Geschäft " zu erledigen.

Von den damaligen Bahnhofstoiletten, den in jenen vielen Gerichtsgebäuden oder den besuchten Diskotheken, Kneipen und Gaststätten, will ich nicht berichten. Auch hier war Klopapier oft Mangelware. 

Warum soll der Kreml da eine Ausnahme darstellen?

Gedanklich schloss ich dann meinen Erfahrungskreis. Wenn im Kreml kein Klopapier bereit gestellt wird, dann bedeutet dieses so viel, dass dort alles Sch... ist. Genauso verhält es sich mit der geschilderten Leihmutterschaft und nicht zuletzt mit dem von Putin angezettelten Krieg.   

 


SEID  - Coyoteman  -  Weltschmerz, Baby  -  2018:




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