Ein verschenktes Fahrrad



Vor einigen Tagen lieferte eine Spedition aus Pfaffenhofen das von meiner besseren Hälfte bestellte Fahrrad. Sie hatte es nach längerer Recherche in einem der viele Online - Shops aufgetan. Ein Händler aus Norddeutschland bot das Damenrad zu günstigen Konditionen an und - warum wundert es mich jetzt nicht? - es war das letzte Rad in der von dem Hersteller angebotenen Ausfertigung.

Ich schob das Rad in unseren Keller und wartete, bis auch die separat bestellten Schutzbleche sowie das Beleuchtungsset eintreffen. Nun, die wurden einige Tage danach geliefert. Jetzt kann es also los gehen, mit der Schrauberei.

In der Zwischenzeit hatte meine bessere Hälfte ihr zuvor gebraucht gekauftes Damenrad, ein Bergamont mit gelben Rahmen, bei dem ich vor mehr als 2 Jahren noch die Reifen und die Beleuchtung ausgetauscht hatte, bei " ebay " Kleinanzeigen eingestellt. Den Preis von 20 € hatte sie dabei eher obligatorisch benannt, weil das Rad für ein Kind aus der Ukraine gedacht war. Sie wollte damit andere " Schnäppchenjäger " ein wenig auf Distanz halten. 

Wegen eines Serverfehlers erhielt sie zunächst keine Emails mehr. Erst als ich gestern Nachmittag das technische Problem gelöst hatte, konnte sie auch jene Mail lesen, die ihr eine Frau aus dem benachbarten Landkreis Dachau geschrieben hatte. Hierin stellte diese einige Fragen zu dem avisierten Damenrad. Nachdem diese beantwortet waren, fragte die Frau, ob sie das gelbe " Bergamont " noch heute abholen könne. Es sei für einen 12jährigen ukrainischen Schüler gedacht, der mit seinem Bruder und der Mutter jetzt bei ihr und ihrer Familie wohnen würde.

Es traf nun genau das ein, was sich meine bessere Hälfte vorgestellt hatte. Nein, das Rad sei jetzt umsonst und ja, sie könne es sofort abholen. Die " Flüchtlingsmutter " übersandte zum Nachweis, dass das Rad auch für den besagten Zweck abgeholt wird, eine Kopie dessen Passes. 

Jetzt kam mein Part. Ich schob das Rad aus der Garage, kontrollierte den Reifendruck, überprüfte die Bremen und die Lichtanlage und schloss es ab. Alle funktionierte, wie seit jenem Tag, an dem ich es zum letzten Mal gefahren bin. Es war irgendwann im Spätherbst 2021. Da war der Ukraine - Krieg noch in weiter Ferne. Und wir diskutierten über " Corona ", eine allgemeine Impfpflicht sowie " Nordstream 2 ", jenem Milliardenprojekt, das Gas von Putin´s Russland nach Mecklenburg - Vorpommern leiten sollte.

Jetzt ist der Krieg seit fast 50 Tagen Realität. Putin´s Gas - Pipeline ist deshalb gestorben, so wie mehrere Zehntausend Zivilisten und Soldaten auf beiden Seiten. Und täglich sterben mehr. Der von Putin zu verantwortende Überfall hat ihn und Russland international isoliert. Neben den gigantischen Schäden die Russland in dem Nachbarstaat verursacht, kommen auch jene hinzu, die durch die verhängten Sanktionen entstehen werden. 

Die aus Kiew geflüchtete Familie lebte dort in einem 29 (!) stöckigen Hochhaus, das vermutlich längst zerstört worden ist. Dennoch möchte die Mutter mit ihren beiden Söhnen wieder zurück. Die Frage ist nur wann? Bei einem solchen menschlichen Elend helfen kleine Dinge, die für uns längst zur Selbstverständlichkeit geworden sind weiter. Und ein demnächst schulpflichtiger 12jähriger Junge braucht ein Fahrrad. Selbst wenn es gebraucht ist. Hauptsache es fährt und ist verkehrssicher. Eine winzige Hilfestellung in diesen, auch für Unbeteiligte, die dem verbrecherischen Putin - Krieg nur tatenlos zusehen können. Solidarität ist hier ein Teil von Humanität und diese Grundeinstellung hatten wir schon seit Kindheitstagen, als der 2 Weltkrieg noch nicht so lange vorbei war.

Ein verschenktes Fahrrad zählt dazu!  


SLEEPING PANDORA  -  Between Moon And Earth  -  From Above  -  2018:




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