Wo liegt eigentlich Nuorgam?


Da las ich doch an einem Morgen aus einem abgelegten, aber längst noch nicht durchgelesenen " SPIEGEL " einen Artikel zu und über das finnische Endlager für hoch radioaktiven Atommüll, das sich in der Nähe der Kleinstadt Eurajoki, die sich im südwestlichen Teil der Region Satakunta liegt, zirka 9.500 Einwohner zählt und neben der nahezu ebenen Landschaft nicht sehr viel mehr zu bieten scheint, als dass dort die Außentemperaturen das gesamte Jahr nie unter 11  C absinkt. Ein Novum, bedenkt der eher nur mäßig Informierte zu den Land im Hohen Norden, dass es dort Orte und Regionen gibt, die Minusgrade weit unter dem Gefrierpunkt, nämlich bis zu minus 43 ° C und noch darunter liegend aufweisen können.

Aber auch sonst ist Finnland nicht gerade durch spektakuläre Gegebenheiten bekannt; von den Formel Eins Cracks, wie Häkkinen und Kollegen, den exzellenten Wintersportlern, insbesondere den Eishockey - Hünen oder dem vor zwei Jahrzehnen zum Weltführer aufgestiegenen, aber ebenso schnell gefallenen Kommunikationsriesen " NOKIA " mal abgesehen.

Da fiele mir noch die Landesmetrole Helsinki, aber auch die Stadt des ewigen Weihnachtsmannes, Rovaniemi am Polarkreis ein; dazu der Bottnische Meerbusen, der Inari See nördlich des Äquators und Rentiere, Elche sowie die schier endlosen Fichtenwälder, in denen sich zur Sommerzeit ab Ende Mai Hunderttausende Insekten, respektive Myriaden von Mücken an den dazu gehörenden Seen in die Lüfte schwingen und selbst in den Nachtstunden herrscht in den Waldgebieten reges Treiben. Größere Insekten, wie der Große Leuchtkäfer, der in unseren Gefilden beinahe ausgestorbene Hirschkäfer oder der Gerippte Brachkäfer sind dann regelmäßige zu Gast bei den gen Norden aufbrechenden Campern, die als " Weiße Flotte " die dortigen Zeltplätze bevölkern.

Während ich den " SPIEGEL " - Artikel ( SPIEGEL 4 / 2022, S. 56 ff ) las, erinnerte ich mich an meine letzte Nordlandreise vor beinahe 34 Jahren. Im Gedanken fuhr ich jene Strecke, die wir damals vom Nordkap aus über Nordfinnland sowie Nordschweden in Richtung Südnorwegen durchführten.

Auf der Rückfahrt vom " Kap " gelangten wir auch an den Grenzort Nuorgam, der einst als Übergang Norwegens zu Finnland diente.     

https://de.wikipedia.org/wiki/Nuorgam

Diese Gedankenspiele begleiteten mich jetzt aber in eine Reiseroute, die ich von Eching bei München aus antrat. Im VW Reisemobil unserer Tochter fuhren wir also auf der A 9 in Richtung Nürnberg, durch Thüringen und Sachsen ( Leipzig )  nach Berlin. Bei Potsdam nehmen wir die A 10 in Richtung Prenzlau, dann auf der A 19 in Richtung Hamburg, Rostock. Es folgen weitere 150 Kilometer auf dieser Autobahn bis zum Zielpunkt Rostock Überseehafen. 

Hier haben wir eine Fähre in Richtung Gedser in Dänemark gebucht. Auf der E 55 geht es dann von dem Hafen in Gedser weiter in Richtung Kopenhagen, der dänischen Landeshauptstadt. Nach etwa 900 Kilometer und einer Nettofahrzeit von 9 3/4 Stunden haben wir Kopenhagen passiert.

Weitere 32 Kilometer erreichen wir die dänisch - schwedische Grenze, die sich auf der Öresund - Brücke befindet und fahren durch den zirka 9 Kilometer langen " Öresund - Tunnel "  auf die schwedische Stadt Malmö zu. Von hier aus geht es weiter auf der E 20 / E 6 nach Stockholm / Göteborg. Diese Strecke führt auch an dem schwedischen Ystad vorbei. 

Hmmmmh, Ystadt, da war doch vor grauer Zeit etwas. Richtig, die Stadt, in der Kommissar Kurt Wallander ( die Roman - und Krimi - Fantasiefigur des verstorbenen schwedischen Schriftsteller Hennig Mankell ) sein Unwesen treibt.

Weiter geht es auf der E 22 in Richtung Helsingborg. Danach auf der E 22, die nach Stockholm führt. Nach etwa 1 / 3 der Strecke, also 1.050 Kilometer, gelangen in die Stadt Jonköping. Von dort aus geht es über die Staatsstraße 49 nach Karlsborg. Auf der E 20 fahren wir sodann durch Söder, Örebro und Avesta nach Gävle. Hier geht es dann weiter auf der E 4 in Richtung Sundsvall.  Durch Härnösand, Älandsbro sowie Ullänger gelangen wir nach Örnskölsdsvik,

Die meist benutzte E 4, auf der sich ab Juni bis September Tausende Wohnmobile und PKW mit oder ohne Wohnanhänger in Richtung Nordkap bewegen, führt uns nach Umea, einer Stadt mit zirka 90.000 Einwohnern, am Bottnischen Meerbusen gelegen. Hier befinden wir uns bereits im schwedischen Teil Lapplands. Die gewählte Strecke führt uns sodann nach Haparanda, einer Gemeinde mit knapp 6.700 Einwohnern, die in unmittelbarer Nähe der finnisch - schwedischen Staatsgrenze, auf der sich die finnische Stadt Tornio befindet.


https://de.wikipedia.org/wiki/Haparanda   

https://de.wikipedia.org/wiki/Tornio


Auch wenn hier im Hohen Norden die Landschaften karg aussehen, sich nahezu gleichen, gibt es dort durchaus Leben. Nicht nur in den kleinen Orten und Städten, auch außerhalb trifft ein Reisender eine Vielzahl von Tieren an. 

Wir fahren weiter auf der E 4 nach Nyhem, durch Ängsbacka, Övre bäck, Ljusvattnet, Skelleftea und gelangen nach 175 Kilometern an Töre heran. Als ich dort vor mehr als 33 Jahren während meiner letzten Nordlandreise Rast einlegte, las ich irgendwo im Ort, vor einem Haus, das an einem kleineren Fluss lag, eine Gedenktafel. Auch wenn ich den schwedischen Wortlaut nicht übersetzen konnte, verstand ich ungefähr, wofür und weshalb diese Denkmal dort angebracht worden war. Es soll an ein Grubenunglück erinnern, dass sich dort vor vielen Jahrzehnten ereignet hatte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Töre

Wir nutzen jetzt die E 10 und zuckeln weiter nach Mörjarv und gelangen danach auf die Staatsstraße 392. Diese führt uns 110 Kilometer weiter nach Pajala.

 https://de.wikipedia.org/wiki/Pajala

Nach dem Ortsausgang biegen wir auf die Staatsstraße 403 ab und gelangen in etwa 23 Kilometern an die schwedisch - finnische Grenze. Einen Kilometer später gelangen wir durch Kolari, einem Ort mit etwas mehr als 3.900 Einwohnern im finnischen Teil Nord - Lapplands.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kolari  

Wir fahren weiter auf der E 8 / 21 nach Ylljäsjokisuu. Die Europastraße 8 ( E ) - https://de.wikipedia.org/wiki/Europastraße_8 - endet für uns bereits nach 2 Kilometern, denn die Route bringt uns jetzt nach Kittilä, einer Kleinstadt mit zirka 6.500 Einwohnern, an der ein bekanntes Skigebiet angrenzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kittilä 

Wir bewegen unswe3 auf der Hauptstraße 79 weiter und gelangen nach Sirkka. Einem Ort mit etwa 900 Einwohnern.

https://de.wikipedia.org/wiki/Sirkka_(Ort) 

Von dort aus geht es weiter auf der Straße 956 in Richtung Köngäs. Den Ort erreichen wir nach weiteren 9 Kilometern. Dort führt uns die Straße 955 nach Inari, einer Stadt mit 6.900 Einwohnern, die am gleichnamigen See liegt. Der zeitweilig bis in den Juni zugefroren sein kann.

https://de.wikipedia.org/wiki/Inari_(Gemeinde)


https://de.wikipedia.org/wiki/Inarijärvi


Nach weiteren 23 Kilometern  auf der E 4 / 21 kommen wir in Utsjoki an. Einem Ort mit etwa 1.300 Einwohnern. Hier - oben? - im nördlichen Teil Europas scheint die Zeit nicht nur stehen geblieben zu sein, sondern wohl auch keine Rolle zu spielen. Das dürfte dann wohl für die Bewohner des Ortes zutreffen. Sie verteilen sich auf mehr als 5. 100 Km ² Landfläche, was einer Bevölkerungsdichte von 0,2 / Km² entspricht. Verglichen mit der Europas ( 32,2 ), Deutschlands ( 232 ) oder vor allem Finnlands ( 18,2 ) liest sich dieses als nahezu unbewohnt. So sieht es denn für einen Touristen so aus, als sei er in einer nahezu baumlosen Einöde mit Wollgras, Preiselbeersträuchern, der Moltebeere sowie diversen Moosen und Flechten mit eingesprenkelten Birkenhainen angekommen.  

https://de.wikipedia.org/wiki/Utsjoki

https://de.wikipedia.org/wiki/Lappland#Flora

Wir fahren in diesem Landschaftsumfeld weiter auf der Straße 970 und gelangen nach 43 Kilometern zu unserem Zielort Nuorgam, die nördlichsten Dorf Finnlands. Das 250 Seelen - Dorf bildet einen weiteren Grenzpunkt zwischen Norwegen und Finnland. Was das Nordlanddorf sonst noch zu bieten hat, kann u.a. hier nachgelesen werden:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nuorgam

Wer als Besucher der Meinung ist, nördlicher geht es nicht mehr, der irrt gewaltig. Zum nördlichsten, mit dem Fahrzeug erreichbaren Punkt Europa, dem Nordkap sind es weitere 311 Kilometer Fahrstrecke; bei einer Fahrtzeit von mindestens 6 1/2 Stunden.  

Zur Beantwortung der Frage, warum ein Urlauber, ein Reisender, ein Besucher, derartige Strapazen auf sich nimmt, um nur sagen zu können, er sei mal auf dem Nordkap gewesen, fällt mir spontan ein, dass dieses mit einer Art von Sehnsucht nach Ausbruch aus dem Alltag zu tun haben könnte. Doch dieses wäre vielleicht dann doch zu kurz gegriffen. Es dürfte einhergehen mit dem Drang, sich von der Masse der übrigen Massentourismus absetzen zu wollen. Wer jedoch dieser Vorstellung hinterher hechelt, dürfte mit einer Nordlandreise, einem Besuch auf dem Nordkap oder " nur " des nördlichsten Dorfes Finnlands, schief gewickelt sein.

Wenn " Corona " demnächst seinen Schrecken verloren haben sollte, werden sie wieder los fahren, die Fans der " Weißen Flotte ", mit sie jene sonst abgelegenen, fast ausgestorben wirkenden Regionen des Hohen Nordens, bevölkern. Wenn auch nur überwiegend zur schönen Sommerzeit.

Nebenbei geschrieben: Von Nuorgam bis zu der Atomwiederaufbereitungsanlage im finnischen Eurajoki sind es 1.250 Kilometer, bei einer Nettofahrzeit von knapp 17 Stunden.

Nur fliegen ist schöner. Aber, da würde ich eh nie hin wollen. Mit Atomkraft und alledem hatte ich bereits in den 1970ern, in denen ich meine zweite Nordlandtour hinter mich bringen konnte, nichts am Hut.  


BRÖSELMASCHINE  -  Gedanken  -  Live / Waffenrod  2014:





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