DDR - Nostalgie: Das Ferienlager des VEB Walzwerk Hettstedt in Prerow
Die de factor im November 1989 implodierende und mit dem 01. Juli 1990 de jure untergegangene Deutsche Demokratische Republik ( DDR - ohne An - und Abführungsstriche ) unterschied sich von dem westlichen Teilstaat namens Bundesrepublik Deutschland ( BRD ) in vielfältiger Weise. Andererseits dann in den Bereichen der Spießigkeit wiederum doch nicht so sehr. Was dem Bundes - Michel sein mit einem selbst gehäkelten Klorollenhut auf der Heckablage des VW war, stand dem DDR - Piefke ( verächtlich auch " Ossi " genannt ) sein " Wackel - Dackel " im Rückraum der Rennpappe ( Trabant ).
Die in jenen wilden Nachwendejahren vorhandenen deutsch - deutschen Gemeinsamkeiten schienen so zahlreich zu sein, dass die Frage wie schnell die vom rebellierenden DDR - Volk verlangte Freiheit nicht nur in Konsum umgesetzt wird, schon bald keine mehr sein wird. Das Füllhorn an deutschen Gemeinsamkeiten würde jene Sozialisationsunterschiede rasch überdecken. Dieser Irrglaube führte indes eher zu einer Verstärkung der Unterschiede. Zu diesen gehören zweifelsohne die vielfältigen, nicht selten verklärend gepflegten Reminiszenzen an den DDR - Staat.
Zu den dort einst vorliegenden Realitäten gehörte die staatlich beeinflusste Erziehung der Kinder zu späteren Bürgern des zweiten deutschen Staates. Ein Instrument jener von Staatsorganen gelenkten Einflüsse, waren auch die vielen Freizeit - und Ferienlager. Hier hielten sich vornehmlich in den zweimonatigen schulfreien Sommermonaten Zehntausende Kinder auf, die über die Staatsbetriebe verteilt, fern von den arbeitenden Eltern, einige gemeinsame Wochen verbringen durften.
Diese Unterkünfte waren häufig spartanisch, aber funktional eingerichtet. Hier musste nicht nur der Aufenthalt mit Übernachtung sowie Verpflegung sichergestellt, sondern zudem die Zeit mit den Kindern ausgefüllt werden. Den Vorgaben der Staatsführung entsprechend geschah dieses durch gemeinschaftliches Wandern oder Sport - und Spielpläne.
https://de.wikipedia.org/wiki/Betriebsferienlager_in_der_DDR
Eines der bis 1989 unterhaltenen, insgesamt 5.000 Ferieneinrichtungen war jenes des Volkseigenen Betriebes " Walzwerk Hettstedt " in dem Ort Prerow auf dem Darß. Es handelt sich hier überwiegend um einfache Holzaufbauten, die mit einem Flachdach versehen, beinahe einen Barracken ähnliches Charakter zeigen.
Seit der geplanten Abwicklung des ersten, wenn auch nur real sozialistischen deutschen Staates, sind beinahe 35 Jahre vergangen. Damit schwinden nolens volens die leider nur sehr oft in rosarotem Kleid eingepackten Erinnerungen an dieses Gemeinwesen. Für einige, die die volle Dröhnung DDR - Sozialisation über sich ergehen lassen mussten, dürfte die Erinnerung an jene Kinder - und Jugendzeit eher eine gute, eine überaus positive sein. Das ergibt sich unter anderen auch an den Kommentaren einer nicht weiter gepflegten FB - Seite:
https://www.facebook.com/media/set/?set=a.598542753541574.1073742083.469473933115124&type=3
Wie formulierte es der Liedermacher Hannes Wader sinngemäß und zutreffend:
" Die Erinnerung ist eine wunderbare Gabe der Natur, die einen in die Lage versetzt, die Vergangenheit immer durch eine rosarote Brille betrachten zu können, auch wenn man sein Leben lang nur Scheiße gebaut hat. "
So ging ich denn am gestrigen Donnerstag, drei Tage vor unserer Abreise, nochmals auf den Sandwegen entlang der Dünen bis zum Strandübergang des Bernsteinweges in Richtung des aufgegeben " Regenbogen Camp ". Die Zeit scheint hier zwar nicht unbedingt stehen geblieben zu sein, doch es kommt mir alles irgendwie bekannt, ja, sogar sehr vertraut vor.
Das sind nicht nur die knorrigen Kiefern, die von dem ewig wehenden Westwind geformt, in nahezu chaotischer Abfolge, die Sandwege säumen. Da sind es auch die mit Heidelbeersträuchern, Moosen und Gräsern bedeckten Flachen zwischen den Bäumen. Das sind aber vor allem die Strandübergänge, an deren Seiten jetzt noch eine überschaubare Anzahl von Fahrräder stehen. Die Vorsaison, die Zeit außerhalb der Sommerferien, sieht hier, am nordöstlichen Zipfel der Halbinsel Fischland - Darß - Zingst etwas beschaulicher aus. Noch tummeln keine sich Menschenmassen an dem weitläufigen, weißen, feinen Sandstrand. Noch wälzen sich keine Urlaubskohorten durch den Ort. Noch stauen sich keine PKW - Kolonnen auf der Bäderstraße, der L 21, der B 105 oder der A 19.
Ich gehe weiter entlang des Waldweges und sehe bereits die ersten Holzbarracken des ehemaligen Ferienlagers. Die bunten Graffitis, zumeist in Blau und Weiß leuchten mir entgegen. Hierin verirrt sich ein Urlauber nur selten, ein Einheimischer schon gar nicht. Die Anlagen erscheinen mir jedoch anders als in den Jahren davor. Und tatsächlich, die zerstörten Fenster wurden jeweils durch ein Lattenkonstrukt verschlossen. Dort kommt jetzt kein Unbefugter von außen mehr herein. Die Müllhaufen, die mich noch im letzten Jahr geärgert haben, sind beseitigt worden. Der Platz vor und neben der Barracken wurde gleich mit beräumt. Die aus mehren Gebäuden bestehende Anlage sieht nicht mehr vollkommen verwahrlost aus.
Immerhin, ein wenig erinnert die verlassene Ferienanlage des " VEB Walzwerk Hettstedt " an jene Jahre als der real existierende Sozialismus hier die Kinder der dortigen Werktätigen an die Ostsee schickte, um ihnen die etwas besseren Seiten des grauen Alltags in der DDR aufzuzeigen. Demensprechend wabern auf einigen Netz - und FB - Seiten nostalgisch ausgerichtete Kommentare herum. So heißt es dann - frei nach dem Sprech der Klippschulen:
" Schade das es alles so verkommt und kaputt geht es was Super schön da "
" Schade, dass diese Ferienlager so verkommt und es keiner wieder aufbaut. Mir tut es immer sehr leid um solche alten Anlagen. Ich war früher auch an der Ostsee in Sellin im Ferienlager. Leider wurde das schon abgerissen. "
" Da mussten wir mal länger bleiben da wir alle Durchfall und erbrechen hatten
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