Im Krankenhaus
Vorgestern war es - endlich? - so weit: Ich begab mich - mit einer nicht unerheblichen Portion Unbehagen - in ein Münchner Krankenhaus. Genauer gesagt; Ich hatte eine Überweisung für die Klinik Bogenhausen. Und dort sollte ich mich einer Untersuchung am wichtigsten Organ im Körper, dem Herz, unterziehen.
Unsere Hausärztin hatte im vergangenen Jahr bei einer Routineuntersuchung, dem so genannten Gesundheizscheck, unregelmäßige Herznebengeräusche festgestellt. Sie überwies mich an einen Kardiologen. Hier erhielt ich nach knapp einem halben Jahr in Unterschleißheim im Frühjahr einen Termin und zu Beginn dieses Monats einen weiteren für ein Belastungs - EKG.
Dort wurden einige Herz - Doppelschläge bei der durchaus anstrengenden Beinarbeit aufgezeichnet. Der Radiologe fertigte daraufhin zur weiteren Kontrolle eine Überweisung an die Klinik Bogenhausen aus und vereinbarte eine Woche später einen Termin. Na, wer sagts denn: Vo wegen wochen - nein, monatelange Warten auf eien Facharzttermin. Hier, im Speckgürtel von München gilt das offensichtlich nicht oder nicht immer?
So fuhr ich denn - mit einem eher mulmigen Gefühl - am gestrigen Montag über die A 9 in die bayrische Landeshauptstadt. Es herrschte winterliches Wetter, zudem Berufsverkehr. Ab 7.00 Uhr ist Letzteres kein besonderes Ereignis. Deshalb hatte ich bereits einen großzügigen Zeitpuffer von mehr als einer halben Stunde eingebaut.
Nach knapp einer halben Stunde Schleichfahrt erreichte ich dank der Leitungskünste des VW - Navigationssystems das Ziel.
Ein Betonklotz für 279 Millionen Euro stand dort vor mir. Nachdem ich den PKW " Tom 3 " in die Tiefgarage eingeparkt hatte, begab ich mich auf die Suche nach der angegeben Etage " U 1 ".
Gut, zugegebenermaßen bin ich von Haus aus nicht der geborene Orientierungsfachmann. So schritt ich denn durch das Wirrwarr von Gängen, Räumen und Hinweistafeln schnurstracks gerade aus und landete an einer Information der radiologischen Abteilung. In der Hoffnung, bislang alles richtig gemacht zu haben, erklärte ich der, nicht bayrisch aussehenden Mitarbeiterin, dass ich um 8.00 Uhr für eine CT - Untersuchung bestellt worden sei. Die erklärte mir sofort, dass ich mich erst anmelden müsse. Erst hiernach könne ich zu ihr wieder kommen.
Aha, also erst zur Anmeldung. Anmeldung, wo?
Nachdem ich mich durchgefragt hatte, fand ich in der oberen Etage den richtigen Ort. Hier erklärte mir die bayrisch sprechende Dame, dass ich erst eine Nummer von dem gegenüber stehenden Automaten ziehen möge. Dann könne ich mich anmelden. Aha!
Nachdem dieses erledigt war, wartete ich eine knappe halbe Stunde. Der Radiologe aus Unterschleißheim hatte mich bereits gewarnt. Es könne etwas länger dauern und ich möchte mir etwas zum Lesen mitbringen. Gesagt, getan. Ich hatte einen alten " SPIEGEL " eingesteckt. Das Smartphone ließ ich lieber stecken. Ich verspürte keine große Lust zum Daddeln, dazu war ich nicht konzentriert genug.
Schließlich erschien meine gezogene Nummer 31 auf der digitalen Tafel. Dahinter las ich die Zimmer Nummer 5. Da es auch hier um zügige Abfertigung geht, waren die Aufgaben klar verteilt. Die ein wenig schnippisch agierende Dame im Zimmer 5 sprach weder bayrischen, noch hochdeutschen Dialekt, denn sie hatte einen italienisch klingenden Nachnamen, was mich zu der Spekulation trieb, dass sie dafür blond gefärbte Haare vorweisen konnte. Immerhin gab sie mir eine klare Order, wo ich nach der Aufnahme hinzugehen habe. Davor allerdings verlangte sie von mir die Plastik - Versicherungskarte und zwei Ausfertigungen des Überweisungsbelegs. Na, ja, es gab freundlichere Mitarbeiterinnen an diesem Morgen.
Nun gelangte ich wieder dorthin, wo ich am zu Beginn meiner Odyssee ankam, bei der afrikanischen Dame in der Radiologie. Die knüpfte mir die mitgegebenen Dokumente ab und bat mich in einem kleineren Warteraum Platz zu nehmen. Einige Minuten später bat sie mich mitzukommen. Sie führte mich zu einem Flurzimmer, in dem eine jüngere Ärztin auf mich wartete, die mich in einem einige Minuten langen Gespräch über die Risiken der anstehenden Untersuchungen aufklärte. Dabei erhielt ich die Frage, ob ich " Viagra " einnehmen würde.
Ich sah sie lächelnd, dabei allerdings etwas ungläubig an und fragte nach.
" Viagra? " " Nee! " Und Alkohol trinke ich auch nicht, das ist nicht mit dem Laufen vereinbar. ", fügte ich sogleich hinzu.
Die Medizinerin erklärte mir, dass sie die Frage deshalb stellen müsse, weil das Potenz steigernde Mittel zu Beeinträchtigungen bei den Untersuchungen führen könne.
" Aha! Fluch und Segen gleichzeitig ", antwortete ich ihr, Sie lachte. " Ja, so kann man es sehen. ", sagte sie zu mir, ehe sie mir eine zweiseitige Erklärung zur Unterschrift vorlegte. Die möge ich bitte am Empfang wieder abgegeben. Genau bei der afrikanischen Dame, die mich zuvor registriert hatte. Diese bat mich wieder in dem kleineren Warteraum Platz zu nehmen.
Dort zog ich erneut eine laufende Nummer aus dem Automaten und wartete zirka 10 Minuten, ehe auf einer Tafel meine Zahl mit Zimmerangabe erschien.
Hier wartete ein afrikanischer Mediziner auf mich. Er war - im Gegensatz zu der Dame mit dem italienisch klingenden Namen - bestens gelaunt, lachte mich an und scherzte. Wir unterhielten uns ein wenig über Afrika. Ich erzählte ihm, dass unsere Kinder vor zwei Jahren in Kenia Urlaub gemacht hatten. Dann schritt er zur Tat. Er platzierte mehrere Elektroden auf meinen entblößten Oberkörper und schloss diese an eine Apparatur an, die ich bereits aus Unterschleißheim kannte. Es war ein weiteres EKG.
Nachdem mir die Mitarbeiterin von dem Empfangstresen in einem weiteren Raum Blut abgenommen hatte und mir danach eine Kanüle legte, wartete ich wiederum in dem mir schon bekannten Raum.
Die Untersuchung ging weiter. Ich sollte vor einem weiteren Raum auf einem Stuhl Platz nehmen, um dort das Herz mittels eines Ultraschallgerätes checken zu lassen. Der junge Arzt war sehr aufgeschlossen. Wir unterhielten uns ein wenig über die Fernsehärzte, die im prallen Wohlstand ihren Beruf ausüben und so ganz nebenbei Millionen verdienen. Wir scherzten dabei. Dann strich er mit dem Hand - Ultraschallgerät den Brustkorb ab, dort, wo bekanntlich das Herz sitzt. Nach einigen Minuten stellte er zufrieden fest, dass nichts auffälliges zu erkennen sei.
" Das Herz macht das, was es tun soll. Bestens! ", sagte er. Ich schilderte ihm, dass ich regelmäßig den Crosstrainer malträtieren würde und zudem einige Kilometer pro Wochen Laufen würde.
" Weiter so! Prima! Vorbildlich! ", lobte er mich. Vielleicht war ich bei all den älteren Damen und Herren, die nach und nach auf ihren Betten in die Flure gerollt wurden, dann doch eine gewisse Ausnahme? Dieses, obwohl ich den Altersdurchschnitt der anwesenden Patienten nicht signifikant senken konnte.
" Meine Vater ist 101 Jahre alt geworden ", erzählte ich der mit Ultraschalluntersuchung befassen Arzt, der, weil Jahrgang 1994, durchaus mein Sohn sein könnte. " Oh, lebt er noch im eigenen Haushalt? ", wollte er von mir wissen. " Nein, er ist in einer betreuten Einrichtung. Meine Schwester kümmert sich um ihn. ", antwortete ich ihm.
Er wünschte mir weiterhin alles Gute. Ich verabschiedete mich von dem Klinikmitarbeiter und stellte mir beim Herausgehen die Frage, was einem noch jungen Arzt dazu bewogen haben könnte, eine eher überschaubare, wenn auch verantwortungsvolle, Tätigkeit auszuüben. Das Studium ist ja nicht gerade einfach und dauert mehr als 7 Jahre. Dann viel mir wieder ein, dass er von einer OP - Methode sprach, bei der ein Herzkatheder gelegt werden könnte. OP? Nee, bei mir nicht - noch nicht?
Die vorletzte Station meiner Klinik - Reise nannte sich CT - Untersuchung. Darauf hatte ich mich eigentlich bei deren Beginn gegen 8.00 Uhr eingestellt. Inzwischen war es 11.00 Uhr. Ich wartete erneut in dem längst bekannten Raum auf den nächsten Arzt. Als ich dem gegenüber stand, hätte ich - ganz im Sinne des rassistisch, faschistoiden Duktus der AfD - Konsorten - erneut sehr besorgt sein müssen. Der Mann im Weiß sprach kein unverständliches bayrisch, noch klares Hochdeutsch, sondern etwas dazwischen. Egal, sein Handwerk verstand er. Er erklärte mir, dass er das Kontrastmittel erst später eingeben werde.
Die Computerstimme delegierte den weiteren Ablauf. Einatmen, Luft anhalten, Ausatmen! Nach zirka 5 Minuten spürte ich ein warmes Gefühl im Inneren des Körpers. das Kontrastmittel strömte in meine Adern in Richtung des untersuchten Herzens. Noch einmal bat die computerisierte Stimme um das Ein - und Ausatmen. Die Liege fuhr mich aus der halb offenen Apparatur, die wohl dem Preis eines hiesigen Einfamilienhauses ( ohne Grundstück ) darstellt und im Klinikum erst kürzlich angeschafft wurde, wieder heraus.
" Das war es schon. Sie sind fertig. ", erklärte mir der Mediziner, mit dem ich mich über den Hersteller " Philips ", einem niederländischen Mischkonzern, der einst auch CD - Player anbot. Ich fragte den Arzt, ob er sich daran noch erinnern könne. Ja, er kenne die Geräte aus den 1990ern noch. Dass das Unternehmen aus Eindhoven auch CT - Geräte herstellt, war mir bislang nicht geläufig. Wieder etwas dazu gelernt.
Die CD - Player, die längst ihren Abgesang hinter sich lassen mussten, waren mir lieber, als das vor mir stehende, futuristisch aussehende Gerät im Wert eines Hausgrundstücks, irgendwo in Oberfranken, den ländlichen Regionen Niedersachsens oder an der brandenburgisch - polnischen Grenze.
Ich bedankte mich höflich bei dem Mann in der weißen Dienstkleidung, dessen Herkunft ich im arabischen Raum verortete.
Nachdem mir die afrikanische Mitarbeiterin das Pflaster mit der Kanüle wieder abgezogen hatte, war mein Vormittagsbesuch in der Bogenhausener Klinik beendet. Die Ergebnisse des Untersuchungsmarathons würden der behandelnden Hausärztin und dem Kardiologen zugesandt. Aha!
Beim Herausfahren aus der Tiefgarage, die ich für immerhin 7,50 EUR nutzen durfte, erinnerte ich mich an den von mir formulierten Grundsatz: " Krankenhäuser schaue ich mir am liebsten von außen an. "
Kommentare