Was darf KI und was nicht?
Wenn Zukunft auf das Aktuelle trifft, wird es in der Regel kompliziert. Das Derzeitige wird wird nämlich immer versuchen, seinen Besitzstand erhalten zu wollen; während das Zukünftige bestrebt ist, seine Ziele durchzusetzen. Für das Recht als Korrelat zwischen diesen widerstreitenden Interessen könnte dabei sehr schnell die Erkenntnis eintreten, die da in abgewandelter Form zu einem Akronym lautet:
" Wo nichts ist, hat das Recht seinen Einfluss verloren "?
Zu den sich nahezu als rastlos gebärenden Bereichen unseres Zusammenlebens dürfte zweifelsohne der Sektor der von Menschen selbst konstruierten künstlichen Intelligenz ( KI ) gehören. Und gerade hier zeigt sich anschaulich, welche enormen Probleme die Entwicklung von KI für die Umsetzung der vorgesehenen, regulativen Aufgaben der Jurisprudenz entstehen lassen, wenn ihr hierfür keine belastbare Basis vorgegeben wird.
Als vor zirka einem Jahr die Gesellschaft für musikalische Aufführungs - und mechanische Vervielfältigungsrechte ( GEMA )
mit Sitz in Berlin gegen den Betreiber der Platform OpenAI ( https://de.wikipedia.org/wiki/OpenAI ) vor dem Landgericht München I Klage auf Unterlassung und Schadenersatz wegen vermeintlicher Verletzung des Urheberrechts einreichte, stellte diese zunächst ein juristisches Novum dar. Weil das Recht hierbei tatsächlich auf eine Entwicklung im Bereich der KI trifft und berufen ist, einen kommerziellen Konflikt zwischen der Vertreterin ausgewählter Rechteinhaber sowie dem Anwender spezieller künstlich erschaffener Informationsmöglichkeiten lösen zu müssen
Nach reichlich verbratenen Hirnschmalz, das in schriftlich sowie geregelter Form dem Gericht hierzu vorlegt wurde, kamen gestern, am 11.11.2025, ausgerechnet zum Beginn der Karnevalszession, die drei Damen in Schwarz als 42. Zivilkammer des Landgerichts München I zu einer medial vielbeachteten Entscheidung:
https://haerting.de/wissen/gema-gewinnt-gegen-openai-staerkung-des-urheberrechts-im-ki-zeitalter
https://www.heise.de/news/GEMA-vs-OpenAI-Niederlage-fuer-ChatGPT-vor-Muenchner-Gericht-11073532.html.
Nur wer die Funktionsdeterminanten der Dritten Gewalt nicht genau kennt, mag in dem Urteil einen Sieg des Alten gegen das Neue sehen. dabei ist jene Entscheidung der drei Richterinnen des Landgerichts München I nur der erste Schritt zu einer endgültigen Regelung in der Streitsache. Die unterlegene Partei wird - selbst durch schwergewichtigen, anwaltlichen Beistand vertreten - in Berufung gehen und dabei das übergeordnete Batiste Oberlandesgericht bemühen. Ob dieses in gleichlautender Form ein Urteil trifft, steht indes in den Sternen und auch ein solches wird den Streitwohl kaum beenden. Die Revision bei dem Bundesgerichtshof dürfte auch hier wahrscheinlich sein.
Die durch den Zivilrechtsstreit zwischen der GEMA und dem Betreiber der KI, dem US - amerikanischen Konzern OpenAI zu klärenden Rechtsfragen betreffen vornehmlich die Regelungen in den Paragrafen 44b und 60d des Urheberrechtsgesetzes ( UrhG ). Diese lauten:
§ 44b
Text und Data Mining
(1) Text und Data Mining ist die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen.
(2) 1Zulässig sind Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text und Data Mining. 2Die Vervielfältigungen sind zu löschen, wenn sie für das Text und Data Mining nicht mehr erforderlich sind.
(3) 1Nutzungen nach Absatz 2 Satz 1 sind nur zulässig, wenn der Rechtsinhaber sich diese nicht vorbehalten hat. 2Ein Nutzungsvorbehalt bei online zugänglichen Werken ist nur dann wirksam, wenn er in maschinenlesbarer Form erfolgt.
§ 60d
Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung
(1) Vervielfältigungen für Text und Data Mining (§ 44b Absatz 1 und 2 Satz 1) sind für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zulässig.
(2) 1Zu Vervielfältigungen berechtigt sind Forschungsorganisationen. 2Forschungsorganisationen sind Hochschulen, Forschungsinstitute oder sonstige Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, sofern sie
| 1. | nicht kommerzielle Zwecke verfolgen, | |
| 2. | sämtliche Gewinne in die wissenschaftliche Forschung reinvestieren oder | |
| 3. | im Rahmen eines staatlich anerkannten Auftrags im öffentlichen Interesse tätig sind. |
3Nicht nach Satz 1 berechtigt sind Forschungsorganisationen, die mit einem privaten Unternehmen zusammenarbeiten, das einen bestimmenden Einfluss auf die Forschungsorganisation und einen bevorzugten Zugang zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung hat.
(3) Zu Vervielfältigungen berechtigt sind ferner
(4) 1Berechtigte nach den Absätzen 2 und 3, die nicht kommerzielle Zwecke verfolgen, dürfen Vervielfältigungen nach Absatz 1 folgenden Personen öffentlich zugänglich machen:
| 1. | einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren gemeinsame wissenschaftliche Forschung sowie | |
| 2. | einzelnen Dritten zur Überprüfung der Qualität wissenschaftlicher Forschung. |
2Sobald die gemeinsame wissenschaftliche Forschung oder die Überprüfung der Qualität wissenschaftlicher Forschung abgeschlossen ist, ist die öffentliche Zugänglichmachung zu beenden.
(5) Berechtigte nach den Absätzen 2 und 3 Nummer 1 dürfen Vervielfältigungen nach Absatz 1 mit angemessenen Sicherheitsvorkehrungen gegen unbefugte Benutzung aufbewahren, solange sie für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder zur Überprüfung wissenschaftlicher Erkenntnisse erforderlich sind.
(6) Rechtsinhaber sind befugt, erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass die Sicherheit und Integrität ihrer Netze und Datenbanken durch Vervielfältigungen nach Absatz 1 gefährdet werden.
Zu dem letztgenannten Gesetz hatte das Landgericht Hamburg mit seinem Urteil vom 27.09.2024, Az. 310 O 227/23) hinsichtlich der Verwendung von so genannte Lern - oder Trainingsdatensatzes bei der Verwendung für Forschungs - oder wissenschaftliche Zwecke erarbeitet.
Die Frage, ob ein Rechteinhaber an einem durch das UrhG geschützten Werkes explizit seine Einwilligung zu einer Weiterverarbeitung durch einen KI basierten Nutzer erteilen muss, damit dieser es entsprechend generieren darf. Hierzu dürften folgende Grundvoraussetzungen zu beachten sein:
Wenn die Entwicklung der KI in dem bisherigen, sehr rasanten Tempo voranschreitet, dürfte es nolens volens kaum noch um die Frage einer vorliegenden, immer noch erforderlichen Einwilligung gehen, denn die betrifft nur jene Fälle, in denen eine Weiterverwertung zu ausschließlich kommerziellen Zwecken gegeben ist,
Die dürfte keineswegs darin zu erkennen sein, dass ein KI - Verwender seine Datensätze unentgeltlich im Netz zur Verfügung stellt. Ebenso dürfte es in diesem Zusammenhang fraglich bleiben, ob ein Rechteinhaber unter den Bedingungen, dass er sein - nach wie vor geschütztes geistiges Eigentum - durch eine kostenfreie Veröffentlichung einerseits oder mit einer bereits erfolgten Pauschalvergütung über die GEMA bei der Zurverfügungstellung seiner Musikstücke bei oder durch Streaming Dienstleister, sich dann nicht mehr auf eine Rechtsverletzung im Sinne des UrhG berufen kann, wenn ein KI - Anwender diese zusammenfügt, um es öffentlich kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Tatsächlich befasst sich der aktuelle Rechtsstreit der GEMA gegen Open AI aus Eigeninteresse mit einem Problem, dass dann keines mehr sein wird, denn mit dem uneingeschränkten Einstellen von Texten in das Internet gibt der Rechteinhaber konkludent ein Verwertungsverbot durch KI Anwender auf, da die hierzu eigens aufgebauten Plattformen
Die technische Entwicklung wird noch so manches antiquierte Gesetz überholen. So auch die derzeitige, im UrhG bestehenden und wie oben zitierten Regelung en.

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