Dank je wel, Lou Ottens! Lang Leve Lou Ottens!

 Der Privatsender RTL feiert sein 30 jähriges Bestehen, sich selbst und und lässt dabei jene Zeit noch mal auferstehen, als dessen Programm sich das Attribut des Informativen - zumindest teilweise - erhalten durfte.
Dem Heiligen Geist sei´s gedankt, dass der Schund, den dieser Konkurrent zur öffentlich - rechtlichen Einöde, seit mehr als einer Dekade auf die werbe - relevante Zuschauergunst von 14 bis 49 ( 59 ) absondert, nicht schon viel früher dort Platz hielt. Denn möglich war damals bereits vieles, was zur Dauerverblödung beitrug.

Weil den RTLern gerade zum Feiern zumute war, ließen sie am 27. 12. 2013 eine Sendung zum 50. Jubiläum der Audiokassette, der Compact Cassette, abjubeln. Oliver Geissen moderierte die Sendung mit dem reißerischen Namen " Die ultimative Chartshow - 50 Jahre Kassette ".

Joh, was da so in einer normierten Plastikform auf Miniband eingespielt wurde, hat der Sender denn gleich als die Top - 50 - Charts " verwerben lassen. Na, ja, wer´s braucht?

Fakt ist jedoch, dass der niederländische Philips-Ingenieur Lou Ottens vor 50 Jahren die Audiokassette entwickelt hat und diese am 28. August 1963 durch den niederländischen Konzern Philips auf der 23. Großen Deutschen Funk-Ausstellung in Berlin erstmals vorgestellt werden konnte. Die Compact Cassette und der, mit den zugehörigen Transistoren bestückten Kassettenrekorder von Philips mit der Bezeichnung EL 3300 konnte dort bestaunt werden.vor. Er kostete 299 DM (entspricht heute inflationsbereinigt knapp 600 EUR). .Das Gerät ließ sich mit nur Batterien (fünf Babyzellen) betreiben.

Die späteren Modelle besaßen serienmäßig einen 220 Volt - Stromanschluss sowie ein Batteriefach. Nach und nach entwickelten weitere Firmen ein ähnliches, tragbares Kassetten - Aufnahme - und Abspielgerät.

In den 1960er bis 1980er Jahren trat die Kassette ihren Siegeszug an, denn sie entwickelte sich zu einer billigeren und Platz sparenden Alternative als Tonträger. Neben der Vinylscheibe und dem Tonband, gehörten Audiokassetten zu dem beliebten Musik - und Aufzeichnungsmedien. Dann löste die Compact Disc, anderen Entwicklung auch Lou Ottens einen maßgeblichen Anteil hatte, jene Tonträger ab.

Der niederländische Ottens wurde 1925/1926? in Hilversum geboren und war später bei dem Konzern Philips als Ingenieur tätig.
 http://de.wikipedia.org/wiki/Lou_Ottens
Dank seiner Erfindung, nämlich der Audio - Kassette konnte der Unterhaltungselektronikmarkt gigantische Wachstumsraten erzielen, denn damit wurde es möglich, auf einfachere Weise seinen individuellen Musikgeschmack zusammenzustellen. Die späteren Kassettenrekorder wogen nur ein Bruchteil der Tonbandgeräte oder Tonbandmaschinen. Deshalb war es möglich, die transportablen Kisten auch außerhalb von Räumen mit zu nehmen, um über den Batteriebetrieb Kassetten abzuspielen.

Und weil damit jederzeit Aufnahmen über ein internes und häufig auch externes Mikrofon erfolgen konnten, saß so mancher Musikfreund - insbesondere diejenigen der Beat - Musik - ab Mitte der 60er Jahre an dem Radiogerät und wartete sehnsüchtig auf sein Lieblingsprgramm, in dem dann Titel der " Beatles ", " Rolling Stones ", " The Kinks " und wie sie einst sonst noch hießen, abgespielt wurden.
Diese Aufnahmen waren allerdings zunächst nur in Mono möglich.
Dabei musste das Mikro direkt vor den Lautsprecher gehalten oder gestellt werden. Mittels eines "roten " Aufnahmeknopfs, der zeitgleich mit dem Anschaltknopf am Mikrofongehäuse und der Taste am Kassettenrekorder betätigt werden musste, konnte eine Musikaufnahme erfolgen.
Ob diese allerdings gelungen war, hing von der Geschicklichkeit des Besitzers jenes Wunderkastens ab.

Um Übersteuerungen bei der Aufnahme zu vermeiden, war es deshalb ratsam, zuvor eine Aufnahmeprobe zu machen. Wenn die Nadel der Lautstärkeanzeige in einen rötlich gefärbten Bereich ausschlug, war die anschließende Aufnahme häufig unbrauchbar, weil völlig verzerrt.
Die Mühe, die Zeit, die Anspannung bei dem umständlichen Aufnehmen, somit umsonst.
Einige Zeit später gehörte ein 5 - poliges Anschlusskabel zu der Ausstattung eines jeden Kassettenrekorderfans, das im hinteren Teil des Radios in eine Buchse eingesteckt und mit dem Rekorder verbunden, dann bessere Aufnahmen ermöglichte.

Mit der Einführung der Stereofonietechnik entwickelten sich die Geräte sukzessive als kleine Alleskönner. Sie leißen sich an Stereoanlagen bzw. Stereoverstärker, Mischpulte oder weitere Kassettenrekorder anschließen und zauberten einen guten Klang in die eigene Bude. Jahre später entwickelten die Unterhaltungselektronikkonzerne, wie " Sony ", " Marantz " oder " Toshiba ", aber auch " Braun ", " Telefunken " oder " Grundig ", die Kassettendecks, die technisch stark verbessert waren.

Die Anfangsjahre der Audio - Kassette " und der Abspielgeräte waren allerdings von vielen Kinderkrankheiten geprägt. Neben der latenten Gefahr, bei einer C 90 - Kassette auch gleichzeitig den berühmt, berüchtigten Bandsalat gekauft zu haben, zeigten sich der Tonkopf, der Kassettenmitnehmer und der Antrieb als neuralgischer Punkt. Die einst sehr plumpe Mechanik brachte nach und nach ebenfalls Probleme.

Wer den alltäglichen Bandsalat mittels Reparaturset, Bleistift und Uhrmacherschraubenzieher - später dann wie im Schlaf - zu Leibe rücken konnte, erlebte spätestens 1, 5 bis 2 Jahre nach dem Kauf jener Wunderkastens, dass dieser sichtbare Verschleißerscheinungen in der oben beschriebenen Form erkennen ließ. Eine Reparatur lohnte sich meistens nicht mehr, weil diese um einiges teurer wurde, als der tatsächliche Wert des Gerätes noch ausmachte. So musste der erste Kassettenrekorder in die Mülltonne geworfen werden. Schade!

Gleiches galt dann für die zunächst enorm teuren Kassetten, die eine Gesamtspielzeit von einer Stunde aufwiesen. Je 30 Minuten für die A - und 30 Minuten für die B - Seite. Da hieß es mit dem kostbaren Material haushalten, um möglichst viele Beat - Stücke auf das Miniband zu pressen.
Dass führte dazu, dass bei gelöschten Aufnahmen, deren Ende oft dem Beginn des nächsten Titels verfälschten. Ein Gekrächze und Gerausche waren die Folgen.
Nö, schön war diese Zeiten für den Musikfreund nicht. Zumal er seine Popmusik in den Programmen mit der Lupe suchen musste und ausländische Sender kaum zu empfangen waren oder eine hundsmiserable Empfangsqualität hatten.

Also doch wieder zurück zur LP.

Mit der Erkenntnis, dass nicht jede technische Neuerung auf wirklich das Leben des Musikfreundes verbessert, verabschiedete ich mich bereits nach knapp 2 Jahren von meinem Mono - Kassettenrekorder, den ich für viel Knete, nämlich 199 Deutsche Mark bei dem vormaligen Versandhausriesen Neckermann aus dem 1967er Katalog gekauft hatte. Ich legte mir daraufhin ein solides Tonbandgerät von Grundig " zu und nahm die LPs von Freunden über meinen Plattenhobel auf.

Der zeitweilige Vorteil lag dabei auf der Hand: Den wilden Bandsalat gab es nicht!
Dennoch: Danke an den Erfinder der Audio - Kassette, Herrn Lou Ottens. " Dank je wel " und Lang leve heer Lou Ottens". Er hat jene zwei unvergessenen Jahre mit meinem ersten Kassetterekorder von Neckermann ermöglicht, in denen ich mich gefreut, oft geflucht und viel Radio gehört habe. Die vielen Kassetten in meinem heutigen Archiv danken es ihm auch, denn es befindet sich jene Musik darauf, die mich viele Jahre später dann im Auto auf den öden Autobahn - Fahrten begleitet hat. Dann ohne Bandsalat. 

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