Finn entmannt


Die Vorbereitungen begannen bereits vor zirka 3 Wochen und endeten gestern am späten Vormittag mit einem nicht mehr rückgängig zu machenden chirurgischen Eingriff: Unser jüngster Mitbewohner, der geborene Lausitzer und prädestinierte Mäusejäger Finn, wurde entmannt. Diese Operation ist für einen Tierarzt ein Routinefall. So, wie ein Humanmediziner einem Patienten den Blinddarm entfernen muss oder ein Zahnarzt einen vereiterten Backenzahn zieht.

Der kleine, aber dafür feine Unterschied, zu diesen Vergleichen der Humanmedizin ist jedoch, dass diese Eingriffe erforderlich sind, um den Patienten vor oder von höllischen Schmerzen zu erlösen oder gar vor einer lebensbedrohlichen Situation. Bei einer Kastration einer männlichen Katze, also eines Katers, ist dieses nur bedingt der Fall.

Wenn der Kater nicht kastriert wird, dann leitet das Tier nach etwa 9 bis 12 Monaten der eingepflanzte Geschlechtstrieb. Dieser ist auf Vermehrung seiner Art ausgelegt und dient weniger - im Vergleich zu uns Menschen - der Leidenschaft und Lust. Ist die Zeit gekommen, wird der Kater seine übel riechenden Duftmarken in seinem Lebensumfeld setzen. Wenn es somit bald im Treppenhaus, im Wohnzimmer oder in der Küche streng riecht, dann wird es höchste Eisenbahn, den Hausbewohner von seinem später drohenden Leiden zu befreien.

Nicht kastrierte Kater sind eher unberechenbar. Wittern sie mit ihrem x-fach feiner ausgeprägten Geruchssinn eine " rollige " Katze, zieht es sie zu ihr hin. Dann heißt der Gehirnbefehl: " Vermehren, vermehren, vermehren!" Doch dieser Trieb kann wiederum lebensbedrohliche Auswirkungen nach sich ziehen. In ihrem Fortpflanzungstrieb, der im Extremfall in einem Wahn umschlägt, verlieren die geschlechtsreifen Kater jedwede Kontrolle, vergessen lebenserhaltende Ängste vor rasenden Autofahrern und anderen Gefahren. Sie sind liebestoll und damit wie blind. In dieser - nur kurzen Zeit - bolzen sie mit der empfangsbereiten Katze und auch mit Konkurrenten. Sie sehen manchmal danach wie gerupfte Hühner aus. Ausgerissene Fellfetzen können dann am Körper herunter hängen, Fleischwunden sind auch keine Seltenheit und eingerissene Ohren, abgerissene Krallen oder Verletzungen an Augen, Nase und im Stirnbereich gehören zu den Liebeskampfspuren.

Für den treu sorgenden Katzenhalter ein gelebter Albtraum. Häufig muss nach einer - vielleicht - überstandenen Liebes - und Vermehrungsschlacht, ein Tierarzt diese Kampfspuren behandeln oder beseitigen. Das kostet Geld, ist dann zeitaufwändig und bei mehreren Vierbeinern dann eher lästig.

Unser Finn markierte am Wochenende wieder. Es stank bestialisch im Treppenhaus. Ich versuchte mit einer Wischkur mittels Eimer, Feudel und einem Parkettbodenpflegemittel, den üblen Duft zu beseitigen. Mit mäßigem Erfolg. Er setzte zwei Tage später eine erneute Marke ins Haus. Nun ist es damit vorbei. Ich brauche auch nicht zu überlegen, ob ich den Katzen . Mief vielleicht durch eine kräftige Prise aus den Rasierwasserduftflakons von " Armani " über " Hugo Boss " bis hin zu " Davidoff´s Cool Water ", die ich als Restbestände aus besseren Zeiten noch im Badezimmerschrank aufbewahre, jedoch seit Jahren nicht mehr benutze, zu kaschieren versuche. Finn ist von seinem Drang auf Vermehrung seiner Art und seiner Gene endgültig und unwiderruflich befreit worden.

Dass diese Aktion mit erheblichen Kosten verbunden war, muss ich hier wohl nicht gesondert erwähnen. Zunächst kostete die übliche Vorstellung bei der Tierärztin 43, 12 €, denn die von dem Bauernhof in der Lausitz, in der Nähe von Bautzen, erhaltene Jungkatze hatte eine Bindehautentzündung, die ich selbst therapierend in Form von Augentropfen, die ich aus einer Online - Apotheke aus dem Internet erwarb, nicht ganz in den Griff bekam. Die Tierärztin setzte eine Spritze, untersuchte unseren Racker und tippte dabei die entsprechenden Gebührenpositonen für die tierärztlichen Leistungen nach der Gebührenordnung für Tierärzte ( GOT ) in ihren schon betagten PC. Die Selbstmedikation war damit jedoch noch nicht beendet. Sie empfahl mir, die erworbenen Augentropfen regelmäßig weiter zu verwenden und den Kater an dem darauf folgenden Freitag wieder vorzustellen.

Treusorgend fuhr ich mit Finn deshalb vor etwa zwei Wochen wieder zu der Tierarztpraxis im Stadtteil Gorbitz. Nun, die Gebühren - Odyssee war noch nicht beendet. Finn bekam eine weitere Spritze, fauchte dabei und zog mir - weil ich wider aller Erfahrungen - unvorsichtig war, seine rechte Pfote über meinen rechten Handrücken. Es floss Blut. Doch mit einem Taschentuch - ganz der routiniert und schmerzfrei agierende Mann vor einer Frau / Tierärztin - wischte ich die Bluttropfen mit einem " Tempo " ab. Da gab es noch ein Blister Tabletten, die ich versteckt in einer Fingerkuppe Leberwurst, dem Kater verabreichen sollte. Viel Aufwand für viel Geld.
Es wurden nochmals 31,98 € fällig.

Jetzt war der Dienstag, der große Tag des kleinen Katers. Er sollte entmannt werden. Ich würgte den Stubentiger kurz nach 9.00 Uhr in die Katzentransportbox und fuhr mit ihm in Richtung Gorbitz. Wir waren dort angemeldet. Bei der Tierarzthelferin gab ich den Kater Finn dann samt Box ab und erhielt die Information, dass ich ihn dann am selben Tag zwischen 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr wieder abholen könne. gegen Cash natürlich. Es wurden somit weitere 63,05 Euro fällig.
Eine teure Suppe, demnach. Aber, was tut man(n) nicht alles für seinen geliebten Hausgenossen? Nun ist er nicht mehr Trieb gesteuert, wohl aber genauso agil, wie zuvor auch. Er lässt seiner Neugier freien Lauf. Springt in die Badewanne, tapst in die noch nasse Dusche und ärgert seinen älteren Mitbewohner und Heimatvertrieben aus der Lausitz, unseren " Diego ". Nur beim Rudelältesten " Felix " hat er schlechte Karten, der knurrt ihn regelmäßig an, wenn der Wühler im zu wild wird. Und unserer " Nele " darf er mit seinen spontanen Aktionen wider dem Ernst des realen Katzenlebens nicht zu nahe kommen. Sie faucht dann fürchterlich.

Vermehren können sich somit alle vier Katzen nicht mehr. das ist gut so, denn es gibt von ihnen in der freien Natur, in den über vollen Tierheimen und auch - als Idealzustand - in einem geordneten Haushalt deren zu viele. Da wollen wir keinen weiteren Vorschub leisten, sonst schreibt der " SPIEGEL " wieder eine wilde Geschichte über die Katzenmassen, die die Vogelpopulation gefährden. Nun, ja, ich hatte eigentlich eine andere Assoziation im Zusammenhang mit unserem Vierbeiner - Quartett:

Unser Felix macht seinem Namen alle Ehre, zeigt sich demnächst bei den Pflichtspielen meines SV Werder in Person des dortigen Torwarts Felix Wiedwald und spielt ab dem 20. Spieltag nur noch zu Null.
Unser Diego wird um 10 Jahre verjüngt, zeigt seine alte Klasse und leitet das Werder - Mittelfeld mit strenger Hand, schießt Traumtore, wie zu den besten Zeiten und hat einen 10 - Jahresvertrag ohne Ausstiegs - und sonstiger Geldvermehrungsklauseln erhalten.
Unser Finn ergänzt ihn dabei. Erzielt weiter Tore, so, wie zum 1:1 gegen den Randale - Klub aus Dortmund und verhilft meinem SV Werder zu höheren Weihen ( bescheiden gesagt: Euro League ).
Nur mit Nele gibt´s so ´n ein kleines Problemchen. Ach, was sag´ich? Sie schlüpft in die Rolle der Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus, leitet ab sofort Erstliga - Begegnungen und pfeift für meine Grün - Weißen dann einen Elfmeter, auch wenn es keiner war, entscheidet auf Abseits wenn es keines gewesen ist und stellt bei jeder Partie mindestens zwei Spieler des Gegners wegen Fouls vom Platz. Dann gewinnen wir endlich wieder und ich muss mich nicht an jedem Spieltag darüber ärgern, dass die Konkurrenz aus Hamburg, Ingolstadt und Darmstadt, aus Wolfsburg, Freiburg und Augsburg vielleicht auch gewonnen hat.

Finn, der Entmannte, wird es dann mit einer Doppelration Futter gedankt bekommen.


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