Ist Sebastian Feidt ein " Volksverräter "?



Das temporär installierte Mahnmal auf unserem Neumarkt, visavis von der allseits geliebten Frauenkirche, lässt die Wogen der Emotionen immer noch hoch schlagen. In dem Pöbel - und Lügenverbreitungsmedium Facebook sollen sich bereits Liker dazu bereit erklärt haben, das als Autoschrott, Busschrott oder IS - Schrott apostrophierte Kunstwerk kostenlos mit abzutransportieren, so, wie einige entsprechende Unternehmer aus Dresden und umzu es vorgeschlagen hätten. Ein voreiliger Reichsbedenkenträger aus unserer Landeshauptstadt bat die Justiz hinzu und ließ einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Stadt Dresden vom Stapel. Das Verwaltungsgericht Dresden bestätigte dieses gegenüber der Stadtpostille " Dresdner Neueste Nachrichten " ( http://www.dnn.de/Dresden/Lokales/Antrag-auf-einstweilige-Verfuegung-gegen-das-Busmonument-in-Dresden-gestellt ). Dazu kursieren in der vermeintlichen Gegenöffentlichkeit Bilder, die auf der, als Vorlage zur hiesigen Kunst -Installation, dienenden Omnibus - Zweckentfremdung in Aleppo, eine Fahne der Verbrecherbande IS gesehen haben wollen. Eine Behauptung, die sich alsbald als unwahr heraus stellte, denn die Flagge, die auf den Fotos der Nachrichtenagentur " Reuters " deutlich zu erkennen ist, gehört der Miliz " Ahrar al-Sham ", die aber gerade gegen den IS und auch das Regime von Baschar al - Assad kämpft. Die bewaffneten Milizionäre sollen die Flagge 2015 tatsächlich auf einem der hochkant aufgestellten Busse, auf den Bildern deutlich erkennbar, angebracht haben.

http://www.bild.de/regional/dresden/denkmal/laut-geruecht-stellten-terroristen-die-aleppo-busse-auf-50180178.bild.html

Die aufgestellte Behauptung, dass der Künstler und mit ihm die Stadt, damit dem IS oder anderen islamischen Terrororganisationen psychischen Beistand leiste, ist ebenso unsinnig, wie  substanzlos. Sie dient nur der öffentlichen Diskreditierung dieser Aktion sowie der Beteiligten, die - so, wie der derzeitige Oberbürgermeister Dresdens Hilpert - sogar Morddrohungen von verblendeten Schwachköpfen erhielt.

Und jene Hass - Figuren, deren politisch indifferenter Hintergrund irgendwo zwischen Bachmann´s Brüllaffen - Bande rund um " Pegida " sowie den Lügenbaronen rund um Petry´s AfD zu suchen ist, pöbelten nun am Dienstag bei der offiziellen Einweihung des Mahnmals auf dem Neumarkt kräftig herum. Alles, was vermeintlich zu den Befürwortern, Unterstützern und Initiatoren der Bus - Installation sich zu erkennen gab, wurde gnadenlos ausgebuht, ausgepfiffen und nieder gebrüllt. Rechtspopulismus live, eben. Hirnloses Gehetzte gegen so genannte " Volksverräter ", die angebliche " Lügenpresse ", gepaart mit dem Schlagwort " Widerstand ". Es hätte nur noch das dort missbrauchte " Wir sind das Volk " gefehlt.

Da die Irregeleiteten beinahe jeden in ihr Visier nahmen, der sich zu der Bus - Aktion bekannte, traf es auch den Pfarrer der Dresdner Frauenkirche Sebastian Feydt, 51, der eine kurze Ansprache halten wollte, die jedoch im Geschrei und dem Trillerpfeifen - Konzert der Störer nahezu ungehört unterging. Der Pfarrer zeigte sich, ob des auch ihm entgegen gebrachten, blanken Hasses, völlig entsetzt. Aber der Versuch, mit den Störern in ein Gespräch zu kommen scheiterte.  Weder der FDP - Oberbürgermeister Hilpert, noch der SPD - Wirtschaftsminister Dullig oder der Künstler selbst, der Deutsch - Syrer Manaf Halbouni konnte mit den Demonstranten diskutieren.

Da stellt sich für den kritischen Außenstehenden natürlich die Frage: " Warum sprechen die Krakeeler nicht mit den Verantwortlichen? " Die Antwort dürfte so simpel sein, wie es diese dämlichen Aktionen der Pegidioten und ihrer Anhänger auch sind. Sie haben nichts zu sagen, weil ihnen die triftigen Argumente fehlen, die jene Bus - Aktionen in Zweifel stellen könnten. Sie sind nur vor Ort, weil sie sich gegen alle Mitbürger, gegen die gesamte Politik und auch Andersdenkende stellen, die nicht ihre Meinungen vertreten. Wobei die Forderungen jener Demonstranten eigentlich keine sind. Es geht hier nicht darum, die behauptete Geldverschwendung anzuprangern. Es geht auch nicht darum, die Bus - Installation deshalb zu kritisieren, weil sie nicht auf den Neumarkt, nicht zur Frauenkirche und nicht zu Dresden passt. Ferner geht es auch nicht darum, die Verknüpfung zwischen Krieg in Form des II. Weltkriegs und der dort verübten Gräueltaten und Kriegsverbrechen und Krieg in Syrien, im Sinne der christlichen Lehre  sowie der abendländischen Kultur zu kritisieren. Nein, es geht diesen Damen und Herren auf der Neumarktsdemonstration nur darum, dass sie den II. Weltkrieg und die Bombardierung Dresdens ausschließlich aus der deutschen Opferrolle heraus sehen wollen; womit das Verbrechen dabei sich gegen Deutsche und Deutschland richtete, weil demnach auch nur deutsche Opfer zu beklagen sind.

Der Krieg in Syrien betrifft aber nur Syrer. Somit nur Muslime und den Islam als Religion. Da diese, nach Auffassung der Brüller und ihrer Indoktrination durch Flachdenker, wie Bachmann, Petry, Gauland etc. pp., jedoch selbst eine verbrecherische Religion ist, die vermeintlich intolerant agiert, gehören Christen und Muslime nicht zusammengewürfelt. Schwachköpfe, wie Gauland sprechen deshalb von Entvolkung, von Islamisierung und von Durchmischung des deutschen Volkes. Dieses Vokabular kennt jeder Bürger, der sich etwas genauer mit dem Nationalsozialismus befasst hat. Wer solche Begriffe gebraucht, muss sich selbst die Frage stellen, ob er genauso intolerant ist, wie der von ihnen - vermutlich - gehasste Islam.

Wer einem, von Berufs wegen, das christliche Wort verbreitenden Mann, wie den Pfarrer Sebastian Feydt aus Dresden als " Volksverräter " und - noch dümmlicher als " Lügenpresse " schmäht, ihn nicht zu Wort kommen lässt und eine von ihm - somit im Namen der Kirche - unterstützte Aktion, wie das Dresdner Bus - Mahnmal, als " Schade " tituliert, der ist kein Christ. Der ist kein Demokrat. Der ist ein anti - demokratischer Anti - Christ. Das Christentum stellt sich in der heutigen Zeit gegen den Krieg in jedweder Form. Es verurteilt menschliche Unzulänglichkeiten, wie Ausbeutung, Versklavung durch Arbeit und andere soziale Ungerechtigkeiten. Das war nicht immer so. Die Kirchen waren einst selbst Teil von verbrecherischen Staatsformen. Das ist sehr lange her. Und - das ist kein Wunschdenken - es wird in dieser Form nie wieder vorkommen.

Der Dresdner Pfarrer Sebastian Feydt ist kein " Volksverräter ", weil er mit seinem aktiven und positiven Einstehen für eine - vielleicht nicht unumstrittene - Künstleraktion, die sich gegen Unmenschlichkeit und den sie täglich aufzeigenden Syrien - Krieg, weder sein Volk verraten hat, noch die christlichen Werte, für die er immer einzustehen bereit ist.

Dieser Unsinn der Dummköpfe rund um " Pegida " und den anderen rechten Trommlern muss aufhören.
Heute ist Montag. Die " Pegida " - Bewegung demonstriert vielleicht wieder. Wohl auch gegen die Busse, die sich vor ihren Augen befinden. Es werden Kübel von Schmutz über all Diejenigen ausgeschüttet werden, die dieses Mahnmal unterstützen.

Nun hat es - zunächst, zumindest im Westen der Bundesrepublik - immer Demonstrationen gegen Irgendetwas gegeben. Davon lebt die Demokratie. Sie muss dieses aushalten. Auch die Kirchen haben sich an diesen Demos beteiligt. Ich kann mich an die Friedensbewegung erinnern, bei der Pastoren und Pfarrer sowie praktizierende Christen vielköpfig anwesend waren. Es ging um Frieden und gegen einen ständig drohenden Krieg durch weitere Aufrüstung. Da waren intelligente Forderungen zu hören. Es sprachen dabei honorige Frauen und Männer. Deren Argumente waren durchdacht. Wenn ich heute dieses stakkatoartige Gebrülle höre und die feigen Hetzereien dieser Menschen, die sich nicht einmal trauen, den Diskurs zu suchen, komme ich zu dem Ergebnis: Da sind dumme Demonstranten am Werke, die bei jeder neuen Demo noch dümmer werden.

Jaromir Nohavica mit " Sarajewo " - 1997 - :


" Simple Minds " und " Belfast Child " - 2008 -:



U2 feat. Bono, Brian Eno, Luciano Pavarotti: " Miss Sarajevo " - 1995-:




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