Tarzan´s großer Sprung
Seit unserem Umzug vom Freistaat Sachsen in den benachbarten Freistaat Bayern sind mehr als 2 Jahre vergangen. Während wir uns als " eingebayert " bezeichnen können und die Eigenarten in dem Alpenland ein wenig näher kennen lernen konnten, hat sich unser lebendiges Mitbringsel, nämlich das Katzen - Quartett komplett verabschiedet.
Zunächst hatte der Kater " Timmy ", den wir vor einigen Jahren aus einer Stadtwohnung in Cottbus bei uns in Dresden aufnahmen und ihm ein grünes Zuhause gaben, bereits wenige Stunden nach unserem Einzug in Eching verabschiedet. " Timmy " wollte keine Dresdner Bedingungen im bayrischen Umfeld und suchte sich eine neue Unterkunft. Die hat er - mutmaßlich ganz in unserer Nähe - gefunden. Vielleicht war es auch der viel zitierte " Umzugsschock ", der dem nicht mehr ganz so jungen, aber zuvor verwöhnten Kater, dazu bewog, uns für immer " Adios " zu sagen.
Während " Timmy " noch lebt, sind die anderen drei Katzen verstorben.
Kater " Felix " weigerte sich zunächst überhaupt mit umzuziehen. Er verbleib zirka ein halbes Jahr in Dresden, ehe es uns mit viel Mühe sowie einigen Umständen gelang, ihn umzusiedeln. Das neue Zuhause bekam ihm aber nicht gut. Er war der vollkommene Freigänger, denn als junge Katze wurde er bereits nach einigen Monaten in eisiger Kälte an der Elbe in Dresden ausgesetzt und danach von einer älteren Dame mit Milch versorgt, ehe es einem privaten Katzen - Verein in Dresden gelang, ihn einzufangen und in einer Pflegestelle unterzubringen. Hier holten wir ihn dann heraus.
Sein späterer Mitbewohner " Diego " kam aus der Lausitz, genauer gesagt, aus dem " Zentrum " von Weißwasser. Seine ehemaligen Halter, ein jüngeres Paar, dampften nach einigen Jahren der Arbeitslosigkeit in den " Westen " nach Ludwigshafen ab und ließen die Katze bei der Mutter zurück. Hier lebte allerdings noch ein weiterer Stubentiger. Das Experiment ging nicht gut. Die größere und robustere Katze ließ den eher klein gebliebenen Kater nicht an den Futternapf. Es gab wilde " Kloppereien ". Der Notruf ereilte meine bessere Hälfte über " Ebay " - Kleinanzeigen.
Als ich vor mehr 10 Jahren den Kater " Diego " dort abholte, war ich eher entsetzt über die Lebensverhältnisse in der strukturschwachen Region. Für den kleinen Kater wurde die klaglose Rückreise von Weißwasser nach Dresden eine Tour ins grüne Paradies. " Diego " hatte sich auch an die neu, die bayrische Heimat gewöhnt. Er konnte noch zwei weitere Jahre leben, ehe er - wohl altersbedingt - in meinen Händen starb.
Die letzte Mohikanerin aus Dresden war " Nele ". Nicht nur, dass sie bereits in Dresden ihren Schwanz in einer Rattenfalle, den " Ar..." in einer nahe gelegenen Kleingartenhütte aufgestellt hatten, verlor, sie musste sich hier einer teuren Zahn - Sanierung in einer Münchner Klinik unterziehen. " Nele " steckte diese locker weg. Dann verstarb sie mit zirka 13 Jahren an Nierenversagen.
Nun leben inzwischen zwei Kater bei uns. " Oskar " kam im Herbst 2019 zu uns. Er wurde uns von einer privaten " Katzenstube " in Baden - Württemberg gebracht. Im Verlaufe des letzten Monats gesellte sich Kater " Tarzan " dazu. Meine bessere Hälfte vertrat die - nachvollziehbare - Ansicht, dass der rötlich gestromte Kater nicht allein bleiben sollte.
" Tarzan " sollte aus dem fernen Spanien zu uns kommen. Die Vorbereitung dafür gestalteten sich ein wenig schwierig. In der spanischen Unterkunft gab es im Frühjahr Hochwasser, das durch ein Unwetter verursacht worden war. Der Transport des Katers verzögerte sich zunächst. Anfang Juni war es dann soweit. " Tarzan " konnte an dem von der vermittelnden Stelle im benachbarten Haimhausen zu uns kommen. Wir nahmen - mit einigen kleineren Schwierigkeiten verbunden - die Katze am Flughafengelände entgegen. Diese zeigte sich bereits da als sehr scheu, eher sehr ängstlich und entschwand nach dem Öffnen des Transportkorbs auf Nimmerwiedersehen im oben gelegenen Arbeitszimmer.
Nachdem wir für einige Tage die Tür verschlossen hatten, wurde " Tarzan " dort langsam munterer. Er wühlte in meiner juristischen Literatur herum, warf diverse Aktenordner auf den Boden und stieg bis auf den oberen Teil des Bücherregals, dass dabei zusammen sackte. Mein schon unordentlicher Schreibtisch sah nach den Exkursionen des Katers aus, als habe eine Windböe gewütet. Überall befinden sich inzwischen seine Tatzenabdrücke und am Dachfenster sind deutliche Kratzspuren zu erkennen. Doch " Tarzan " war nicht zu sehen.
Obwohl ich ihm jeden Tag neues Futter, frisches Wasser bringe sowie sein Klo säubere, macht er sich nicht bemerkbar. " Tarzan " lebt zwar bei uns, ist aber unsichtbar. Er rührt sich tagsüber nicht, wird aber in der Nacht aktiv.
So auch heute Morgen um 2.30 Uhr. Meine bessere Hälfte war wach und hörte ein deutliches Knacken in der Küche. Doch es war nicht " Tarzan ", denn der lag schlafend auf dem Gästebett. Nur, als er dabei gestört wurde, gab es einen großen Knall. " Tarzan " sprang wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett heraus gegen den Kleiderschrank und verzog sich blitzartig in die letzte Ecke des Zimmers. Es war eine einzige, beinahe fließende Bewegung, die binnen weniger Sekunden die noch auf dem Bett liegende, schlafende Katze unter das selbige trieb. " Tarzan " schien sich wie einst Dr. Richard Kimble zu fühlen. Er war auf der ständigen Flucht.
Nun hat er sich wieder oben unter dem Dachaufbau des Arbeitszimmers verkrochen und wird der Dinge harren, die dort noch auf ihm zukommen könnten. Ich habe ihm wieder frisches Wasser und Trockenfutter hingestellt. Doch das rührt er nur noch sporadisch an, denn er geht - wie sein Kumpel " Oskar "inzwischen in die Küche, wo weitere Futternäpfe stehen. Katzen sind eher selten reine Einzelgänger. Sie suchen die Gruppe und treffen sich deshalb in der Nacht, dann wenn viele Menschen längst schlafen, um die zeit bis zum Morgengrauen gemeinsam zu verbringen.
Davon ist unser " Tarzan " noch weit entfernt. Er wurde uns als anfänglich sehr scheu beschrieben. Nun, als Katzenfreund und Katzen - Kenner halte ich diese charakterliche Umschreibung als eher untertrieben. " Tarzan " dürfte eher ängstlich sein. Doch das wird sich irgendwann geben. Tiere sind keine Menschen und wenn der Mensch ein Tier in seinem Lebensumfeld aufnimmt, sollte er aber auch wissen, dass sie keine Spielzeug und kein Zeitvertreib darstellen dürfen. So übern wir uns in Geduld und warten darauf, dass der große Sprung unseres " Tarzans " dazu führt, ihn davon zu überzeugen, dass wir keine Gefahr für ihn sind.
Immerhin hat er heute Morgen die Skepsis meiner besseren Hälfte ausgeräumt, die immer wieder Zweifel hegte, ob unser vierbeinige Mitbewohner überhaupt noch existent ist. Mir war indes klar, dass eine scheue Katze nicht von dem Ort geht, an dem sie Futter erhält. Katzen sind von der Natur aus eher zurück haltend, aber dennoch neugierig. Deshalb wird " Tarzan " nicht den großen Sprung wagen und sein neues Zuhause verlassen. Noch nicht!
AL STEWART - On The Border - Year Of The Cat - 1976:
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