Die Wiederkehr des " Dachlatten " - Holger
Wir sind Zugezogene; unsere Bekannte nicht. Sie ist in einer kleineren Gemeinde auf einem Bauernhof in Oberbayern geboren und wohnt jetzt in Landshut, einer Stadt in Niederbayern.
Soweit, so gut. Oder auch schlecht?
Als wir uns gestern bei einem Stück selbst gebackenen Käsekuchen auch über Politik. Ein durchaus heikler Bereich, denn es ergaben sich innerhalb des eher lockeren Gesprächs einige Unterschiede bei den geäußerten Meinungen. Was auch daran lag, dass der Bruder der Bekannten AfD - Fan ist. Nun, ja, damit hat er sich nicht sofort eine Seuche, wie die Pest, Cholera oder Syphilis eingefangen. Die Landbevölkerung ist eher apolitisch, weil die eigene Sozialisation hier keine fundierten Kenntnisse dazu ermöglicht hat. Oder, um es einfacher auszudrücken, sie werden dumm gehalten.
In diesem Zusammenhang steht denn auch der gestrige Ausspruch unserer Bekannten, den sie zweifelsohne von ihrem AfD - Bruder übernommen haben muss und der da lautete: " Wenn wir die Beamten und Angestellten in den Verwaltungen wegen ihrer AfD - Parteizugehörigkeit raus werfen, gibt es bald keine mehr, denn da will ja keiner mehr arbeiten. "
Das mag für weite Teile des Freistaats Bayern zutreffen, bei den übrigen Bundesländern wäre ich mir da nicht so sicher.
Wir widersprachen der Bekannten daraufhin. Nö, wer rechtsradikal ist, hat im Öffentlichen Dienst nichts verloren. Oder etwa nicht?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der Radikalenerlass, den die damalige Bundesregierung in Bonn zu Beginn der 1970er Jahre verabschieden ließ, für hitzige Debatten in der Gesellschaft sorgte. Nach dem Willen des Bundes und der Länder sollte jener Extremistenbeschluss verhindern, dass staatliche Institutionen durch Mitarbeiter aus dem damals starken linken Spektrum " unterwandert " werden. So musste der Bewerber nachweisen, dass er jederzeit für die " Freiheitlich Demokratische Grundordnung ( FDGO ) " eintritt. Die " FDGO " ein Konstrukt, das das konservativ ausgerichtete Bundesverfassungsgericht entwickelte, um eben " demokratiefeindliche " Parteien oder dementsprechend ausgerichtete Gruppierung von der Teilnahme an den politischen Meinungsbildungsprozessen auszuschließen und später dann auch Mitglieder oder Anhänger solcher Zusammenschlüsse aus dem Staatsdienst zu verbannen.
Die ständige Rechtsprechung dieses Gerichts erweiterte, ergänzte und konkretisierte den " FDGO " - Begriff im Verlaufe der folgenden Dekaden.
Nachdem nun der Bundesverfassungsschutz in einer Expertise die AfD als " gesichert rechtsextrem " qualifiziert hat, stellt sich natürlich die Frage, ob hieraus Zweifel an der Verfassungstreue ihrer Mitglieder und Anhänger hergeleitet werden können. Will heißen: Ist ein gegen Ausländer hetzender Mitarbeiter und AfD - Freund im Staatsdienst noch tragbar?
Im Sprech von Radio Eriwan könnte die Antwort lauten: " Im Prinzip; nein! " Was im Umkehrschluss bedeuten könnte, dass AfDler in Staatsdienst nichts zu suchen haben.
Was allerdings bei der gesamten öffentlich geführten Auseinandersetzung rund um die AfD nicht zu zu hören und zu lesen ist, nämlich wann und wie eine Überprüfung oder Gesinnungsprüfung von AfDlern erfolgen soll. In Analogie zur ausgeübten Praxis bei der Umsetzung des " Radikalenerlasses " von 1972 in Gestalt von Fragenbogen, eines Prüfausschusses oder mittels eines informellen Bespitzelungssystems, wie es die Verfassungsschutzorgane tagtäglich praktizieren? Einst gingen Gegner jener " Gesinnungsschnüffelei " auf die Barrikaden. Nachdem sich der dadurch entstandene Rauch von den Straßen verzogen hatte, blieb es für viele Jahre bei der als " Regelanfrage " bezeichneten Schnüffelpraxis, die allerdings nicht bundeseinheitlich ausfiel. Besonders konsequent wurde sie in Bayern ( warum wundert es mich nicht? ), Baden - Württemberg ( die Spätzle - Fresser waren da aufgrund ihre verspießten Lebensweise gegenüber Andersdenkenden sehr konsequent ) umgesetzt.
13 Jahre nach dem Inkrafttreten dieser mehr als umstrittenen Maßnahmen zur vermeintlichen Abwehr von Verfassungsfeinden in dem Öffentlichen Dienst, stellte zunächst das Saarland, zuletzt ( 1991 ) der Freistaat Bayern das Regelanfrageverfahren bei Bewerbern ein.
Da dieser sich mit der zunehmende Privatisierung von Post, Bahn sowie in Bereichen weiterer hoheitlicher Aufgaben unisono obsolet geworden wäre, hätte die Schnüffelpraxis eh die angeblichen Demokratiefeinde nicht mehr davon abhalten können, in derartige Berufe einsteigen zu können. Zu einem gewissen Teil saßen die einstigen, widerborstigen " Linken " längst in den Institutionen und ließen sich von Papa Staat versorgen.
Nun wollen diese und deren eigene Kinder , aus den eigenen Erfahrungen heraus, den rechtsradikalen AfDlern den uneingeschränkten Zugang zu Versorgungsinstitutionen des hiesigen Gemeinwesens verweigern. Gesinnungsschnüffelei gegen Rechtsradikale? Ein nicht probates Mittel, wie es die Dekaden nach der Einführung des Radikalenerlasses gezeigt haben. Was soll einen in den warmen Schoss des Übervaters Staat treibenden Bewerber daran hindern, seine faschistoide Gesinnung so zu verdecken, dass es nach außen hin als Wolf im Schafspelz aussieht? Rassismus als tradiert eingesetztes Element des Faschismus ist zwar kein, nur der AfD immanenter Bestandteil der Deutschtümelei, sondern in der Gesamtbevölkerung tief verwurzelt, aber das dieser sich in einer als durchaus Ernst zu nehmenden Partei etabliert hat, dürfte nach 1972 neu sein.
Während die SPD in der Zeit danach es bestens verstanden hat, die Ansätze linke Ideologie innerhalb der Partei so zu kanalisieren, dass sie nach außen hin keine nennenswerten Schäden anrichten konnte, hat sich das braune Gedankengut sukzessive verselbständigt und marodierte in diversen Ausprägungen herum; vor allem in den Köpfen der Menschen, die nach den 1990ern mit der Wiedervereinigung sozial Abgehängten. Und hier in dem bestehenden gesellschaftlichen Umfeld jenseits der Parteien.. Die Neofaschisten als kriminell agierende Minderheit konnte weder die NPD, noch die Republikaner integrieren. Schon gar nicht, die sich zunehmend liberaler zeigende CDU / CSU.
Die AfD indes gibt diesen Verblendeten eine politische Heimat. Da ihre, jetzt vor Kraft beinahe nicht mehr laufen könnenden Abgeordneten und Parteimitglieder über die Sozialen Medien ihre auf Hass, Ausgrenzung und Lügen basierende Propagandaarbeit ungehindert fortsetzen dürfen, kommt es zu solchen Auswüchsen, wie diesen:
Minderjährige und Heranwachsende als mutmaßliche Rechtsterroristen? Wer hat da versagt? Das Elternhaus? Ja! Die Schule? Nein! Die Gesellschaft als Ganzes? Ja!
Einst gab es Radikale aus dem linksgerichteten Spektrum, die ähnliche Bestrebungen in die tat umsetzten. Die RAF verschwand dann irgendwann aus dem Sichtfeld der Öffentlichkeit. Sie war indes nie eine Partei und wurde von Parteien auch nicht hofiert. Ganz im Gegenteil. Ihre Anhänger aus dem so genannten linken Spektrum wurden in der westdeutschen Gesellschaft nie akzeptiert. Das lag nicht nur, aber größtenteils an der in dieser Zeit noch herum wabernden konservativen bis rechten Gesinnung vieler Politiker in den bürgerlichen Parteien.
So kam es nicht von ungefähr, dass der einstige hessische Ministerpräsident Holger Börner sich zu den gewalttätigen Auseinandersetzung rund um die Bauarbeiten zur Frankfurter Flughafen " Startbahn West " sich sinngemäß dahingehend äußerte, dass dieses zu seiner Zeit als Bauarbeiter mittels einer Dachlatte beantwortet und erledigt worden wäre.
Nun, ja, Dachlatten sind heutzutage ein teures Material. Weshalb ein kräftiger Tritt in den Allerwertesten der Berufshetzer von der AfD und eine schallende Ohrfeige für die fehlgeleiteten Minderjährigen aus deren Gesinnungsumfeld effektiver wären.
ROINE STOLT - Remember - Wallstreet Vodoo - 2005:
ROINE STOLT - The Sounds Of Violence - The Flower King - 1993:
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