Reklame schreit!


Zu den Grundkenntnissen einer kaufmännischen Ausbildung zählen neben dem Beherrschen der Doppelte Buchführung, der Mathematik, auch jene im Marketingbereich. Was längst unter diesem Begriff als Selbstverständliches subsumiert wird, nämlich die Print-Werbung, gehört für den potenziellen Kunden zu den tagtäglichen Ärgernissen. Eine Flut von Wurfsendungen, Beilagen und Broschüren, Katalogen, Faltblättern oder Flyern prasselt in den dann völlig überfüllten Briefkasten hinein. Ungelesen dienen diese unerwünschten Sendungen, meisten von Mini-Jobbern, Aushilfen oder Renten-Aufstockern verteilt, als billiges Brennmaterial, werden aber - nach Straßenzügen geordnet - dennoch flächendeckend einfach eingeworfen.

Als ich am Samstag in der letzten Woche die Post aus dem Briefkasten heraus holen wollte, bekam ich das Blechding einfach nicht richtig auf. Grund dafür war ein Konvolut an Werbedrucksachen, die ich mühsam aus dem Behältnis heraus zerrte. Diesen Stapel legte ich umgehend auf den Schreibtisch, um später dokumentieren zu können, mit welcher verschwenderischen Vielfalt der Konsument angelockt und später zur Kasse gebeten werden soll.
Zu der Garde der Papierflutverursacher gehörten:

a) Kaufland,das zur Schwarz-Gruppe zählt und zusammen mit Lidl einen astronomischen Jahresumsatz von mehr als 60 Milliarden Euro verzeichnet; sich hier mittels einer "Sonderausgabe" bei dem kaufwütigen Konsumenten einschleimen möchte. Werbeslogan: " Gutes kann so billig sein!". Sagt an! Billiger gehts aber dennoch.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kaufland

b) Edeka, der Discounter mit dem FDP-farbigen Logo und dem Hang zur Selbstüberschätzung.Ist jedoch nach Übernahme der SPAR-Handelskette der größte Anbieter in der BRD. Ein Zusammenschluss von vielen Einzelhändlern im Rahmen einer Genossenschaft bildete einst die Marktgrundlage. Heute glänzen die Edeka-Filialen innerhalb der regionalen Bereiche durch gute, aber nicht billigere Ware. ( Slogan von damals: Der kluge Kunde kauft bei Edeka ). Inzwischen hat der Gigant die Netto -, die Plus - Ketten geschluckt und zeigt sich für andere Märkte ebenfalls verantwortlich. Das bunte Faltblatt bietet Waren für das E-Center im Dresdner Hofbräuhaus an.

http://de.wikipedia.org/wiki/Edeka

c)LIDL, kann billig sein. Die im süddeutschen Neckarsulm ansässige Hauptverwaltung bietet seit 1930 Lebensmittel an und expandierte seit den 90er Jahren europaweit. LIDL unterhält mehr als 8.000 Filialen. Das Haus Schwarz tat sich allerdings auch als Ausbeuter, Lohndrücker und Ignorant von Arbeitnehmerrechten hervor. Billig ist es in den Geschäften alle Male. Slogan: " LIDL lohnt sich. " Na, gut, die Massenwaren sind häufig noch reduziert und so manches Schnäppchen lässt sich dort mit Non-Food-Artikel auf schießen. Wäre da nicht die Mitarbeiter-Knechtschaftsmetalität der Spätzles in Baden-Württemberg. LIDL preist hier eine XXL-Woche an; das heißt: einige waren sind weiter reduziert!

http://de.wikipedia.org/wiki/Lidl

d) Es folgt: Natürlich ALDI. Nachdem die Brüder Theo und Karl Albrecht in Herten / NRW ihre Billig-Markt -Idee sukzessive umsetzen konnten, galten die ALDI-Märkte lange Zeit als Garant für Niedrigpreise. Erzielt werden diese durch eine straffe Organisation, Lohndumping, Hersteller-Preisdrückerei und Kostenkontrolle bis in die letzte Ritze. Die in ALDI-Nord und ALDI-Süd aufgeteile BRD dankte es den Milliardären bis weit in die 90er Jahre durch exorbitante Umsatzzuwächse. ALDI ist nach wie vor als Billigheimer bei dem Verbraucher hoch im Kurs. ALDI aktuelle offeriert in dem Werbeheftchen so genannten "Adventskaffee " der Hausmarke " Markus ", Trinkschokolade der Marke " Combo " und Butter-Stollen der Marke " Reichsgraf " ( Na,ja, ein seltsamer Name für einen Produzenten ). Meine persönliche Erfahrung sagt mir nach dem ich ab den Endsiebzigern bis weit in die 90er den ALDI-Fraß genossen habe: Finger weg! Schmeckt nicht! Slogan: " Qualität ganz oben - Preis ganz unten. Wer´s glaubt, wird selig!

http://de.wikipedia.org/wiki/Aldi

e) Mit dem Aufmacher 44 Jahre ( 1967 - 2011 ). Grosser Jubiläumsverkauf ab Montag, dem 28. November, 9.00 Uhr preist ein Billigheimer mit dem Namen Wreesamnn seine Produkte in einem dünn-blättrigen Heft an. Wreesmaan  hat seinen Hauptsitz im tiefsten Ostfriesland, nämlich in Ostrhauderfehn. Mitte der 80er Jahre expandierte der Gründer Rolf Wreesmann im norddeutschen Raum und eröffnete auch in anderen Bundesländern, so in Sachsen, weitere Häuser. Die als Aktionshaus geführten Geschäfte sind spartanisch eingerichtet und offerieren "Sonderposten". Das sind Waren, die wegen Lieferverzugs oder Insolvenzen oder als Versicherungsschaden dort angeboten werden. Hier kann durchaus mal ein Schnäppchen gemacht weren. Doch auch hier gilt: Preise vergleichen, denn nicht überall wo billig drauf steht, ist auch billig drin. Wer auf den guten Geschmack und funktionierende Technik nicht so viel wert legt, ist hier gut aufgehoben. Slogan aktuell: 44 Jahre Wreesmann. Eine Schnapszahl eben, denn getrunken wird in Ostfriesland viel und nicht nur leckerer Tee!

http://www.wreesmann.com/aktionshaus/index.htm


f) Auch das Dänische Bettenlager gibt sich die Ehre und offeriert in einem Prospekt ein " Mega-Spar-Aktion ". Sicherlich sind die Filialen in der ganzen BRD immer für einen Preisknüller gut. Ob nun Möbel, Matratzen oder sonstige Haushaltsartikel, hier gibt es eine günstige Angebote. Na, wer den "Weihnachtswichtel" auf der ersten Seite für 14,95 ( vorheriger Preis stolze 29,95 ) benötigt, dürfte in den Sternen stehen. Die leuchten besonders jetzt, in der Vorweihnachtszeit besonders hell. Auch dort gilt: Preise vergleichen!

http://www.daenischesbettenlager.de/

g) Wie sollte es auch anders sein? Der Billig-Textil - Anbieter KiK gibt seinen Senf auch dazu. " Kleider clever kaufen ", so lautet der Slogan. Unter " Kunde ist König " gibt sich der Ausbeuter-Discounter immer wieder den Anstrich eines sozialen Unternehmens. Die nicht soziale Verena Pooth, geborene Feldbusch, rührt für den Globalplayer in Sachen Lohndrückerei ordentlich die Werbetrommel. Sie wird dafür keine 1, 50 € je Stunde erhalten, so wie die Textilarbeiterinnen und Näherinnen in Bangladesh. Das Kik nicht die feine englische Art im Umgang mit den Mitarbeiterinnen in den Kloaken des Drittweltlandes zeigt, wurde ja schon vielfach berichtet.  Nun präsentiert sich der Knechtschaftskonzern als Wohltäter für Kinderwünsche zu Weihnachten. Bauklötze, Holzpuzzles und wiehernd - galoppierende Spielzeugpferde gibt es jetzt. Billig natürlich! Auf Kosten der Dritten Welt im dritten Jahrtausend der christlichen Zeitrechnung. Zum Abgewöhnen!

http://de.wikipedia.org/wiki/KiK

h) Und weiter geht´s im bunten Reigen des Werbemülls. " Baby1One", die großen Babyfachmärkte. Slogan: " ... von Anfang an! " Nun gut, aus der Vermehrungsschlacht habe ich mich seit mehr als 20 Jahren verabschiedet.Interessant könnte es dennoch werden, schließlich sind drei Enkel auf der großen weiten Welt. Da findet sich neben allerlei Spielzeug - auch ein Bobby Car für satte 40,-- € ist darunter -, einigen Artikel für das Wohlergehens des Sprösslings, auch eine ganze Palette an Buggys und Kinderwagen. Tolle High-Tech-Gefährte zu astronomischen Preisen zwischen 250,-- € bis 600,-- €. Schön ist es auf der Welt zu sein! Ach ja, die Fachmärkte für jene geringer werdende Bevölkerungsgruppe gibt 80 Mal in der BRD.

http://www.babyone.de/

i) Auch der nächste Werbende, ein Anbieter mit dm viel sagenden Namen " travel free ", kommt mir nicht bekannt vor. Unter dem Werbeslogan: " Preise hart an der Grenze ", offeriert dieser "Melitta" - Kaffee der Sorte " Auslese " und " harmonie " zu je 2,99 € das Pfund. Gemahlen, versteht sich. Auch das griechische Dauerkrisengetränk " Metaxa " gibt es im Angebot. 1 Liter des Gesöffs kosten hier 13,99 €.. Weitere hochprozentige Namen stehen auf den Innenseiten des Werbeheftchens. Für die vorweihnachtlich einzustimmende Säuferseele einige durchaus akzeptable Offerten. Wer aber ist dieser Shop nun wirklich? Ein weiterer Blick auf das bunte Papier öffnete mir die Augen. " www.travel-free.cz ". Aha, aja, Tschechische Republik also. Auch wenn dort längst nicht mehr alles billiger ist, so scheine diese Angebote doch verlockend zu sein. Allerdings nur für jene möglichen Kunden, die grenznah wohnen, denn bei den jetzigen Benzinpreisen lohnt sich eine Einkaufsfahrt in das Nachbarland nicht.

http://www.travel-free.cz/de/home-page/

j) Nach dem Exoten, folgt ein Altbekannter. "Netto" zeigt auch die Weihnachtsmannmütze und preist niedrige Preise an. Unter dem Slogan: " Lass Dich überraschen " hat der rot-gelbe Discounter eine Vielzahl von Lebensmittel herunter gesetzt. Schweineschnitzel für 2,66 € das Pfund, "Eduscho "-Kaffee der Sorte " Gala " für 3,99 das Pfund und auch spanische Salatgurken ( EHEC-frei, versteht sich ) gibt es für 0,44 € / Stück. Dann kann der Kunde bei der "Kerry "-Gold, der irischen Butter, auch noch an einem Gewinnspiel teilnehmen, bei dem es 3 Irland-reisen für 8 Tage incl. Flug und HP zu verlosen gibt. Immerhin, so ein Aufenthalt im Krisen geschüttelten Inselstaat ist sehr empfehlenswert. Über 20 Seiten folgt ein Preis-Knüller nach dem anderen. Immer am Limit zur verbotswidrigen Einstandspreisunterschreitung. Holla, bald ist Weihnachten! Der Marken-Discounter aus dem bayrischen Städtchen Maxhütte gibt sich alle Mühe, um der Mama " EDEKA " zu gefallen. Das Umsatzergebnis von 10 Milliarden Euro ist auch nicht von Pappe.

http://de.wikipedia.org/wiki/Netto_Marken-Discount

Der rot-gelben Gefahr für den Geldbeutel folgt die rot-blaue Variante mit dem Namen " real ". Sinniger Slogan: " Einmal hin. Alles drin ".Da schauen wir doch mal, ob das auch der Wahrheit entspricht? Gleich auf der ersten Seite wird ein " Knaller-Preis " reklamiert: 3 -kg-Netz spanische Orangen für 1,99 €! Na, wenn das keine Finanzhilfe für das notleidende EU-Mitglied darstellt. Auch Kaffee ist im Angebot. Reduziert, natürlich. " Onko " und " Idee " heißen die Marken. Das Pfund je 3,69 €. Neben einer Unzahl von Käse - und Wurstsorten, einer Reihe von Dickmachern, wie "Pringles "Schokoladen-Weihnachtsmännern und Biersorten, gibt es auch Katzenfutter der Marke " Felix " im Angebot. Der Werbekater sieht genauso aus wie unserer; nur bevorzugt der "Kitekat" und " Schnucki " vom ALDI!

.Auf 40 Seiten kredenzt uns der "Metro"-Ableger die ganze Palette an Lebensmittelwahn und Non-Food-Artikeln. Die Werbetrommel zu rühren lohnt sich auch hier. Die " real"-Kette hat 11,3 Milliarden Euro in 2010 umgesetzt.


http://de.wikipedia.org/wiki/Real_SB-Warenhaus

j) Als vorletztes Reklameheftchen findet sich jenes von AWG. Häh? Wer ist das denn schon wieder. Unter dem Slogan: " Alle Werden Glücklich ",zeigen sich auf den 24 Seiten nicht mehr ganz tau-frische, jedoch durchaus attraktive Damen im Wintermoden-Chic. geleckte Männer präsentieren dannn Ski-Mode - und Winter-Look und Kinder zeigen Markenklamotten von Tom Tailor. Ansonsten ist das Heft bieder aufgemacht. Der Repräsentant der Bekleidungsware und mehr kommt ja auch aus Baden-Württemberg. Unter AWG Mode Center in Köngen findet sich denn auch:

http://www.awg-mode.de/

so mancher Tinnef, den der Mensch außerhalb des Spätzle-Ländle nicht braucht.

k) Jetzt habe ich es geschafft, den Papierwust zu durchforsten. Zum Schluss bietet eine Firma " Apel Bauelemente " im tiefsten Vorwinter so genannte " Infrarotwärmeartikel " an. Unter den Schlagwort " Infrarotwärmeinsel " kann der Interessierte neben Kabine und Sauna auch noch Wintergarten,Terrassendach und Whirlpool erwerben. Die Preise wurden hier vorsorglich nicht angegeben. Und da es noch kein Winterwetter gegeben hat, lege ich die erwärmenden Angebote zusammen mit dem übrigen Schmot dorthin, wo sie gut aufgehoben sind: In den neben stehenden Papierkorb, der nach Entleerung, dann frei ist für den nächsten Schwung an unangeforderten Reklame-Drucksachen. Jede Woche mindestens zwei mal wird  der Papierflut mittels der kostenfreien Papiertonne der Garaus gemacht. Ungelesen hinein geworfen und ohne Hoffnung, dass auch der Jobber es versteht, dass ein roter Aufkleber " Keine Werbung (Reklame)!" eben un mal bedeutet: Reklame unerwünscht, wird sich de Blaue Tonne schnell mit dem Altpapier füllen.
Wenn diese noch ein letztes Mal im Dezember entleert und dann im Januar wieder prall gefüllt unter die Fittiche der Stadt Dresden gerät, so entsteht damit ein kleiner Beitrag zum Abbau der hauseigenen Schuldenkrise. Altpapier ist ein Rohstoff und wird teuer.

Das die Reklame-Heftchen recycelt werden könne, macht sie dennoch nicht sympathischer, denn Reklame schreit!

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Schild "keine Werbeprospekte" am Briefkasten. Keine Werbeprospekte.
Lobster53 hat gesagt…
Hmmh, gute Idee, die mehrfach schon umgestzt wurde. Leider ignorieren es die Laufbuschen ständig. Na, ja, vielleicht klage ich mal gegen Aldi,Kaufland & Co.
Schönes WE und 1:0 für uns!!!!!

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