Lass mich dein Pirat sein.


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Als " SPIEGEL " - Leser seit 1974 und Abonnent seit 1982, durfte ich viele Skandale, die dieses Land und ihre selbst ernannten Eliten in dem Zeitraum produziert haben, meist mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch, miterleben. Ob nun die Atom-Mafia, die ihren abtrünnigen Sohn, den Wissenschaftler Klaus Traube, systematisch bespitzeln ließ, der aufgedeckte Sumpf rund um die gewerkschaftseigenen Unternehmen " Neue Heimat ", was zur Verhaftung des fetten DGB-Bonzen Alfons Lappas führte oder der Parteispendenapparat rund um den Flick-Konzern und den " Bimbes " - Kanzler Kohl, sie und noch viel mehr, verdeutlichten, dass die Vierte Gewalt im Staat noch funktioniert.
Natürlich gab es auch ungezählte Artikel, über dessen Inhalte eher und möglichst sehr rasch der Schwamm drüber gezogen werden muss, weil sie hanebüchener Quatsch mit Soße waren.

Nach dem der Herausgeber des Hamburger Nachrichtenmagazins am 7. November 2002 verstarb, erfuhr sein Ziehkind sukzessive eine Wandlung. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Fakt ist allerdings: Die Qualität der Berichterstattung ließ lesbar nach. Unter der Regie des Chefredakteurs Stefan Aust, der 14 Jahre lang verantwortlich tätig war, verkam das Nachrichtenmagazin zunehmend zu einer Beliebigkeitspostille. Statt kritischem, investigativen Journalismus erhielt der Leser für immer mehr Geld ständig mehr Schund geliefert.
Im Jahre 2008 zog die Belegschaft die Notbremse. Zumal der Aust´sche Führungsstil dem eines Gutsheren glich und der Eigentümer eines Privatgestüts in Niedersachsen seine persönlichen Interessen mit der Berichterstattung zur Energiepolitik ( Windkraft ) verschmolz, um damit eine Kampagne gegen den Ausbau von Windkraftparks zu schüren.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Aust

Nach seinem gut dotierten Abgang ( Insider sprechen von 4 Millionen Euro Abfindung ) verbesserte sich die Qualität der Berichterstattung erheblich.

In einem Konzern, wie es " Der SPIEGEL " zweifelsohne ist, herrscht Pluralität. Es sollte eben keine Einheitsmeinung geben und schon gar keinen von " Oben " oktroyierten Stil der Berichterstattung. Darauf hat der " SPIEGEL "-Gründer zu Lebzeiten gesteigerten Wert gelegt. Wohl auch deshalb, weil er in den Gründerjahren, in denen die drei Westalliierten das Zepter schwangen, selbst erfahren musste, was es heisst, einer Zensur unterworfen zu sein. Aber vor allem auch deswegen, weil Rudolf Augstein wegen einer vermeintlichen Straftat, nämlich die des Landesverrates gemäss § 94 Strafgesetzbuch über 100 Tage in Untersuchungshaft saß.
" Die SPIEGEL " - Affäre ging in die BRD-Historie ein, weil das Adenauer-Deutschland kritische Berichterstattung verhindert wollte und die Alt-Faschisten überall das Sagen hatten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Spiegel-Aff%C3%A4re

Nun, das ist sehr lange her. Damals, nämlich 1962 hatte ich von alledem keine Ahnung. Ich war noch zu jung, als dass mich Politik interessieren konnte. Einige Jahre später war ich für eine Schülerzeitung, die an der damaligen Volksschule in Heeßen unter dem Titel " Das Fenster " heraus gegeben wurde, aktiv. Wir standen kurz vor unserer Schulentlassung. Mit der 9. Klasse war Schluss. Viele von uns erhielten das Abschlusszeugnis, mit dem die Pflicht einher ging, sich um eine Lehrstelle zu bewerben. 1969 gab es davon genug. Mit Beginn der Ausbildung am 1. April 1969 verschwand auch mein Interesse an dem Hobby-Journalismus. Es fehlte mir aber auch die Zeit dafür. Morgens ab 6.30 Uhr war die Nacht zu Ende. Entweder klingelte ein überdimensionierter Wecker oder die um Pünktlichkeit besorgte Mutter stand in der Zimmertür.
Nach dem Waschen wurde gefrühstückt. Mindestens eine Viertelstunde lang. Man ging nicht mit leerem Magen zur Arbeit, weil man dann nicht arbeiten konnte. Gleiches gilt für die Ausbildung.

Ab viertel nach sieben fuhr ich mit dem Fahrrad, dass ich mir selbst erspart und auch gekauft hatte in Richtung der Bundesstraße. Nach 7 Kilometer hatte ich den Ausbildungsbetrieb erreicht. Um viertel nach sechs war nach 9 Stunden, einschließlich 1 Stunde Mittagspause, der Tag beendet. Gegen 18.45 Uhr konnte ich das Fahrrad in die Garage schieben. So war das damals eben bei vielen meiner Schulkollegen und Azubis.
Mehr als 10 Jahre später fuhren die Damen und Herren Auszubildenden häufig mit dem eigenen Auto zur Ausbildungsstätte und bei der Berufsschule vor. Weitere 10 Jahre darauf waren es bereits Schüler der oberen Klassen der allgemein bildenden Schulen und Studenten, die sich entweder zur Schule fahren ließen oder mit dem eigenen oder Papa´ s PKW die Bildungseinrichtungen aufsuchten. In der Neuzeit ab den Millenniumsjahren sind es die Erst - bis Viertklässler, die sich zum überwiegenden Teil mit Nobelkarossen zur Grundschule vorfahren lassen und das möglichst so, das der Einzelsproß ja nicht einen Schritt zu viel laufen muss ( es könnte ja etwas passieren! ).

Zu der Genration der Wohlstandsbubis der 80er Jahre zählt der 1962 geborene " SPIEGEL "-Redakteur Jan Fleischhauer. Aufgewachsen in einem bürgerlichen Elternhaus in Hamburg, fehlte es ihm materiell besehen, an nichts. Die Eltern zeigten sich als links-liberal, als Sozialdemokraten, die den Spross nach den Grundwerten der 68er - Generation erzogen.
Fleischhauer mutierte viele Jahre später zum Konservativen und ließ dieses in vielen Artikeln, die er für das Hamburger Nachrichtenmagazin schrieb auch durch blicken.
So behauptete er allen Ernstes, dass die " Wende ", die " Wiedervereinigung " in seinen Augen nicht erforderlich war, weil es " uns " gut gegangen sei.

Wenn ein damals 27jähriger junger Mann diese Hypothese im Nachhinein aufstellt, dann muss irgendetwas in seiner Erziehung falsch gelaufen sein. Folgerichtig wettert denn Fleischhauer in seinem Traktat " Unter Linken " gegen jene ihm einst zuteil gekommene Erziehung der sozialdemokratisch eingestellten Mutter.
Dieser Mutterkomplex zieht sich auch durch die Artikel des Fleischhauer.

Sein kürzlich, nämlich in der aktuellen Ausgabe des " SPIEGEL " veröffentlichte Pamphlet befasst sich mit einer neuen Varainte des Linksspießertums, die von der " Piratenpartei " öffentlich ausgelebt wird.
Fleischhauer, zu den Hochzeiten der 68er, der angeblichen Studentenrevolte in dem prä-faschistoiden Westdeutschland, zählte erst das zarte Alter von 6 Jahren. Er wird wohl kaum jene Ereignisse von damals bewusst mit bekommen haben. So muss er sich seine vorhandenen Kenntnisse wohl angelesen haben. Fragt sich nur wo?
Sicherlich nicht bei Campanellas, dessen " Sonnenstaat " - Vision ihn schon in seinem Anti-Linken - Buch erzürnte.

So plärrt denn der schwer links-geschädigte Jan gleich los:
" Als sich die Kommunarden der deutschen Revolution von 1968 dranmachten, den neuen Menschen zu schaffen, hängten sie erst einmal die Klotüren aus und verboten geheime Gedanken... ".
Das mag ja sein, dass sie die WG-Räumlichkeiten als öffentlichen Raum verstanden haben wollten, nur wie sollte denn das Verbot eigene Gedanken umgesetzt worden sein.

Das provozierende Gewäsch des Fleischhauer hat ja einen realen Hintergrund: Es soll eben jene " Linksspießer " hinter dem warmen Ofen der eingerichteten Bürgerlichkeit hervor holen und sie wie geprügelte Hunde aufheulen lassen. So möchte es der Straßenköter Fleischhauer gerne. Leider gibt es diese " Linken " von einst, in der Reinform der 68er ff - Jahre nicht mehr.
Also schafft sich  ein eigenes Feindbild links von der Mitte und so schnüffelt Canidae Jan F. im Unrat anderer Parteien herum und wird - wer hätte es gedacht - bei der " Piratenpartei " sofort fündig.

Die propagieren ja das offene, das unzensierte Internet und fordern mit kollektivistischer Penetranz, die Barrierefreiheit des Word Wide Web, ohne staatliche Eingriffen eben. Dabei soll doch der Staat auch bei den Konservativen, zu den sich Fleischhauer selbst zählt, nur moderierende Funktionen ausüben, wenn es um die mediale Öffentlichkeit geht. Was also unterscheidet Fleischhauer nun von den - für ihn linken - " Piratenpartei " -  Mitglieder? Einiges! Wertkonservative setzen auf die freien Kräfte des Marktes, der im ökonomischen Sinne über Angebot und Nachfrage dann den Preis regelt, für den eine Ware zu erhalten ist. Der Staat als Überbau erhält auch hier nur eine Nachtwächterfunktion. Bricht ein Marktsegment zusammen, soll er regelnd eingreifen.
Bezogen auf das Internet, soll demnach das erlaubt sein, was Geld bringt und das verboten werden, was ohne Geld erhältlich ist, weil es kopiert und entgeltfrei zur Verfügung gestellt wird.

Dann zieht Fleischhauer noch über die basisdemokratischen Abläufe innerhalb der " Piratenpartei " zu Felde. Diese funktionieren nach dem Grundsatz: " Der Einzelne ist nichts, das Kollektiv ist alles "!
Deshalb stehen die Mitglieder dieser Partei auch für die Aufhebung des Datenschutzes ein. In diesem Zusammenhang behauptet Fleischhauer, dass eben jene - für ihn durchaus nach vollziehbare Forderung - eher ein Relikt aus den wüsten Zeiten der staatlichen Schnüffelpraxis sei und da die Gegner dieser Politik inzwischen selbst an den Schalthebeln der staatlichen Einrichtungen stehen, sei diese Forderung der " Piratenpartei " dahingehend zu verstehen, das der Datenschutz nicht mehr erforderlich sei, denn die Datenschützer und Staatskritiker von einst seien nun so weit in ihrer eigenen Einflussnahme, dass sie sich quasi vor sich selbst schützen würden.

Mensch, Jan, wer sagt denn so etwas? Die repressiven Staatsorgane sind immer noch repressiv, weil sie nach wie vor ( wie in Dresden geschehen ) mehr als 1 Millionen Funkzellenverbindungsdaten abgleichen lassen, um gegen vermeintliche Straftäter vorzugehen. Würde der Datenschutz wirklich vorhanden sein, wäre so eine rechtswidrige Aktion überhaupt nicht möglich.

Last but not least wettert Fleischhauer gegen die Definition des Eigentumsbegriffes in der " Piratenpartei ". Dass gerade diese Forderung, nämlich auf Einschränkung und Abschaffung desselben, einem Rechten nicht passt und bei diesem die Galle hoch kommen lässt, ist doch sonnenklar. Wäre das Eigentum abgeschafft, gäbe es keine Milliardäre, keine Millionäre und keine Lügner wie Wulff, der nur die Moneten im wohl frisierten, grau - melierten und jetzt nicht mehr Rodenstock - Design bebrillten Kinnskopf hat. Dann gäbe es auch keine Kettenhunde a´la Fleischhauer mehr, der über die Programmpunkte der angeblich linken " Piratenpartei " kläfft und wahrheitswidrig behauptet:
" Wie jede Jugendbewegung profitiert der Netzprotest von der Vermutung, dass ihm die Zukunft gehöre. Niemand lässt sich gerne nachsagen, er habe den Anschluss verpasst; das gilt erst recht für Leute, die nicht mehr die Jüngsten sind. Der Schwung des Neuen ist immer noch ein unbestechliches Argument, sich hinter eine Sache zu klemmen, selbst wenn man sie nur zur Hälfte versteht. Wer genauer hinsieht, muss allerdings feststellen, dass vieles von dem, was jetzt als neu verkauft wird, vor über 40 Jahren schon einmal erdacht und erprobt wurde, damals nur sehr viel gründlicher. Man kann gegen die 68er sagen, was man will: In der Theorieproduktion waren sie den Netz-Epigonen haushoch überlegen. Aber die Protagonisten dieses revolutionären Aufbruchs mussten trotz ihrer Gruppenpflichten auch nicht dauernd ihre Verbundenheit mit dem Kollektiv über Handy und iPod dokumentieren. "

Die " Piratenpartei " hat mit den 68er-Protagonisten soviel gemein, wie die Fleischhauer´schen Ergüsse mit dem Anspruch des " SPIEGEL " auf  investigativen und kritischen Journalismus. Das einst zu Zeiten der Altfaschisten und Antidemokraten in der CDU/CSU und den vielen Ämtern als " Linkspresse " denunziert wurde, nämlich Printprodukte wie auch der " STERN ", " DIE Zeit " und " DER SPIEGEL " sind längst zu üblichen Informationsquelle eingeschliffen worden; weshalb der Leser auch derartigen Dünnpfiff, wie er von den Fleischhauers, Deggerichs und Mattuseks verzapft wird, in den wöchentlichen Ausgaben des neuen ,Redaktionshauses in Hamburg lesen und zuvor mit bezahlen muss. Weil eben nicht alle  Pirat sein wollen.

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