Wulff + Vuvuzela macht Wulffuzela!




Der gemeine Berliner, also der echte, der waschechte Berliner, nicht der Zugezogene aus den Alten und Neuen Bundesländern, hat ein feines Gespür dafür, wann es endlich gut ist mit der Verarscherei. Wenn er sich hinters Licht gestellt fühlt, er sich hintergangen wähnt oder die wahren Absichten, die meist durch Wortkaskaden der vielen Politiker verschleiert werden, dann doch offen zu Tage treten, kann der gemeine Berliner unangenehm werden.
Dann schwingt er sich manchmal zum Retter der Moral, zum Rächer der Rechtlosen und zum Verfechter der Demokratie auf.

So auch im Fall des heute scheidenden Bundespräsidenten Christian Wulff.

Bereits vor einigen Wochen, als die unsägliche Causa Wulff durch immer neue Enthüllungen zum Skandal mutierte, gab es eine Hand voll Unentwegte, die ihren Unmut über den Bundespräsidenten und seine ruchbar gewordene Freundschaftspflege offen zur Schau stellten und vor dem Dienstsitz, dem Schloss Bellevue, getragene Schuhe auf Holzstecken pflanzten, um ihre Verachtung hierzu und zu der Person zu bekunden. Einige hatten Plakate gefertigt, auf denen unter anderem zu lesen war: " Wulff, du bist eine Schade, gehe endlich!"

Inzwischen ist die Schande für dieses Amt und dieses Land durch die Affäre Wulff eher noch größer geworden. Wulff trat vom Amt des Bundespräsidenten zurück, nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen aufgenommen hat und die Aufhebung seiner politischen Immunität bei dem Bundestagspräsidenten beantragte.
Der in Großburgwedel noch wohnhafte CDUler kam diesem einmaligen parlamentarischen Akt zuvor und nahm selbst seinen Hut.

Wenig später erschien eine Ermittlungsgruppe und durchsuchte das Einfamilienhaus in Großburgwedel. Der Beschuldigte kooperierte mit den Beamten, auch ohne den sonst erforderlichen richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Wohl auch deshalb, weil er ohnehin nichts mehr zu verbergen hatte. Die Details zu den mehr als eigenwilligen Freundschaftsdiensten während seiner Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident waren eh bekannt. Die Medien hatten ganze Arbeit geleistet und ihn mit immer neuen Enthüllung zu dubiosen Verflechtungen innerhalb seines eigens aufgebauten Netzwerks konfrontiert. Die Mehrzahl der recherchierten Sachverhalte blieb für die Medien folgenlos, weil unwidersprochen stehen.
Das " Stahlgewitter ", was auf ihn herein prasselte, was sich über ihn entlud, war so heftig, dass selbst die Medienvertreter manchmal erschrocken waren. Einige versprachen, künftig zurück haltender zu berichten.

Wulff zeigte sich in den vielen Wochen, aus denen er nicht aus den Schlagzeilen kam, sehr ungeschickt im Umgang mit der Vierten Gewalt. Er gab immer nur so viel zu, wie auch schon bekannt war. Er verstrickte sich in Widersprüche, wo bereits fest stand, dass es auf die vielen Ungereimtheiten eine klare Erklärung gab. Er wählte unsaubere Formulierungen, als er sauber eingebrachte Fragen beantworten wollte.

Nun, geht er also heute Abend ab 18.30 Uhr wird für Herrn Christian Wulff, Bundespräsident a.D., Ass. (jur. ), der Große Zapfenstreich intoniert. ER hat sich vier Musikstücke ausgewählt. Auch dieses ist unüblich. Seine Vorgänger waren mit drei zufrieden. Von den eingeladenen Gäste haben einige abgesagt. Von den nicht eingeladenen Gästen waren noch mehr nicht bereit zu erscheinen. Sie haben präventiv ihr Nichterscheinen öffentlich verkündet. Ein Affront gegen die Institution des Bundespräsidenten, eine schallende Ohrfeige für Wulff als Politiker.

Nun droht zu seiner letzten offiziellen Auftritt als Bundespräsident neues Ungemach. Über die Kommunikationsplattform " facebook" haben eine unbekannte Zahl von Nutzern zu einer Gegenveranstaltung zum Großen Zapfenstreich aufgerufen und dazu bekundet, dass sie mit einer Vuvuzela in der Hand, ihren Unmut über das nach ihrer Ansicht unangemessene Ritual für Wulff ausdrücken wollen.
Vuvuzela? Da war doch vor zwei Jahren in Südafrika etwas? Richtig, eine Art Tröte, die vielfach geblasen, einen höllischen Lärm verursacht.

Der kritische Begleiter der Ereignisse rund um den Wulff-Abgang fragt sich dann: Was wird wohl für den TV-Glotzer zu hören sein, das Musikkorps mit angeschlossenem Spielmannszug oder das Wulffuzela-Heer?
Aber, hallo, Christian!
 

Kommentare

til_o. hat gesagt…
Das ich den Gesang der Vuvuzelas mal herbeisehnen würde, hätte ich nicht für möglich gehalten.
Octapolis hat gesagt…
Da srichst du wahre Worte, mein Lieber! In dem Fall ist das wirklich Musik! ;o)

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