Wunder gibt es immer wieder.

Der Mensch unterscheidet sich bekanntlich von anderen Lebewesen auch dadurch, dass er über ein mehr oder weniger umfangreiches Sprachrepertoire verfügt. Wenn dieses zwar nicht immer von anderen Mitmenschen verstanden wird, dann liegt es nicht etwa daran, dass die Sprache dem Anderen fremd ist, sondern wohl er an der fehlenden Auffassungsgabe oder Allgemeinbildung. Die deutsche Sprache soll ja wohl zu den schwierigeren in dieser, unserer Welt gehören. Das mag zutreffen, weil sie selbst von Deutschen nicht beherrscht wird. Deshalb sind die Werbung und sonstige Manipulationsorgane längst dazu übergegangen, die Kommunikation mittels Begriffen, deren Sinn darin besteht, den eigene Wortschatz soweit zu reduzieren, dass mit wenigen Worten viel ausgedrückt werden kann.
Die neu-modischen Sprachschöpfungen ermöglichen es dann aus alltäglichen Ereignissen oder Begebenheiten, eine Besonderheit zu konstruieren. Mit dem Wort " Super " lässt sich sodann eine Steigerung vornehmen, dessen inflationärer Gebrauch alsbald abstumpfend wirkt. Auch der Begriff " Traum " gehört zu der Kategorie der umgangssprachlichen Perversionen im Leben eines Durchschnittsmenschen. Bei dem Substantiv " Wunder " ist indes eher zu konstatieren, dass dieses inzwischen als leicht veraltet gilt,da es in den Sprachgebrauch der 50er bis 70er einzuordnen ist.

Einst wurde das " Wunder von Bern " geschrieben. Die Nachkriegsgeneration kann hiermit eher etwas anfangen, als die Kinder der 68er. Gemeint ist das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft von 1954, in dem die damalige DFB-Auswahl mit ihrem Trainer Sepp Herberger den Weltmeistertitel gewann, obwohl die hoch favorisierten Ungarn die bessere Mannschaft waren.

Auch das " Wunder von Lengede " fällt in diese Zeitspanne. Als bei bei einem Grubenunglück 1963 eine Reihe von verschütteten Bergleuten nach vielen Tagen lebend geborgen werden konnten, weil eine Rettungstechnik zum Einsatz kam, die es zuvor noch nicht gab.

Wenn das Rentnerprogramm Zweites Deutsches Fernsehen am 05. 03. 2012 zur besten Sendezeit einen Film zeigt, der " Das Wunder von Kärnten " heisst, dann ist der kritische Zuschauer zunächst eher zurück haltend. Vor allem deshalb, weil dieser Fernsehfilm über 90 Minuten die Rettung eines ertrunkenen Kindes zum Inhalt hat. Mit diversen Vorurteilen behaftet, warf ich einen kurzen Blick in die Programmzeitung und befürchtete eine Arzt-Helfer-Schmonzette aus dem Dunstkreis der Heile-Welt-Romane von Courths-Mahler bis zur " Schwarzwaldklinik ".

Tatsächlich zeigte der Film jedoch eher die Facetten des " Traum "-Berufs Arzt, die sich eher in Dokumentationen wieder finden. DieAlltagsroutine in einem von Technik, Hierarchie und verlogenem Berufsethos geprägten Klinikum wird hier zum Synonym für die geheuchelte Menschlichkeit der Damen und Herren in Weiß.

Ein Kind ertrinkt in einem Weiher, wird von den Eltern, die einen abgelegenen Bauerhof in Kärnten bewirtschaften geborgen und per Rettungshubschrauber in das ZKH Klagenfurt gebracht. Dort versucht ein ambitionierter Arzt das Leben des Mädchen zu retten und stößt auf eben jene menschlichen Abgründe innerhalb der Kollegen, die es in anderen Berufszweigen auch gibt. Trotz des erwarteten " Happy End " bleibt ein mehr als bitterer Nachgeschmack, wenn der Zuschauer die wahren Beweggründe der Ärzte vor Augen geführt bekommt, deren Egoismen eben die auch in Österreich längst vorhandene Klassenmedizin fördern.

Aus dem " Wunder von Kärnten " wird eine schonungslose Abrechnung mit dem realen Abläufen in Krankenhäusern, deren eigentlicher Sinn darin besteht, sich selbst am Leben zu erhalten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Wunder_von_K%C3%A4rnten_%28Film%29

Das der Fernsehfilm auf einer wahren Geschichte beruht, macht ihn deshalb sehenswert; auch wenn das Wunder möglicher Weise gar keines ist.

 http://www.kleinezeitung.at/kaernten/klagenfurt/klagenfurt/2924823/glueck-begleiter-aerzte.story

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Lieber Stallone aus der Videothek, als irgendwas im GEZ-TV! ;o)
Heinerle456 hat gesagt…
Ein exzellenter Film, dessen Titel leider an eine Nazi-Schmonzette erinnert, hat damit aber überhaupt nichts zu tun. Tolle Schauspieler, Regie, Kamera und Schnitt. Obwohl der gute Ausgang bekannt ist, baut der Film eine Spannung auf, die sich bis zum glücklichen Ende hält. Ist in der ZDF-Mediathek für 7 Tage zum Nachsehen, wer ihn versäumt oder noch einmal ansehen möchte.

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