Die FTZ, das schnurlose Telefon und die Strafprozessordnung.
Heute Morgen las ich im " SPIEGEL " einen Artikel über die befürchteten, gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den inflationären Gebrauch des eigenen Smartphones. Angeblich sollen neben Augen - und Haltungsschäden auch diverse Suchtgefahren von den Mini - Computern ausgehen. Tatsächlich? Wer sich das Gedaddel und Geschiebe von 10 - bis 50jährigen rund um öffentliche Plätze einmal näher betrachtet, wird alsbald wohl auch zu diesem Ergebnis kommen. In leicht gebückter Haltung, wird die rechte, wahlweise die linke Hand, in der das kleine Wunderding eingebettet, dann der typische Stinkefinger zum Verschiebend er aufgerufenen Seiten heran gezogen, um damit den Touchscreen zu malträtieren.
In den Zeiten der permanenten Erreichbarkeit dürfte es denn aber auch kein Problem sein, mit dem tagtäglich mit geführten, technischen Mini - Schreibbüro sich zu den Risiken und Nebenwirkungen des Dauereinsatzes zu erkundigen. Vor allem, darüber, dass es eben auch Vereinsamungstendenzen dabei geben kann, weil der Smartphonist die reale Welt nicht mehr als solche wahr nimmt.
Doch, es gab auch andere Zeiten.
Nach den archaisch anmutenden Erstmodellen eines Fernsprechapparats und den klobigen Geräten in den Dekaden nach der industriellen und kommerziellen Umsetzung der Ideen des Phillpp Reis und Alexander Graham Bell, gab es in den Nachkriegszeiten des letzten Jahrhunderts dann nur mäßige technische Veränderungen. Statt der Wählscheibe wurde eine Drucktastatur eingebaut, statt des biederen schwarzen Duroplast und Bakelit - Gehäuses erschienen zunächst weiße, dann farbige Geräte auf dem, von dem Staat kontrollierten Fernsprechmarkt.
Bis weit in die 1970er Jahre veränderte sich auf diesem, in der BRD durch Postbeamte und Ministeriale gegängelten Markt nicht sehr viel. Ein Telefonanschluss war nicht nur sündhaft teuer ( Erstanschlusskosten bis zu 200 DM, Grundgebühren ab 19,90 DM je Monat und Gesprächskosten bis zu 20 Deutsche Pfennig bei einer Taktung in Minuten; wobei so genannte Fern - und Auslandsgespräche ein wahres Vermögen kosten konnten ).
Nachdem die durch die Flower - Power - Ära geprägten Buntmodelle zwar den Amtsstubenmief aus den ebenso piefig - muffigen Wohnzimmern vertreiben konnten, blieb immer noch das Problem der fehelnde Mobilität und Variabilität innerhalb des Hauses, der eigenen Wohnung oder des Umfelds. Die Deutsche Bundespost versuchte dieses zunächst mittels Zweitanschlusses oder zusätzlicher Anschlussdosen in den Griff zu bekommen. Doch jenes kurzzeitig aufflackernde Feuer der Innovation erlosch alsbald an den Marktrealitäten.
Jeder zusätzliche Anschluss kostete nämlich zusätzliches Geld, dass der westdeutsche Durchschnittshauhalt nicht hatte.
http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.alte-telefone.de/bilder/sh-w48.jpg&imgrefurl=http://www.alte-telefone.de/W48.htm&h=279&w=308&tbnid=L_KLM-4UkwrY3M:&zoom=1&tbnh=126&tbnw=139&usg=__TKTPWtyQddlmdnF1GfOteCcJ3U0=&docid=FBtgLVZyg-2gqM
So versuchte der Herstellermarkt - inzwischen zart liberalisiert - dieser Gängelung durch Ministerialbeamte und sonstigen Sesselfurzern selbst zu lösen. Der sich, ständig auf der Höhe der neusten technischen Entwicklung zu sein, Berufene konnte ab den frühen 1980er Jahren die ersten Modelle eines so genannten schnurlosen Telefons erwerben. Und zwar legal, über einen Versandhandel in Westdeutschland oder über das europäische Ausland. Ein scheinbarer Quantensprung schien gelungen. Doch da spielten die Postminister Kurt Gscheidle, Hans Matthöfer und Christian Schwarz - Schilling nicht mit. Sie untersagten die Inbetriebnahme dieser Wunderwerke, weil es angeblich zu Störungen im öffentlichen Funkverkehrsnetz oder innerhalb des Radioempfangs kommen könnte.
Doch die drängenden Märkte aus Fernost, in denen diese Geräte massenhaft hergestellt wurden, ließen eine solche Gängelung kaum noch zu. So wurden - zumindest in Europa - auch die dafür erforderlichen gesetzlichen Regelungen geschaffen:
" Im Jahr 1984 wurde CT1 als erster europäischer Standard dieser Art von der CEPT verabschiedet und von elf europäischen Ländern anerkannt. Das Mobilteil sendet auf 914–915 MHz (Uplink), die Basisstation auf 959–960 MHz (Downlink). Für jeden Frequenzbereich wurden jeweils 40 Kanäle im Abstand von 25 kHz definiert. Da dieser Bereich aber auch im GSM-Band liegt, konnten die GSM-Kanäle 120 bis 124 nicht verwendet werden. Am 1. Januar 1998 wurde dieser Frequenzbereich vollständig an GSM übergeben. Seit diesem Datum sind CT1-Geräte in Deutschland nicht mehr zugelassen. In Österreich endete die Betriebserlaubnis für CT1-Geräte im Jahr 2005.
In Belgien, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz wurden weitere 80 Kanäle im Frequenzbereich 885–887 MHz (Uplink) und 930–932 MHz (Downlink) freigegeben. Diese Erweiterung wird mit CT1+ bezeichnet.
Das digitale Übertragungsverfahren CT2 wurde zuerst 1985 in Großbritannien als MPT1375 standardisiert und später von vielen anderen Ländern übernommen. Es benutzt den Frequenzbereich 864–868 MHz.
Das Übertragungsverfahren CT3 erlangte keine praktische Bedeutung, da es von DECT abgelöst wurde. "
- Zitatende - aus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Schnurlostelefon
Weil aber auch die Deutsche Bundespost nicht gerne die Konkurrenz auf dem Milliarden - Markt für wünschenswert hielt, vergab die ihr unterstellte Behörde, das Fernmeldetechnische Zentralamt in Darmstadt, eben keine Zulassungen für jene Fremdgeräte. Mit fehlender FTZ - Nummer durfte deshalb auch kein schnurloses Telefon in Betrieb genommen werden. Basta!
Wer es dennoch versuchte, musste mit unliebsamen Besuch der Strafermittlungsbehörden rechnen. Doch die Versuchungen waren inzwischen zu groß. Über diverse Katalog - Händler konnte sich jeder Interessent ein schnurloses Telefon kaufen. Ob nun über Voelkner Electronic in Nürnberg, Conrad Electronic in Hirschau oder Reichelt Elektronik in Sande bei Wilhelmshaven. Die eigentlich verbotenen Telefone gab es dennoch zu kaufen; nur: Telefonieren durfte man damit eben nicht! Doch diese Verbot wollten die Technik - Versessenen von einst nicht hinnehmen und schlossen das Gerät kurzerhand statt des biederen Tastentelefons der Deutsche Bundespost an die Steckdose zu Hause an.
Telefongespräche wurden damit natürlich auch.geführt. Dieses konnte jetzt mobil geschehen.
Aber, wehe, wer erwischt wurde. Da drohte Unbill in ganz gemeiner Form. Die Deutsche Bundespost hatte nämlich technische Möglichkeiten, um solche illegalen Fernsprechapparate orten zu können. Ähnlich, der einstigen Jagd auf Schwarzhörer - und - Seher, peilte ein Team mit einem Dienstwagen ( in gelb mit Dienstemblem, versteht sich ) über Spezialantennen die grobe Richtung der gesendeten Signale und zeichnete die Ortungs - und Messergebnisse akkurat auf.
Hatten die Kontrolleure erst mal einen Illegalen am Haken, gab es kein Entrinnen mehr.
Mittels Kontrollanrufe stellte das Post Team eine Verbindung her und somit war der Straftatbestand des Verstoßes gegen das Fernmeldegesetz durch Betreiben einer nicht zugelassenen Telefonanlage erfüllt.
Einst betraf es einige Zehntausend; andere Hunderttausend wurden nicht erwischt, weil sie in Großstädten wohnten und die Kontrolldichte dort nicht so hoch sein konnte.
Den einstigen Klienten, dessen Akte ich irgendwann zu Beginn der 1980er Jahre zu bearbeiten hatte, ertappten die Schnüffler der Post auf dem platten Land. In der niedersächsischen Provinz, dort, wo nach 22.00 Uhr die Gehsteige hoch geklappt wurden. Er hatte sich bei Voelkner Electronic für satte 350 Deutsche Mark so ein nicht zugelassenes, technisches Wunderding gekauft und an seine Telefonsteckdose angeschlossen.
Es muss an einem Samstagvormittag gewesen sein, als es plötzlich an der Haustür zu dem Mehrparteienhaus klingelte. Die Polizei nebst eines aus der Nachbarschaft heran gerufenen neutralen Zeugen erschien vor der Wohnung des Mandanten und hielt diesem einen Durchsuchungs - und Beschlagnahmebeschluss des örtlichen Amtsgerichts unter die blasse Nase. Es ging tatsächlich um das illegal betriebene Schnurlostelefon. Der in dem Amtsgerichtsbeschluss erhobene Vorwurf lautete auf Verstoß gegen das Fernmeldegesetz. Eine Bagatelle, also. Doch nicht auf dem flachen Land.
Die örtliche Staatsanwaltschaft beabsichtigte doch wahrhaftig gegen den Mandanten Anklage zu erheben. Mit einiger Mühe gelang es mir und meinem damaligen Ausbilder, dieses abzubiegen. Der Mandant zahlte an eine gemeinnützige Einrichtung einen Betrag von 300 DM, womit das Strafverfahren gegen ihn eingestellt werden konnte.
Glück im Unglück, denn das teure Telefon wurde eingezogen und nach einigen Wochen des Verbleibs in der Asservatenkammer, der Vernichtung zugeführt ( so das offizielle Amtsdeutsch ).
Die Kosten der Anwaltsbeauftragung zahlte - ein weiterer Glückstreffer - die bestehende Rechtsschutzversicherung, weil ich den Fall nicht als Vorsatztat, sondern als fahrlässiges Vergehen verkaufen konnte.
Sonst wäre die eingebrockte Suppe alles in allem um 1.100,-- DM teuer geworden. Und dieses nur, weil die schnurlosen Telefone keine FTZ - Prüfnummer besaßen.
Was sich heute anachronistisch anhört, war einst, nämlich vor mehr als 30 Jahren alltägliches Brot für die Beteiligten. Nach der vollkommenen Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes gehören die drahtlosen Telefone längst zur aussterbenden Spezies, wenngleich längst zugelassen. Sie sind für die jüngeren Generationen denn eher langweilig.
Und - welche Farce - sie sind zum Teil erneut nicht mehr erlaubt, denn:
- Zitatende - aus: a.a.O.
Wie sich Geschichte dann doch wiederholt?
In diesem Sinne: Gut´s Nächtle mit der " Telefon Blues Band " aus Kroatien und dem Klassiker " Little Red Rooster " :
Telefongespräche wurden damit natürlich auch.geführt. Dieses konnte jetzt mobil geschehen.
Aber, wehe, wer erwischt wurde. Da drohte Unbill in ganz gemeiner Form. Die Deutsche Bundespost hatte nämlich technische Möglichkeiten, um solche illegalen Fernsprechapparate orten zu können. Ähnlich, der einstigen Jagd auf Schwarzhörer - und - Seher, peilte ein Team mit einem Dienstwagen ( in gelb mit Dienstemblem, versteht sich ) über Spezialantennen die grobe Richtung der gesendeten Signale und zeichnete die Ortungs - und Messergebnisse akkurat auf.
Hatten die Kontrolleure erst mal einen Illegalen am Haken, gab es kein Entrinnen mehr.
Mittels Kontrollanrufe stellte das Post Team eine Verbindung her und somit war der Straftatbestand des Verstoßes gegen das Fernmeldegesetz durch Betreiben einer nicht zugelassenen Telefonanlage erfüllt.
Einst betraf es einige Zehntausend; andere Hunderttausend wurden nicht erwischt, weil sie in Großstädten wohnten und die Kontrolldichte dort nicht so hoch sein konnte.
Den einstigen Klienten, dessen Akte ich irgendwann zu Beginn der 1980er Jahre zu bearbeiten hatte, ertappten die Schnüffler der Post auf dem platten Land. In der niedersächsischen Provinz, dort, wo nach 22.00 Uhr die Gehsteige hoch geklappt wurden. Er hatte sich bei Voelkner Electronic für satte 350 Deutsche Mark so ein nicht zugelassenes, technisches Wunderding gekauft und an seine Telefonsteckdose angeschlossen.
Es muss an einem Samstagvormittag gewesen sein, als es plötzlich an der Haustür zu dem Mehrparteienhaus klingelte. Die Polizei nebst eines aus der Nachbarschaft heran gerufenen neutralen Zeugen erschien vor der Wohnung des Mandanten und hielt diesem einen Durchsuchungs - und Beschlagnahmebeschluss des örtlichen Amtsgerichts unter die blasse Nase. Es ging tatsächlich um das illegal betriebene Schnurlostelefon. Der in dem Amtsgerichtsbeschluss erhobene Vorwurf lautete auf Verstoß gegen das Fernmeldegesetz. Eine Bagatelle, also. Doch nicht auf dem flachen Land.
Die örtliche Staatsanwaltschaft beabsichtigte doch wahrhaftig gegen den Mandanten Anklage zu erheben. Mit einiger Mühe gelang es mir und meinem damaligen Ausbilder, dieses abzubiegen. Der Mandant zahlte an eine gemeinnützige Einrichtung einen Betrag von 300 DM, womit das Strafverfahren gegen ihn eingestellt werden konnte.
Glück im Unglück, denn das teure Telefon wurde eingezogen und nach einigen Wochen des Verbleibs in der Asservatenkammer, der Vernichtung zugeführt ( so das offizielle Amtsdeutsch ).
Die Kosten der Anwaltsbeauftragung zahlte - ein weiterer Glückstreffer - die bestehende Rechtsschutzversicherung, weil ich den Fall nicht als Vorsatztat, sondern als fahrlässiges Vergehen verkaufen konnte.
Sonst wäre die eingebrockte Suppe alles in allem um 1.100,-- DM teuer geworden. Und dieses nur, weil die schnurlosen Telefone keine FTZ - Prüfnummer besaßen.
Was sich heute anachronistisch anhört, war einst, nämlich vor mehr als 30 Jahren alltägliches Brot für die Beteiligten. Nach der vollkommenen Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes gehören die drahtlosen Telefone längst zur aussterbenden Spezies, wenngleich längst zugelassen. Sie sind für die jüngeren Generationen denn eher langweilig.
Und - welche Farce - sie sind zum Teil erneut nicht mehr erlaubt, denn:
" Die Allgemeinzuteilung von Frequenzen für die schnurlosen Telefonsysteme CT1+ und CT2 endete in Deutschland am 31. Dezember 2008. Seit diesem Stichtag ist der Betrieb solcher Geräte in Deutschland nicht mehr gestattet und eine Ordnungswidrigkeit, die zur Zahlung eines Bußgeldes führen kann."
- Zitatende - aus: a.a.O.
Wie sich Geschichte dann doch wiederholt?
In diesem Sinne: Gut´s Nächtle mit der " Telefon Blues Band " aus Kroatien und dem Klassiker " Little Red Rooster " :
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