" Cotton Eye Joe " aus Bremen - Stuhr.



Es gibt Kenner in unserem Land, die können anhand des ausgeübten Hobby eines anderen ,sofort erklären, um welche Typus von Mitmenschen es sich dabei handelt. Jene Menschenkenner also, die sich ihrerseits locker in eine Schublade einpressen lassen oder auch prima in eine Rubrik unserer katalogisierten Gesellschaft hinein passen, massen sich an, anhand bestimmter Persönlichkeitsmerkmale, Jeden und Jede analysieren zu müssen. Doch, es gibt auch hier Grenzbereiche. Es existieren auch Menschen, die sich nicht in eine bestimmte Kategorie einfassen lassen.

So muss nicht jeder Golfer ein arrogantes Arschloch sein, dass mt einem Range Rover, einem Caddy und englischer Sportbekleidung vor das Golf - Nobel - Hotel vorfährt, um dort zwei Stunden lang sinnlos die weißen Bälle einzuputten.
Ein Segler aus Kiel oder anderswo muss auch kein Spinner sein, nur weil er  ab Frühjahr  jedes freie Wochenende auf seiner Jolle verbringt. Diese pfleglicher behandelt als seine Frau und auch mehr Geld hierfür ausgibt, um den schwimmfähigen Untersatz zu erhalten. Und auch ein Reiter, eher eine Reiterin, muss kein Paradiesvogel sein, nur weil sie sich mit Pikeur,Eskadron oder Hipic einkleidet und ihren Gaul bestückt.

Hobbies der oben benannten Art können deshalb teuer sein. Müssen es aber nicht. Weil diese in unserer Massengesellschaft längst zum Massengeschäft degradiert wurden, führt der Massenverkauf zu einem steigen Preisverfall. China - Artikel sind zudem als Konkurrent wesentlich billiger und - dem Irrglaube zuwider schreibend - qualitativ nicht schlechter.

Das war jedoch nicht immer so.

So erinnere ich mich an die frühen 1990er Jahre. Die BRD hatte just die DDR okkupiert und die Umbruchphase war dort im vollen Gange. Viele westdeutsche Firmen versuchten auf den fahrenden Zug des Geldverdienens im " Wilden Osten " aufzuspringen und gründeten dort flugs Niederlassungen. Aber auch in anderen bereichen ließ sich - unter Ausnutzen der Ahnungslosen im Beitrittsgebiet - gut verdienen. So auch auf dem breiten Feld der Versicherungsbranche.

Die Kloppertruppen und Drückerkolonnen fielen in den ersten Nachwendejahren wie Schmeißfliegen ein und erzielten zunächst riesige Umsätze, die aber alsbald über Stornobuchungen sich relativierten.
" Go East, Young Man! ", so lautete das Motto vieler Hasardeure in diesem Genre.

Doch nicht alle Geldgeier und auf Provisionsbasis tätigende Versicherungsmakler zog es nach Osten. Dazu zählte auch ein selbständiger Versicherungsagent, der zusammen mit seiner frisch vermählten Frau in dem beschaulichen Örtchen Stuhr bei Bremen lebte und tageweise in Richtung Rostock pilgerte, um dort den von der ineffizienten Planwirtschaft Befreiten die höhere Versicherungsmathematik näher zu bringen.

Doch die wilden, aber dafür goldenen Jahren befreiten Osten gingen rasch vorüber. Es machte sich alsbald Tristesse breit, weil so mancher Kunde abgewickelt wurde und danach nie wieder einen Job fand. Da war es dann ab Mitte der 1990er Jahre vorbei mit dem Geldverdienen. So auch für den Versicherungsmakler aus Stuhr bei Bremen. Dessen Frau nur noch halbtags arbeitet, einen teuren Gaul unterhielt und auch sonst auf dessen Kosten auf großen Fuß zu leben gedachte.

Doch die Einnahmen aus dem Wilden Osten gingen zurück, im Goldenen Westen hatte bereits jeder Bürger eine Lebensversicherung, eine Privathaftpflicht oder eine Unfallversicherung, eine Berufsunfähigkeitsversicherung auch, ebenso eine Hausratversicherung, von der Kfz - Haftpflichtversicherung ganz zu schweigen. Da strampelte sich der Makler aus Stuhr bei Bremen ab. Doch der Abschluss war eher selten. Er kam dann auf die glorreiche Idee, den Pferdehalterinnen Pferdehaftpflichtverischerungen, Pferdekrankenversicherungen und Pferdelebensversicherungen aufschwatzen zu wollen. Fas bringt ja auch Geld und ist vielleicht weniger anstregend zu verkaufen. Weil viele Pferdebesitzerinnen eher in die Schubalde der einfach Denkenden eingeordnet werden müssen, wäre es doch gelacht, denen nicht solche existenziell notwendigen Versicherungen andrehen zu können.

So ließ sich der Versicherungsmakler denn jeden lieben Tag auf dem Privatreiterhof in Eggese bei Stuhr blicken, weil dessen Frau mit viel Freizeit ihren Zossen dort umtüddeln wollte. Aber auch in der Hoffnung, eine Pferdeversicherung verkaufen zu können. Doch auch hier war es hart zu verdienendes Brot, denn die potenzielle Klientel war eben nicht aus dem Schicki - Micki - Umfeld, sondern rangierte eher im unteren Drittel der Einkommensskala. So kam es denn, wie es kommen musste.
Die täglichen Aufenthalte auf dem Hof, die Unterhaltung des eigenen Kleppers und das erforderliche Reiter - Outfit kosteten Geld. Geld, dass weder der Makler noch sene Frischvermählte verdienten.
Die Stallmiete wurde fällig, die Tierarztrechnung auch, die Reitstunden ebenso. Zudem verursachte der Aufenthalt nebst der getätigte Verzehr in der Reiterklause eine hohe Rechnung, denn es wurde zwar angeschrieben, aber nie bezahlt.

Alsbald waren mehrere Monate die Stallmiete offen, der Verzehr auch und der Hufschmied sowie der Tierarzt hielten gleichfalls die Hand auf. Woher das Geld also nehmen? Eines Tages platzte dem Hofbetreiber der Kragen und er forderte die beiden Schuldner zur Zahlung der offenen Forderungen auf. Doch der Makler und seine Frau waren blank, pleite, ohne Geld also. Da drohte der Hofbetreiber erneut. Das Pleite - Paar blieb einige Tage, ja Wochen lang, dem Hof fern. Die übrigen Reiterinnen und Reiter tuschelten schon. Es wurden Gerüchte verbreitet. Der Versicherungsvertreter sei zahlungsunfähig und habe mehrere Tausend DM Schulden auf dem Hof.

Irgendwann danach muss der Versicherungsmann seine Verbindlichkeiten beglichen haben, denn er erschient mit seiner Frau nun wieder regelmäßig auf dem Reiterhof. Die Gerüche verstummten sodann. Es war alles wieder wie früher. Sie malträtierte ihren Zossen. Er saß in der Reiterklause und wartete auf sie, trank dabei Kaffee und aß Lakritzschnecken, Nappos oder Salinos - so wie früher.

Enes Tages lud der Hofbetreiber zu einem Reiterfest ein. Der Versicherungsmensch nebst Ehefrau erschienen auch  Er trank viel Bier, war aufgekratzt und tanzte dann wie ein Derwisch auf dem Pflaster vor den Stallungen herum. " Cotton Eye Joe " von den " Rednex " wurde gespielt. Er konnte tanzen. Im Gegensatz zu Grönemeyer, der es bis heute nicht gelernt hat, dessen Sprechgesang aber auch an jenem Abend abgenudelt wurde. So, wie die Lieder seines vermeintlichen Konkurrenten Westernhagen und andere Charts - Titel. Der pleite gegangene Versicherugsmensch tanzte und tanzte und tanzte.
Ein " Cotton Eye Joe " aus Stuhr bei Bremen - Stuhr, eben.



REDNEX  -  Cotton Eye Joe  -  1995:



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