Die Toten von Hameln. Ein schauerliches Stück Heimatgeschichte.



Der Zwangsgebührenzahler wird - wie jedes Jahr im Sommer - nun seit mehr als 4 Wochen mit Wiederholungen aus dem Archiven der Öffentlich Rechtlichen beglückt. Einzig der aktuelle Fußball, der Sport insgesamt und irgendwelche Unterhaltungssendungen bieten hier eine willkommene Abwechselung. Ansonsten werden dem Daheimgebliebenen, dem Rückkehrer aus dem sonnigen Süden oder der kalten, windigen Ostseeküste, die normierten Fratzen aus der Garde der Gebühren - Alimentierten vorgesetzt. Vieles ist da zum Abschalten. Dann bleibt eben der Plausch auf der Terrasse, die Buchlektüre oder der Blick ins Netz übrig.
Lesen soll - im Gegensatz zum Glotzen - auch bilden. Bildung ist in der heutigen Zeit, mehr denn damals, gefragt. Schließlich gibt es ringsherum genügend Irre, die sich vom Islam, von Ausländern, von der gesamten, übrigen Welt schlechthin bedroht fühlen. So, wie es der US - Amerikaner uns seit mehr als 4 Dekaden vor exerziert. Safety first, eben!

Während also daheim die TV - Kanäle jenen Schmus auftischen, den sich der eher anspruchsvolle Zuschauer eher nicht antun würde, gibt es darunter doch die eine oder andere Sendung, die sich auch ein zweites Mal sehen lassen könnte. Da brachte der Spartensender ZDF Neo zum x-ten Male die Wiederholung eines Fernsehfilms mit dem Titel " Die Toten von Hameln ". Sendetermin war der 29.07.2015 ab 20.15 Uhr.

Nun, wer es mit der Provinz hält, kommt zumindest bei den eindrucksvollen Landschaftsaufnahmen rund um den Ith ( dat is´n Berg im Wiehengebirge, am Außenrand des Weserberglands * ) auf seine Kosten.  Dieser, etwas 440 Meter hohe Berg erstreckt sich östlich der beiden Städte Hameln und Holzminden.

In diesem Höhenzug befinden sich auch eine Reihe von Höhlen (Kinderhöhle, die Nasensteinhöhle, die Rothesteinhöhle, die Soldatenhöhle und die Töpferhöhle ) , die zwar längst erforscht, jedoch nicht sonderlich attraktiv sind. Dennoch diente eine dieser Höhlen als Drehort eines ZDF - Films. Die Geschichte lässt sich so zusammen fassen:

Eine psychisch Erkrankte kommt nach vielen Jahren als Leiterin eines Mädchenchors zusammen mit ihrem Freund zurück in ihr Heimatdorf Coppenbrügge. In diesem Ort, der bei Hameln liegt, leben ihr Vater und dessen Schwester in einem veritablen Haus. Der Vater hatte es als Kommunalpolitiker zum Bürgermeister gebracht, seine Schwester betreibt eine Praxis als Psychotherapeutin.
Während eines Ausflugs in den Ith werden drei der Mädchen und der Freund der Chorleiterin in einer Höhle vermisst.
Bei der anlaufenden Rettungsaktion kommen bei der immer noch psychisch labilen Chorleiter Johann Bischoff ( Julia Koschitz ) vermehrt zu halluzinogenen Begegnungen mit ihrer Kindheit. Unter Stress erkennt sie, dass ihr Vater Dr. Georg Bischoff ( Matthias Habich )zusammen mit dessen Schwester Dr. Charlotte Bischoff ( Ruth Reineke ) vor vielen Jahren einen Mann erschlagen und später als Unfalltoten deklariert beseitigt hatten, der ihnen angeblich wegen ihrer Vergangenheit auf die Schliche gekommen sein sollte. Georg Bischoff hatte in den letzten Kriegstagen 1945 minderjährige Volkssturm - Soldaten bei einem Gauleiter wegen Fahnenflucht verpfiffen und damit bewirkt, dass diese allesamt in der Höhle im Ith standrechtlich erschossen wurden. Der von den beiden Bischoff - Geschwistern erschlagene Forscher drohte nun, den Hamelner Bürgermeister Dr. Georg Bischoff zu diskreditieren. Deshalb musste er sterben. Ob nun durch Mord oder Totschlag, mag dahin gestellt bleiben. Später erschießt sich Dr. Georg Bischoff noch in seinem Arbeitszimmer mit einer Pistole.
Die drei Mädchen wurden inzwischen von aufopferungsvoll helfenden THW aus Hameln gerettet. Natürlich nur unter Mithilfe der hellseherisch fungierenden Johanna Bischoff. Auch ihr Freund entrinnt am Ende dem Höhlentod.

Eine eher nicht ganz schlüssige Geschichte, die dadurch nicht besser wird, dass Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart wild durcheinander gemixt werden. Wenn schon NS - Vergangenheit dargestellt wird, dann doch bitte realistischer. Die während des Höhlen - Dramas aufgefundenen Kinder - Soldaten hätte in der gezeigten Form nie so aufgefunden werden können. Sei´s drum. Auch die angeblich verschütteten drei Chormädchen wären so nie aus der Höhle gerettet worden. Sei´s drum. Und dass ein NS - Kind nicht wusste, was es tat, hätte in dieser Geschichte mehr Beachtung finden müssen. Sei´s drum.

Auch die Handlungsstränge werden zum Teil unglaubwürdig, weil sie zudem die Rahmenhandlung überfrachten. Ob nun ein minderjähriges, sex - geiles Chormädchen sich von dem betreuenden Organisten verführen lassen möchte, um die Leiterin zu provozieren, ist eine übliche Beigabe, die den Film indes nicht aufwertet. Auch die pseudo - psychologischen Anstriche, mit der eine zuvor Erkrankte, dann angeblich Geheilte, versehen wird, sind eher ein laues Lüftchen, denn ein wahrer Sturm. Der könnte allenfalls los brechen, weil die Stadt Hameln und die dortige Region mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wird. Was so abwegig denn auch nicht ist.
Der Endsieg sollte durch sinnlose Opfer herbei geführt werden. Dazu zählten auch die stillen Menschenreserven des so genannten Volkssturms. Wie krank dieses System war, dürfte nicht erst mit der zwangsweisen Verpflichtung von Kindern, älteren Männern und auch vielen Frauen zum Zwecke der Kriegsführung durch die braune Mörderbrut, feststehen.Das ist allerdings sehr lange her.

Immerhin gibt es beim ZDF auf so etwas, wie Rückkehr zu den alten Tugenden. Es wird nicht nur im neureichen Umfeld gedreht, um dem Glotzer vermitteln zu wollen, dass Mord, Niedertracht und sonstige menschlichen Abwege, nichts mit Geld zu tun haben müssen. Ausnahmen bestätigen jedoch auch dort die Regel.

Nicht ganz so moderat kam der ZDF - Film bei den süddeutschen Kollegen der schreibenden Zunft weg. Die " Süddeutsche " qualifizierte den " Mysteriethriller " als " großen Mist " ab, die " FAZ " nennt ihn " Höhlenkäse mit Musik " und der angebliche " SPIEGEL " - Konkurrent " Focus " sieht den Film als " rattenunscharf ".
Irgendwo in der Mitte dürfte die Wahrheit liegen.



Cast und Crew
Genre:
Psychothriller
Land:
D
Jahr:
2014
Regie
Christian von Castelberg
Darsteller:




















* Näheres u.a. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Ith

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