Schmider - Schneider - Harksen: " Reichtum ist wie Salzwasser, je mehr Du davon trinkst, desto durstiger wirst Du! "
Als die 1990er Jahre eingeläutet wurden, die beiden deutschen Staaten sich - mehr schlecht als recht - wieder vereint hatten und die Binnen - Konjunktur dadurch einen enormen Aufschwung erfuhr, begann auch die Hochzeit der Halunken, Hasardeure und Halsabschneider.
Westdeutsche Autohändler und Privatverkäufer vertickten den ahnungslosen Ostdeutschen ihre alten Schrottkarren, wodurch der Gebrauchtwagenmarkt über Jahre wie leer gefegt war. Aus dem Nichts sprossen Zehntausende Supermärkte, Einkaufszentren und Geschäfte empor. Die Tourismusbranche verbuchte über einen langen Zeitraum enorm Umsatzsteigerungen. Aber auch Dienstleister aus dem Versicherungsgewerbe, aus dem Bankensektor und sogar den Telekommunikationsbereich verbuchten zweistelligen Zuwachsraten.
Die Deutsche Telekom setzte mit ihrem Börsengang, innerhalb dessen - dank werbe-technischen Finessen durch die gütige Zuhilfenahme der beiden einstigen " Tatort " - Kommissare Stöver ( Manfred Krug ) und Brockmöller ( Charles Brauer ) - zu einem astronomischen Höhenflug an. Die peinliche Masche mit der der damalige Telekom - Chef Dr. Ron Sommer eine " Volksaktie " ab Mitte der 1990er Jahre in den Handel brachte, ist noch allseits bekannt, denn bei dem Börsengang der haltlos überzeichneten Papiere, verloren später einige Millionen viele Hundert Millionen DM.
In diesen, vollkommen überhitzten Wirtschaftswachstumsjahren fallen drei " Mega " - Skandale, an den viele Beteiligte noch heute zu knabbern haben.
Der größte Wirtschaftsskandal begann 1994 in Baden - Württemberg. Die Firma FlowTex Technologie GmbH & Co KG befasste sich bis 1999 an einem Verkauf von Horizontalbohrmaschinen, die Kosten sparend die unterirdische Verlegung von Leitungen vornehmen konnten. Die Firma verkaufte in diesem Zeitraum 3142 Maschinen zu einem Stückpreis von zirka 1, 5 Millionen Deutsche Mark. Ausgeliefert wurden jedoch nur 270 Stück. Dadurch entstand ein Gesamtschaden von 4,9 Milliarden DM. Hauptakteure dieses Betrugssystems waren die Firmengründer Manfred Schmider und Klaus Kleiser sowie Schmider´s Bruder Matthias sowie die Sekretärin Angelika Neumann und der Finanzchef Karl Schmitz sowie der Prokurist Thomas Reinhard.
Neben diesen Verantwortlichen wurden wurden weitere Beteiligte strafrechtlich verfolgt und zum Teil verurteilt. Die gesamte straf - und zivilrechtliche Aufarbeitung des bislang größten Wirtschaftskriminalitätsfall der Nachkriegsgeschichte dauert zum Teil bis heute an.
https://de.wikipedia.org/wiki/FlowTex
In der gleichen Zeitschiene verlief ein weiteres Lehrstück aus dem unendlichen Fundus der Wirtschaftskriminalität. Der einstige Gerichtsvollziehergehilfe mit dem schön norddeutschen Namen Harksen stieg zu dem Shootingstar deutscher Anlagebetrüger auf. Diesem Blender gingen in Verlauf der vielen Jahre von 1987 bis zu seiner Auslieferung durch die Republik Südafrika 2002 mehr als 300 Anleger auf den Leim. Unter ihnen auch Dieter Bohlen, der angab von Harksen um 3 Millionen DM geprellt worden zu sein. Der Alt - Rocker Udo Lindenberg legte bei Harksen 100.000 DM an, erhielt diese aber zurück, nachdem ihm Zweifel gekommen waren. Andere Hanseaten waren da nicht so clever. Sie überließen Harksen einen erheblichen Teil ihres Vermögens, dass er aufgrund seines auf einem Schneeballprinzip fussenden Betrugssystems veruntreute.
Harksen wurde nach seiner Auslieferung durch das Landgericht Hamburg zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Zugrundegelegt wurden hier lediglich 52 Betrugsfälle, die übrigen Taten mussten unberücksichtigt bleiben, weil sie zum Teil verjährt waren oder als Einzeltat gegenüber den anderen Fällen nicht so gewichtig waren, somit eingestellt werden konnten.
Der Hamburger Filmregisseur Dieter Wedel verfilmte später den Harksen - Skandal und nannte den Film " Gier ". Den verurteilten Betrüger Harksen spielte hier, und dieses genial, Ulrich Tukur.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jürgen_Harksen
Ein weiterer Wirtschaftsbetrugsskandal wurde von dem Frankfurter Bauunternehmer Jürgen Schneider geschrieben. Schneider ergaunerte sich in der Zeit ab 1989 / 1990 bis zu dem Zusammenbruch seiner unüberschaubaren Firmengeflechts von 55 Banken zirka 5, 5 Milliarden DM. Sein Imperium fiel in sich zusammen, nachdem die Immobilienpreise und auch die Mieteinnahmen seiner Objekte dramatisch verfielen. Schneider wurde nach seiner Verhaftung 1994 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
Der Skandal wurde ebenfalls verfilmt. In diesem Film wird deutlich aufgezeigt, was der Antrieb der Betrügereien des einstigen Baulöwens war: Macht und Gier, die dieser allerdings ausnutzen konnte, weil viele Banken, vor allem die Deutsche Bank, in grob fahrlässiger Weise, mit dem Betrüger Geschäfte abwickelten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jürgen_Schneider_(Bauunternehmer)
" Reichtum ist wie Salzwasser. Je mehr Du davon trinkst desto durstiger wirst Du. ", sagte der Schauspieler Ulrich Tukur in seiner Rolle als verurteilter Anlagebetrüger Jürgen Harksen in dem Dieter Wedel - Film " Gier ". Damit hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen.
Drei dunkle Geschichten aus der, ach so sozialen Marktwirtschaft, dieses, unseres Landes.
Leonhard Cohen: " You Want It Darker ":
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