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Seit heute, Mittwoch, den 02. 02. 2022 ist es also eindeutig: Nicht jeder Kommentar, nicht jede Meinungsäußerung, die in den sozialen Medien nachlesbar bleibt, weil sie dort veröffentlicht wurden, lässt sich mit Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes vereinbaren. Dann nämlich nicht, wenn sie - zum Beispiel -  eine Beleidigung im Sinne von § 185 des Strafgesetzbuchs darstellt. 

Mit einem solchen Fall hatte sich vor einige Zeit das Kammergericht Berlin als letzte Instanz zu befassen. Geklagt hatte die Politikerin Renate Künast gegen den Internet - Riesen "Facebook ". Sie verlangte von dem Konzern Auskunft über 22 Verfasser von so genannten Hass - Postings, in denen die Politikerin auf übele Weise beschimpft und beleidigt wurde. 

Zunächst befand das Landgericht Berlin sämtliche öffentliche Äußerungen als " gerade noch " hinnehmbar, da die Grünen - Politikerin als solche angegriffen worden sei und diese drastischen Meinungsbekundungen von ihr hinzunehmen seien.

Die Berufunginstanz, das Kammergericht Berlin, sah es dann ein wenig anders. 12 von 22 benannten Fälle stellten ein strafbewehrtes Verhalten dar, wonach die Politikerin gegen jene Verfasser auch strafrechtlich vorgehen könne. " Facebook " habe deshalb die vorliegenden Klarnamen und die Adressen an Frau Künast heraus zu geben. In 10 weiteren Fällen hingegen bestehende keine Möglichkeit, hier  zivilrechtliche Maßnahmen durchzusetzen, womit auch kein Auskunftsanspruch vorliege.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ) auf die Beschwerde der klagenden Politikerin Künast festgestellt, dass jene veröffentlichten Kommentare sehr wohl einen strafbaren Inhalt erkennen lassen, die damit nicht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung in Einklang zu bringen seien. 

Anhand des vom BVerfG in seinem Beschluss vom 19. 12. 2021 dargestellten Sachverhalts wird deutlich, dass die Beschwerdeführerin sich während einer Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus 1986  zu dem dort diskutierten Thema " häusliche Gewalt " mit einem dokumentierten Zwischenruf geäußert hat, der sich auf eine Zwischenfrage eines Mitglieds der Regierungsfraktion bezog. 

Den von Frau Künast während jener Debatte abgegeben Beitrag nahm ein Blogbetreiber aus Halle / Saale ( ? ) zum Anlass, in einem - mutmaßlich - tendenziösen Posting den Eindruck zu erwecken, dass sie " sexuelle Handlungen mit Minderjährigen ( Kindern ) grundsätzlich befürworte, wenn " keine Gewalt " im Spiel sei, um diese  öffentlich zu diskreditieren.  
   
Die Politikerin wehrte sich hiergegen und belegte den Blogbetreiber mit einer Unterlassungsklage. Ferner begehrten ihre Prozessbevollmächtigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro.
Hieraufhin veröffentlichte der Bloginhaber auf seiner " Facebook " -  Seite einen weiteren Beitrag, der sich mit jenem Zivilrechtsstreit befasst und unterlegt seine Ausführungen mit einem Bild der Grünen - Politikerin und mit dem aus dem von ihm geführten Blog ursprünglichen Text, der - eben - kein " zutreffendes Zitat einer Äußerung der Beschwerdeführerin ( Frau Künast - sic. ) ist ".

Die Reaktion der Leser und " Facebook " - Nutzer darauf liest sich - auszugsweise - dann so:

" Pädophilen - Trulla "........ " Die ist Geisteskrank " ...... " Gehirn Amputiert " .... und " Sie wollte auch mal die hellste Kerze sein, Pädodreck ".

Was das Landgericht Berlin sowie das Kammergericht noch " gerade " für hinnehmbar bewertet hat, sieht das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe allerdings etwas anders. Ab Randziffern 40 ff begründet die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG dieses und stellt sinngemäß fest, dass es in beiden von Frau Künast angegriffenen Entscheidungen der Berliner Gericht an der jeweils erforderlichen verfassungsrechtlich gebotenen Güterabwägung fehle. 



Damit ist aber keineswegs klar, dass das Kammergericht Berlin in allen Fällen nun einen Auskunftsanspruch der Beschwerde führenden Politikerin als gegeben anerkennt. Das Beschwerdegericht ( Kammergericht ) hat lediglich eine neuerliche Prüfung jener 10 Fälle nach den Vorgaben der Karlsruher Richter vorzunehmen.
Damit steht aber auch fest, nach welchen Kriterien künftige, ähnlich gelagerte Fälle von den Fachgerichten zu beurteilen sind. 



Ein guter Tag für die Demokratie? Na, ja, wohl eher eine schallende Ohrfeige für all jene Pöbler, Hetzer und von Hass erfüllten Feiglinge in den sozialen Medien, die ihren eigenen Lebensfrust in dieser Form zur Schau stellen möchten. Politiker sind kein " Freiwild " und das Internet ist kein Medium für die Verbreitung von Meinungen mit eindeutig kriminellem Inhalt.
Frau Künast hat mit jener, von ihr herbei geführten Entscheidung auch klar stellen lassen, die freie Meinungsäußerung Grenzen erhält, wenn - oft mit der Orthografie auf dem Kriegsfuß stehende - diese nicht kennen, weil sie - nicht selten - dazu nie erzogen wurden.

Polytoxicomane Philharmonie - Sulphur  -  Psycho Erectus  -  2003:

  






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