Neuer Umsatz gebucht


Gestern Morgen war es immer noch sehr windig als ich mich mit unserem Elektro - Mazda "  Tom " auf den Weg in Richtung der " Rewe " - Filiale machte. Der 17. Februar 2022 wäre definitiv kein Tag zum Laufen geworden. Deshalb einigten wir uns auf ein gemeinsames Frühstück mit Brötchen und alledem. Weil meine bessere Hälfte außerdem einen Frisörtermin vereinbart hatte, sollte dieses um eine Stunde vorverlegt werden.

Frisörtermin, das hört sich nach Geld ausgeben an - viel Geld sogar, denn sie wollte sich ihr Haar vollkommen anders schneiden und zudem färben lassen. Das ist teuer. Also bat sie mich, an dem Postbank - Automaten Geld abzuheben. Gesagt, getan?

Nein, denn der blöde Kasten verweigerte die Annahme der " Visakarte ", die von der " ING - Bank " ausgestellt wurde. " Für diese Karte ist leider kein Service möglich. Versuchen Sie es später erneut. ", las ich auf dem Display. Ich nahm die Plastekarte wieder aus dem Schlitz und steckte sie in das Portemonnaie zurück. " Na, dann eben nicht! Ihr A...! "

Mit Bankkarten aller Art hatte ich ja über Jahrzehnte so meine Erfahrungen gemacht. 

Wenn sie nicht so funktionierten, wie ich es gerne gehabt hätte. Dafür waren verschiedene Grunde ursächlich. Einst, so ab den 1990er Jahren, lag es meistens daran, dass meine Konten nicht ausreichend gedeckt waren. Was nichts anderes zu bedeuten hatte, als mein eingeräumter Kreditrahmen, mein Dispo, war ausgeschöpft oder gar überschritten. Neben den saftigen Sollzinsen von über 14 % wurden dann noch auf den Differenzbetrag weitere 3, 75 % fällig. Bei der besagten Postbank, die zu dieser Zeit noch nicht von der Deutsche Bank geschluckt worden war, gestaltete es sich ein kleines bisschen billiger. Doch von den " Miesen " kam ich nie runter.

Einige Male war das Konto auch gesperrt, weil irgendeine Forderung des Finanzamtes Monate lang nicht bezahlt werden konnte und ein wild gewordener Beamter in Delmenhorst das Konto pfändete. Das gab ein Riesen - Stress, weil dieses A... die Pfändung just an einem Freitag einbrachte. Eben zum Wochenende, Da stand ich dann da mit beinahe Null Kohle in der Tasche und musste mein anderes Privatkonto anzapfen, auf dem natürlich so gut wie nix druff war. Pech gehabt?

So ging das über viele Jahre. Auch so manches Mal während meiner zweiten Ehe. 

Nun, seit dem wir das Haus in Dresden verkaufen konnten, geht es uns finanziell besser. Keine Einkäufe mehr, bei denen sich von vorn herein die Frage stellte, reicht die Kontodeckung noch aus?

Diese Sorgen, die peinlichen Erlebnisse, dass die Plastekarte vom Automaten geschluckt und der A... sie nicht mehr heraus rückte oder diese ( Visa / Master - Card ) erst gar nicht akzeptiert wurde, hatte mein liebe Schwester C. nie. Sie war ja gelernte Bankkauffrau und kannte sich mit den Tücken des Systems bestens aus. Nach ihrer Ausbildung bei der Volksbank in Bückeburg war sie über viele Jahre als Angestellte der Bank für Gemeinwirtschaft( BfG ) in Minden beschäftigt. Zu Bedingungen, die damals als paradiesisch anzusehen waren. 14 Gehälter, 35 Stunden - Woche, 30 Werktage Jahresurlaub und manch andere Vergünstigung enthielt der abgeschlossene Arbeitsvertrag. Das Gehalt stieg von Jahr zu Jahr, denn die BfG gehörte vormals dem Deutschen Gewerkschaftsbund ( DGB ). Und der hatte bereits den Sozialismus - jenseits des real Existierenden mit samt seiner kasernierten Mangelwirtschaft ) ausgerufen.

Das Ende der BfG ist bekannt. Sie wurde von dem französischen Bankenkonsortium übernommen, die Belegschaft ausgedünnt, Filialen geschlossen, der Wasserkopf reduziert usw. Meine Schwester erhielt eine Abfindung in Höhe des 8fachen Bruttomonatsgehalts, was so zirka um die 35.000 DM entsprach. Damit löste sie einen erheblichen Teil ihre Baudarlehns ab.

Bis zu ihrer Verrentung war sie dann bei der " Sparda " tätig. Die wurde einst für Mitarbeiter der Eisenbahn gegründet. So sicher wie die beamteten Eisenbahner von einst ihren Job behielten, war auch jener meiner Schwester. Ein Arbeitsplatz mit Verrentungszertifikat, also.

Obwohl es meiner Schwester und ihrem Mann in Bückeburg wirtschaftlich immer gut ging, entwickelte sie sich - überwiegend wohl bedingt durch die seit Jahrzehnten bestehende, kinderlose Ehe - zu einem richtig " Geizknüppel - und Gierlappen ". Geld war ihr Lebenselixier, die Triebfeder jedweder Lebensplanung. Hier schlugen die elterlichen Erziehungsinhalte voll durch. Was sich allerdings dann und wann durchaus negativ auswirkte. So mancher " Sparfuchs - Urlaub " wurde zum kompletten Reinfall, das angeschaffte und längst abbezahlte Eigenheim auf der Grünen Wiese vor der schönen Residenzstadt Bückeburg, ähnelt eher einem voll gestopften Schuhkarton, weil die Deckenhöhe der Räume viel zu niedrig gehalten sind. Es durfte ja nicht zu viel kosten, weshalb es eben ein Fertigbauhaus sein sollte. Auch sonst zeigte sich das Eheleben nicht immer von der sonnigen Seite.

Mein Schwager hat längst gesundheitliche Probleme. Eines Tages erlitt er einen Magendurchbruch und sprang dem Sensenmann so gerade eben noch von der Schippe. Er musste eine Reha - Maßnahme antreten und wurde danach erwerbsunfähig; will heißen: Er wurde " Frührentner ".

Just in dieser Lebensphase unternahm er mit drei weiteren Männern einen Segeltörn, der ihn in einen Teil der Karibik führte. Als das Boot wegen leichter technischer Probleme einen Hafen irgendeiner exotischen Insel anlaufen musste, kam es zu einem nicht geplanten Aufenthalt. Das Ersatzteil musste erst eingeflogen werden und dieses dauerte einige Tage. Die Kosten des Ersatzteils  wurden von den vier Männern gleichmäßig aufgeteilt. Deshalb suchte mein Schwager einen Bankautomaten auf und hob einen dementsprechenden Betrag von dem Gemeinschaftskonto ab. Was dann - so seine Schilderung dazu - diesen Ablauf zur Folge hatte:

 Ich hatte kaum die Karte aus dem Schlitz gezogen, da rammelte mein Hany in der Arschtasche. Am anderen Ende der Funkverbindung über mehrere Tausend Kilometer war C. ( meine Schwester ), die dann wie folgt nachfragte: " Ja, reicht denn das Geld nicht? "

Der Kontroll - und Überwachungsmechanismus meiner Schwester hatte exzellent funktioniert. Sie konnte dank einer Echtzeitverbindung ihres Bankkontos, des gemeinsamen Kontos, jeden Umsatz verfolgen. Und diese Möglichkeit führte sodann zu einem relativ teuren Handyanruf. Getreu dem Lenin zugeordneten Ausspruch: " Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. " überwachte meine Schwester jede Geldbewegung auf dem Ehekonto ( ? ). Wenn mein Schwager mal wieder zur Tankstelle fuhr und mit Karte bezahlte, hatte sie dieses sofort auf ihrem Bildschirm. Unbemerkte Finanztransaktionen gab es damit nicht.

Ich zog die Visakarte aus dem Automatenschlitz bei der hiesigen Volksbank, entnahm die Banknoten aus dem Ausgabefach des Terminals, zählte diese zwei Mal nach. Stimmt! 300 Euro in gestückelter Form. Als ich Karte und die Scheine in mein Portemonnaie einsteckte, hatte ich meine Mission erfüllt. Der Frisörtermin um 10.45 Uhr konnte statt finden. 

Ich schloss die Haustür auf, legte meine Jacke und den Einkaufsbeutel ab. Als ich die Treppe hoch stieg, schallte es aus dem Schlafzimmer: " Neuer Umsatz gebucht! ". " Ja, aber der Automat der Postbank hat die Ing - Visakarte nicht angenommen. ", entgegnete ich. 

Dieses Mal lag es nicht an einem " überzogenen " Konto, an einer eingebrachten Pfändung eines wild gewordenen Finanzbeamten, einer Mitarbeiterin der Landesjustizkasse in Chemnitz oder eines Gläubigers. Das passiert nicht mehr. Jetzt heißt es lediglich: " Neuer Umsatz gebucht ". Und dazu rammelt auch kein Handy in der Jackentasche oder sonst wo.



GROBIRA  -  Selma  -  2017:

































        

  






   

  

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