Verloren!


Bei Nieselregen, trüber Sicht und nur etwas mehr als 6 ° C, gibt unsere schöne Landeshauptstadt eigentlich einen traurigen November - Wetter - Eindruck ab. Alles grau - wenn ich jetzt gehässig wäre, würde ich den Vergleich zu vor dem 9. 11. 1989 und die vielen Jahre danach ziehen.
Bin ich aber nicht und deshalb begnüge ich mich mit der simplen Feststellung, dass ja bald der Winter, Weihnachten und eine Neues Jahr vor der Tür stehen.

Grau, so, wie es auch die Theorie oft ist, scheint der ständige Hinweis von Assekuranzen, der Kriminalpolizei und anderen, schlauen sowie Rat gebenden Institutionen, doch - bitte schön - keine Wertsachen in einem geparkten oder sonstwie, unbeaufsichtigten PKW liegen zu lassen. Natürlich zählen zu den " Wertsachen " auch solche Dinge, die für den Außenstehenden als zunächst wertlos erkannt werden könnten.
Taschen, Beutel und Rucksäcke damit auch.
Es muss ja nicht gleich ein sündhaft teures Teil von " Gucci " sein.

Während ich über die nassen Betonplatten der Gehsteige zwischen der " Tharandter Straße ", der " Kesselsdorfer Straße " und der " Bünaustraße " eierte, dabei den Laubhügelchen und Hunde - Hinterlassenschaften auswich, erkannte ich auf dem Stamm ein alten Kastanie, dann einer Eiche, einen in Folie eingelegten DIN A 5 - Zettel, auf dem ich sinngemäß lesen konnte, dass ein PKW - Fahrer seinen während eines Autoaufbruchs gestohlenen Rucksack wieder haben möchte.
Als ich dabei noch las, was so alles an Gegenständen dort eingepackt war, kamen mir doch erhebliche Zweifel, ob jener Geschädigte je von jenen dringenden Warnung gehört haben kann, die regelmäßig über die Medien auf uns alle hernieder prasseln?

Nein, das konnte er wohl nicht. Auch sonst schien mir der Meister, der dort den Verlust eines teuren Laptops, seiner Speichermedien, auf die er seine Abschlussarbeit verewigt hatte, und seiner Geldbörse nebst Personalausweis, Kreditkarte und Banknoten beklagte, völlig weltfremd zu sein.
Er dachte doch allen Ernstes, dass, wenn er nun seine Handynummer noch benennt, sich ein edler Finder melden würde und den Rucksack zurück gibt; dafür aber einen Finderlohn erhält?

Nein, wie naiv! Ehrlich wärt am längsten? Diebstahl zahlt sich nicht aus? Ihr Finderlein kommet? Und dieses Rührstück auch noch fünf Wochen vor Weihnachten?

Während ich über den Naivling innerlich lachen musste, kamen mir Erinnerungen an einen Sonntagspaziergang im Bremer Bürgerpark. Dort legte ich meine Brieftasche mitsamt meinem Reisepass, Personalausweis, Scheckheft ( jau, dat gab´s damals noch ), Konto - und Kreditkarten, Blutspenderausweis, Telefonverzeichnis und mehr, auf das Dach meines PKW und vergas diese dort wieder herunter zu nehmen. Beim Anfahren von dem öffentlichen Parkplatz rutschte die schwarze Brieftasche vom Dach und an den Rand eines Wassergrabens.

Glück im Unglück, also!

Ich war schon einige Stunden zu Hause, als das Telefon läutete. Am anderen Ende der Leitung war eine Frau, die sich mit X meldete. Sie war auch in Bremen wohnhaft und hatte während einer Radtour durch den Bürgerpark meine Brieftasche im Gras neben dem Wassergraben liegen gesehen. Sie nahm das gute Stück an sich und fuhr zu ihrer Wohnung. Dann suchte sie nach meiner Telefonnummer im Telefonbuch und rief mich an. " Vermissen Sie etwas? ", so oder so ähnlich lautete ihre Frage damals. Ich muss wohl etwas perplex gewesen sein und antwortete, aus einer Abwehrhaltung heraus, wohl mit " Nein!"
" Doch, Sie haben etwas verloren!", gab die Anruferin mir eine Hilfestellung. " Ja? ", so sagte ich ihr dann, hörbar verunsichert. " Ja, was denn? ", wollte sie nun von mir wissen. " Ja, meine Brieftasche. ", war meine Antwort darauf.
" Ja, wie sieht die aus? ", lautete die Frage der Frau.
" Ja, sie sieht schwarz aus und ist aus Leder mit einigen Taschen. ", gab ich ihr zurück.
" Ja, und was ist dort sonst noch drin? ", quälte sie mich weiter.
" Ja, da sind mein Führerschein, mein Personalausweis... drin ", antwortete ich brav.
" Ja, wann sind Sie denn geboren? ", ließ die Anruferin folgen.
" Ja, ich bin am .... in.... " geboren!", retournierte ich.
" Ja, dann kommen Sie mal bei mir in der .... Straße, das liegt im Viertel, in der Nähe der " St. Jürgen- Straße " vorbei!"
" Ja, mache ich gleich! ", sagte ich zu der Finderin.
" Ja, gut. Dann bitte bei... klingeln!", ließ sie uns das Gespräch enden.
" Ja,ja,ja!", stammelte ich noch in den Hörer.

Ich fuhr los, fand die Straße, in der die edle Finderin wohnte sofort, weil ich dort viele Male während meiner Studentenzeit und einem " Viertel " - Besuch geparkt hatte und schritt erleichtert zu dem typischen Bremer Haus, wo die gute Frau wohnte.
Ich klingelte. Ein elektrischer Summer ertönte. Ich drückte die große, alte Eingangstür zum Haus auf und begab mich in das Treppenhaus.
Dort erschien bereits meine Retterin.

Lächelnd bat sie mich herein. Dann griff sie in ein Regal, dass auf dem Flur stand und zog meine Brieftasche hervor. " Das ist dann wohl Ihre? Richtig? ", wollte sie noch sicherheitshalber von mir wissen. " Ja! ", gab ich ihr zur Antwort. Geld war aber keins drin? ", stellte sie leicht fragend fest.
" Nein, da war kein Geld drin. Nur meine Papiere und Karten. ", gab ich zurück.
" Nein, kein Geld. Aber Dinge, die mehrere hundert DM kosten würden, wenn ich sie neu erhalten würde. ", ließ ich darauf folgen.
" Ja, ich weiß! Mir ist das auch schon mal passiert: ", ließ sie mich wissen.
" Ja? Ihnen auch?", fragte ich erstaunt.
" Ja, mir auch. ", gab sie mir zurück.
" Und? ", Ich blickte sie dabei fragend an.
" Na, nichts. Die Geldbörse mit den Ausweisen, sie war weg.", erklärte mir die Bremerin.
" Mist!", urteilte ich sofort.

Ich zog mein Portemonnaie aus der Jeans, klappte es auch und zückte einen 50 DM - Schein heraus.
Sie blickte mich fragend an.
" Das ist Ihr Finderlohn! Und nochmals vielen Dank!", sagte ich zu ihr.
Ich drehte mich mit meiner Brieftasche in der rechten Hand um und verabschiedete mich mit dem obligatorischen " Tschüss! "

Finder finden oft verlorene oder längst vergessene Sachen. Es gibt ehrliche unter ihnen. Es gibt auch nicht so ehrlich Menschen, die dann ihren Fund behalten. Insbesondere, wenn es Bargeld ist. Pech gehabt.

Verloren!
Vergessen?
Verkauft!

" Lost and Found " - " The Kinks ":


Im Fall des gestohlenen Rucksacks : Lost! Und zwar für immer!

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