Abgesang


Heute Morgen las ich in zwei " SPIEGEL " - Ausgaben Artikel über " alte " Musik und noch ältere Musiker. Beide befassten sich - mehr oder minder - mit den 1990er Jahren. Einer Zeit also, als die Pop - Mania grassierte. Als die CD zu ihrem kurzen Höhenflug ansetzte, als die Plätze, Stadien und Hallen für Auftritte von hoch gejazzten " Popstars " nicht groß genug seien konnten. Also: Als der schnöde Mammon über all jene Köpfe kreiste, die mit dieser Art von Musik glänzend verdienen durften. Ob nun mit den " neuen " Tonträgern, den Silberlingen, mit den massenhaften Live - Auftritten, Tourneen, Live - CDs usw., der Rubel rollte. Jene Jahre waren geprägt von kommerziellem Denken; diese Dekade könnte als das Jahrzehnt des Pop schlechthin in die Analen der Geschichtsbücher eingehen.

Aus dieser Ära, in der sich die SPD nicht zu schade war, den späteren Ministerpräsidenten des Bundeslandes Niedersachsen und Bundesminister Sigmar Gabriel als " Pop - Beauftragten " zu ernennen, um damit zu suggerieren, die einstige Volkspartei nehme sich der Belange der breiten Masse in Sachen Musik an, stammt der Lesestoff in den beiden " SPIEGEL " - Artikeln.

Die Mitarbeiterin des Hamburger Nachrichtenmagazins Barbara Hardinghaus beschreibt in dem Artikel, " DER SPIEGEL, Ausgabe 47 / 2021, S. 67 )dass sie nach 2 Jahrzehnten ihre " alten " CDs vom Dachboden geholt habe und hierbei eine merkwürdige " Bild - Ton - Schere " zwischen Vergangenheit und Gegenwart erlebte.

Tja, was da Frau Hardinghaus, mittlerweile auch zarte 46 Lenze zählend, so alles an Pop - CDs hervor kramte, machte mich beinahe ratlos. Hatte ich von 1990 bis heute da irgendetwas verpasst?  Oder, wer in drei Teufels Namen waren denn:

- Sonic Youth und " Tunic ( Song fpr Karen )?

- The Psychelic Furs mit " Pretty in Pink "?

- Tone Loc  und " Funky Cold Medina "?

Wer soll denn " Fine Young Cannibals ", wer " Lambshop " oder " Bon Iver " usw. usf. gewesen sein?

Die " SPIEGEL " - Mitarbeiterin hat auf diese Fragen eine glasklare Antwort: Es war jene Musik aus ihrer Jugend, der Zeit als Teenager. ihrer Schulzeit bis zum Abitur. Die Mannen der Gruppe " Radiohead " sagen mir dann aber doch etwas. Und David Bowie alle Male, so wie eine meiner einstigen Lieblingsbands aus den 1980ern, die " Dire Straits ". 

Natürlich auch Herbert Grönemeyer, der ewige Nichttänzer und sprechende Sänger, den ich ebenso ignoriert habe wie die " Fantastischen 4 " sowie auch " Prince " ( Michel Jackson sowieso ).In der Hardinghaus´schen Homestory kommen noch andere Namen vor, die ich - zumindest bewusst - in jener Dekade nicht wahr genommen habe.

Sie resümiert dazu, dass auch jene Zeit nicht nur ein unbefreites Sein bedeutete habe, sondern hierbei auch ein gewisser, ein spürbarer Druck existierte, den wohl andere Menschen um sie herum oder auch sie selbst aufgebaut habe. Die Rede ist hier von jenen durchaus alltäglichen Erwartungshaltungen des Elternhauses, der Freunde, der Schule, zu funktionieren und alsdann einen " guten " Beruf zu finden, Kinder zu bekommen, nicht zu rauchen und dazu - summa sumarum - tatsächlich alles richtig zu machen.

Ja, mit Mitte Vierzig darf ein Mensch sich schon mal selbst fragen, ob er im bisherigen Leben insgesamt die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Er darf hierzu natürlich auch zurückblicken, sich an viele Erlebnisse in den vielen Jahren erinnern, aber bitte, bitte, dabei nicht diese poppige 90er Jahre - Musik - Schwurbelei, das elende Genöle, den Sprechgesang von Onkel Herbert oder anderen, alsbald in der Versenkung verschwundener Musikgruppen oder Interpreten aus jenen Jahren als CD auflegen. Das ist wahrhaftig grausam!

So grausam, wie der Versuch der Pop - Rock - Veteranen von " Genesis ", es der Welt noch einmal richtig zu zeigen. Getreu dem Grundsatz: " Und komm ich erst in die 70 rein, geht´s noch mal so fein ". Oder so ähnlich. 

" Genesis " war einst eine Institution und die Ausgeburt des " Bombast - Rock " aus den 1970er Jahren, den der Frontman und " Master of Sounds "  Peter Gabriel nach einigen Jahren nicht mehr mittragen wollte. Gabriel löste sich 1975 von der Band nachdem er eine Vielzahl von Lieder für die 5 Alben sowie das Doppelalbum " The Lamp Lies Down On Broadway " getextet und komponiert hatte. Gabriel ging und Phil Collins nahm seinen Part als Sänger auf.

Auch Collins startete später eine Solo - Karriere, die ihn in den Pop - Jahren ab 1990 mit einer Reihe von Charts - Titel nahezu weltberühmt machte. Waren die " Genesis " - Stücke, die nicht selten die 10 Minuten - Grenze weit überschritten, bereits eine Mixture aus Ballade, Soft - Rock und orchestralen Klang - Segmenten, wurden Gabriel als auch Collins noch poppiger und schrieben jetzt Lieder, die zum Allgemeingebrauch gedacht waren.

Phil Collins mutierte zudem zum " workoholic ", denn er spielte nicht nur serienweise Hits ein, sondern trommelte auch bei seinem Projekt, der Gruppe " BRAND X " sowie als Gastmusiker und schrieb zudem Texte für andere Künstler in dem Pop - Genre. 

Das tat seinem Privatleben nicht gut. Er verschließ sich in drei Ehen und soff sich zudem beinahe zu Tode. Hinzu kamen sodann gesundheitliche Probleme. Collins musste sich Operationen unterziehen, die zu einer Bewegungseinschränkung führten. Doch er trat zusammen mit seinen beiden Weggefährten aus der " Genesis " - Zeit Michael Rutherford und Tony Banks sowie seinem inzwischen 20jährigen Sohn Nicholas, nebst weiteren Begleitmusiker am 5. Dezember 2021 im alt ehrwürdigen Madison Square Garden in New York auf.

Der deutsche Comedian Oliver Polak war dabei und beschreibt im " SPIEGEL " 50 / 2021 ab Seite 126 seine Eindrücke zu dem Ereignis.

Nun mag es dahin gestellt sein, ob " Pop - Veteranen " gut beraten sind, im gesetzten Alter sich und der Welt es noch einmal beweisen zu müssen. Wenn die Zeiten sich längst verändert haben, ihr Namen allenfalls in der Unzahl diverser Online - Nachrichten vorkommt und die Lieder längst vergangener Jahre vielleicht in den Tausenden Musikprogrammen der Zehntausenden Internet - Radiosender gespielt werden, sollte sich der " Star " selbst fragen, ob es seinem erworbenen Nimbus eines musikalisch Herausragenden gut tut, sich als körperliches Wrack auf der Bühne zu präsentieren.

Nun, Phil Collins hat es unter dem Bandnamen " Genesis " getan. Seine vielen Fans aus jenen Zeiten mögen vielleicht darüber entzückt gewesen sein, doch beim Lesen des " SPIEGEL " - Artikel blieb bei mir ein bitterer Beigeschmack dazu übrig.

Zu dem Bericht fiel mir nur der Begriff, das Wort " Abgesang " ein!



MICHAEL ROTHER  -  Sterntaler  -  1978:






   


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