Die letzte Inventur


Als ich am Dienstagmorgen zu einem Kurzeinkauf bei " Norma " aufbrach, war es um 7. 45 Uhr immer noch nicht so richtig hell draußen. Der Himmel zeigte sich wie zu einem Novembertag, er war bedeckt, grau, es herrschte nass - kaltes Wetter an jenem 28. Dezember 2021.

Wie das Wetter vor exakt 50 Jahren war, als ich mich mit dem Bus von Bad Eilsen nach Bückeburg aufmachte, um den vorletzten Arbeitstag bei der Firma Herm. Altenburg KG an der Lange Straße in Bückeburg anzutreten. Jener 28. Dezember 1971 war ein Freitag, Das Geschäft wurde nach Weihnachten, also ab dem 27. Dezember wegen der vorgeschriebenen Inventur geschlossen.

Ab Donnerstagmorgen um 8.00 Uhr hieß es also: Zählen, Messen, Wiegen. Und zwar so schnell es irgendwie geht, denn es gab mehrere Tausend Artikel, deren Bestand aufgenommen werden musste.

Für mich war es die dritte und damit letzte Inventur. Im März des folgenden Jahres würde ich meine Prüfung zum Kaufmannsgehilfen ablegen und ab dem 1. April 1972 zur Bundeswehr eingezogen werden.

Damit war auch das Kapitel Ausbildungszeit in Bückeburg passe´. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nach der Lehre und der Bund sofort eine Fachschule zu besuchen und später das Fachabitur abzulegen. Doch es kam dann doch ein wenig anders. Nach dem Kriegsdienst durfte ich dann doch noch einige Wochen an meiner damaligen Ausbildungsstelle als ausgelernter " Kaufmannsgehilfe " arbeiten. Nun ja, der graue Arbeitskittel, die übliche Berufskleidung lag ja noch in einem Schrank des elterlichen Wohnhauses. Den zog ich mir dann von Montag bis Freitag und alle 14 Tage samstags bis 13.00 Uhr wieder über. Allerdings nur bis Mitte April 1974. Dann war das Kapitel als Verkäufer irgendwo hinter der Theke zu stehen und die Kunden nach ihren Wünschen zu fragen, endgültig vorbei.

Auch wenn es den einstigen Ausbildungsbetrieb in Bückeburg schon längst nicht mehr gibt, existieren dennoch unzählige Einzelhandelsbetriebe in Deutschland und in Europa. Und diese müssen mehr oder minder zum Jahresende ihren Warenbestand erfassen. Dieses nennt sich hier Inventur. Dieser Jahresendbestand wird dann mit den laufenden Zu - und Abgängen jedes einzelnen Warenpostens gegenüber gestellt, um damit den Artikelschwund zu ermitteln. Oft dürfte die sich dabei ergebende Differenz aufgrund von Diebstahl entstanden sein. Beschädigung bei der Lieferung oder während der Lagerung führen zwar zur Unverkäuflichkeit, werden aber entsprechend ausgebucht. Manchmal sind  Unterschiede auch durch simple Fehler beim Erfassen oder dann beim Zählen der Ware erklärlich.

In Kenntnis dieser kaufmännischen Gepflogenheiten, fragte ich dann an der Kasse die Ehefrau des Marktinhabers nach dem Ablauf der Inventur. Nun, diese müsste dann nach Geschäftsschluss am 31. 12. 2021 ab 20.00 Uhr beginnen. Damit wären für die Inhaber und mögliches Personal die Silvesterfeiern unmöglich. Doch auch hier hilft die IT - Technik mit.      

Es gibt entsprechende Datenerfassungsgeräte mit derer sich die Bestandszahlen in einem relativ knappen Zeitfenster ermitteln lassen und die anschließend in ein " Inventurprogramm " übermittelt werden. Auch entsprechende Dienstleister bieten hierfür ihren Service an, der allerdings nicht gerade billig sein dürfte. Dennoch wird in vielen Branchen des Handels, in denen die Inventur immerhin noch gesetzlich vorgeschrieben wird, ein derartiger Aufwand, wie ich ihn aus der Zeit von vor 50 Jahren, also ab dem 27. Dezember 1971 mit erleben durfte, längst nicht mehr betrieben.



GOLDEN VOID  -  Silent Season  -  Berkana  -  2015:







Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?