Schwester



Heute ist Sonntag, der 12. Dezember 2021. In 12 Tagen steht das Weihnachtsfest vor der Tür. Wer jetzt noch keine Geschenke eingekauft hat, sollte sich wohl doch Gedanken darüber machen, ob  jene milden Gaben zum Fest noch rechtzeitig eintreffen und die so Bedachten sich darüber auch erfreuen können ( oder zumindest so tun ).

Mit dem Schenken ist es auch außerhalb des Weihnachtsfestes so eine Sache. Geburtstagsgeschenke müssen auch nicht immer den Geschmack der Beschenkten eindeutig treffen. In der heutigen Zeit ist dieses wesentlich komplizierter, denn bei der Unzahl von Artikeln, die als Geschenk in Frage kommen können, ist es nicht gerade einfach, die richtige Wahl zu treffen.

Einst, also vor zirka 60 Jahren hatte die Mehrzahl der Menschen dieses Problem nicht. Die Auswahl war sehr überschaubar, vor allem aber fehlte dass erforderliche Geld. Wenn dann noch ein Geburtstag kurz vor den Weihnachtstagen anstand, wurde es für den Familien - und Freundeskreis noch schwieriger, ein passendes Geschenk zu finden. Schließlich musste das wenige Geld auch noch für ein - ordentliches - Weihnachtsgeschenk reichen.

Wer also. so wie meine Schwester, einige Tage vor dem Weihnachtsfest Geburtstag hat, wird dieses zur Genüge kennen. Einige, damals eher eines, der Geschenke war dann kleiner. Doch als Kind habe ich dieses nicht so empfunden. Im Gegenteil: Ich beneidete meine Schwester dafür, dass sie vor Weihnachten doppelt beschenkt wurde. Auch wenn jene Gefühlsregung eher unbegründet war, denn zuvor hatte ich ja auch Geburtstagsgeschenke erhalten und Weihnachten dann auch.

Ansonsten war mein Verhältnis zu ihr eher gut. Zumal ich ja der um knapp 2 1/2 Jahre ältere Bruder bin. Vielleicht auch aus einem Beschützerinstinkt heraus, achtete ich in den Jahren bis zum Volksschulabschluss darauf, dass meine Schwester sich nicht mit den " falschen " Freunden abgab. Als sie sich als Teenager mal in einen Jungen verliebte, der Drogen nahm und später heroinsüchtig wurde, erzählte ich ihr davon und hielt sie bei Treffen innerhalb unseres Freundeskreises zurück.

Auch in der Zeit, in der wir uns mit gemeinsamen Bekannten in Diskotheken, auf Musikveranstaltungen oder Feten trafen, versuchte ich meine Rolle als großer Bruder so gut es eben ging auszufüllen. Als sie ihre Ausbildung begann und selbst noch keinen Führerschein besaß, nahm ich einen Umweg in den Kauf und fuhr sie mit dem R 4 bis zur Ausbildungsstelle. Nur manchmal erwartete ich, dass sie sich an den Benzinkosten beteiligt und sah dabei auch darüber hinweg, dass sie jene 20 DM pro Monat mir dann eher widerwillig gab.

Dafür gab ich ihr mein Auto fast umsonst, als sie mich darum bat, weil sie mit ihrem damaligen Freund in Stadthagen " Schluss machen " wollte.

Später trennten sich unsere Wege. Ich holte über den Zweiten Bildungsweg das Abitur nach und verabschiedete mich Mitte der 1970er Jahre zum Studium. Sie blieb in der Nahe unseres Geburtsortes, wo sie ihren Mann kennen lernte, ein Haus bauen ließ und sich einen gewissen materiellen Wohlstand mit diesem erarbeitete.

Mit ihrem Mann hatte sie nur bedingt Glück. Die inzwischen 42 Jahre andauernde Ehe blieb kinderlos. Warum auch immer? Darüber kann ich nur spekulieren. 
Ihr - nicht nur - berufsbedingtes, nahezu fetischistisches Verhältnis zum Geld hat unter anderem dazu beigetragen, dass wir uns im Laufe der vielen Jahre voneinander entfremdet haben. Ob jene unangenehmen charakterlichen Ausprägungen, die als " Geiz ", " Gier " oder aber auch " Habsucht " etc. dabei eine tragende Rolle spielen, lässt sich für mich nicht mit Bestimmheit sagen.

Nach dem Tod unserer Mutter vor einigen Jahren ist der nur noch sporadische Kontakt zu ihr dann abgebrochen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und vornehmlich in dem Obengesagten zu suchen.
Selbst der Tod unseres Bruders vor knapp 1 1/2 Jahren hat daran nichts geändert. 

Nun ist meine Schwester am heutigen Tag 66 Jahre alt geworden. Ein Alter also, bei dem sie eigentlich im Ruhestand auf das bisherige Leben zurück blicken könnte. Ob sie es tatsächlich macht, weiß ich nicht. Ich habe ihr - wie seit 5 Jahren nicht mehr - nicht gratuliert und Geschenke gab es seit Jahrzehnten nicht mehr.  Wir haben diesen Zwang irgendwann in den den 1970er Jahren nicht mehr angetan.


 
 












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