Was machen Sie hier?



Beim Flanieren auf der Prerower Strandbrücke erinnerte ich mich an eine Geschichte, die mir meine bessere Hälfte vor vielen Jahren erstmalig erzählte und über deren eigentlichen Stellenwert in ihrem Leben, ich mir als " Wessi " nicht so recht im Klaren war. Als Gleichaltriger, jedoch im anderen, im vermeintlich freien Teil Deutschlands / Europas aufwachsend, waren Einschränkungen lediglich auf das eigene Lebensumfeld bezogen. Nicht jedoch auf das gesamte Ganze. Rein theoretisch betrachtet, durfte ich bereits als Westdeutscher überall dorthin reisen, wo es die Finanzen zuließen. Hierzu war nur die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses erforderlich. Unüberwindliche Grenzen gab es demnach nicht.

Für die Bürger der DDR war das vollkommen anders. Bekanntlich gab es dort jene Reisebeschränkungen, über deren Existenz wir als Westdeutsche nur schelmisch lachen konnten. Das damalige Eingesperrt sein war demnach ein rein ostdeutsches Manko. Doch diese Feststellung traf dann aber doch nicht so ganz zu. Der DDR - Bürger durfte schon reisen. Wenn auch nur auf das sozialistische Ausland ( mit Ausnahme Jugoslawien ) begrenzt.

Doch dabei gab es weitere, erhebliche Einschränkungen. Wer in das Ausland Urlaub verbringen wollte, brauchte zunächst ein entsprechendes Einkommen, um sich einen solchen Aufenthalt überhaupt leisten zu können. Wer im eigenen Land, dem Staatsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik, seine Urlaubstage verbringen wollte, musste über Beziehungen ( Vitamin B ) versuchen einen Übernachtungsplatz zu ergattern. Hatte eine Urlauber einen der heiß begehrten Plätze an der Ostsee ergattern können, wurde ihm - sofern kein Privilegierter - die volle Dröhnung DDR - Mangelwirtschaft um die Ohren gehauen. Es gab an den Urlaubsorten kaum bis keine Einkaufsmöglichkeiten, die wenigen Restaurants waren chronisch überfüllt ( es bildeten sich lange Warteschlangen vor den Eingängen ), die dortige Versorgung war zudem oder gerade deshalb nicht gewährleistet.

Das alles ließ sich vielleicht noch gerade so ertragen, denn noch frustrierender war ein Aufenthalt in Orten, die sich in der Nähe der Staatsgrenze befanden. Dazu gehörte auch der Ort Boltenhagen, der den Status eines Seebades erhalten hat. Hier verlief die Seegrenze zwischen der DDR und der BRD. Deshalb wurden die Grenzsicherung enorm verstärkt. Zu den Sicherungsmaßnahmen gehörte einst auch ein Aufenthaltsverbot innerhalb des Strandbereichs, dass zwischen dem Sonnenuntergang und den Morgenstunden bestand.

In Unkenntnis dessen, bewegte sich meine bessere Hälfte mit ihrem Ex während ihres Urlaubs im Ostseebad Boltenhagen in den späteren Abendstunden auf der Strandseite des Ortes als plötzlich ein starke Taschenlampenkegel ihr Gesicht ausleuchtete. " Was machen Sie hier? ", schnarrte ein so genannter Grenzer beide an. Beide mussten sofort ihren Personalausweis vorzeigen und wurden in einem barschen Ton aufgefordert, den Ort sofort zu verlassen. 

DDR - Urlaubsrealität in den 1970er Jahren sah auch so aus. 

Allein an diesem Grenzabschnitt verloren bis zur Grenzöffnung zur BRD 174 Bürger bei " Fluchtversuchen " ihr Leben. Auch dieses gehört zum traurigen DDR - Alltag. Ein Staat ist nur dann demokratisch, wenn er seinen Bürgern solche Einschränkungen nicht zumutet. Das konnte die DDR für sich eben gerade nicht in Anspruch nehmen.

   

DECEMBER´S CHILDREN  -  Afternoon  -  1970:

 



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