Alte Anlagen - Das Ferienlager in Prerow


" Morgen! Morgen! Strandwetter! ", das zählte vor mehr als 40 Jahren zum Standardrepertoire der verstorbenen Schwiegermutter, wenn sie sich im Urlaub an der Ostsee aufhielt und immer dann, wenn die Sonne bereits ab 6.00 Uhr zu sehen war und sie hieraus den Rückschluss zog, es sei für die nächsten Stunden mit bestem Sommerwetter zu rechnen. Als dieses kurz nach der Ankunft am Weststrand nicht eintraf, war ihre Enttäuschung groß. Schließlich wollte sie gebräunt, erholt und gestählt für den Kampf der mitarbeitenden Ehefrau eines Selbständigen gegen die Tücken der real sozialistischen DDR - Planwirtschaft nach Dresden zurückkehren.

Diesen Anspruch haben wir nach einer Woche Darß - Aufenthalt eben gerade nicht.

Strandbesuch, ja! Aber es muss nicht ständiges Strandwetter herrschen, denn eine gesunde Bräune erhält der See - Urlauber unisono schon durch die Seeluft. Aber, darauf sollte es nicht unbedingt ankommen. Erholung, Ruhe, Entspannung, steht denn wohl eher im Vordergrund. Und deshalb ist ein Urlaub im nordöstlichen Bundesland MV keine Tour durch Remmidemmi. Ganz im Gegenteil. Hier spielt die Natur eine überragende Rolle.

Und der fühle ich mich seit meiner Kindheit mehr hingezogen als dem kurzem Vergnügen in irgendwelchen Radau - Schuppen oder Restaurants, Bars usw. 

Auf meinem Gang entlang des Waldweges zwischen dem Strandaufgang 46 bis zum Bernsteinweg erkannte ich, dass seit meinem letzten Besuch einige der typischen Kiefern von den drei Frühjahrsstürmen entwurzelten worden waren. Sie lagen jetzt auf dem Sandboden und werden im Laufe der kommenden Jahre zersetzt werden. 

Am Strandaufgang der von dem Bernsteinweg abzweigt sind längst einige der Stände und Buden geöffnet. Bei sonnigem Wetter sitzen bereits Gäste in den Außenanlagen. Es treibt mich allerdings weiter in den schräg von den Buden verlaufen Waldweg. Nach einigen Hundert Metern erkenne ich das erste Holzhaus. Es liegt eingezäunt inmitten des Kiefernhain. Hier hat sich seit vielen Jahren kein Mensch mehr verirrt. Das Holzhaus ist dem Verfall geweiht. 

So, wie jene Aufbauten, die ich nun gut einige Dutzend Mal aufgesucht habe.   


https://lobster53.blogspot.com/2019/06/lost-places-das-zpl-in-prerow-eine.html    

https://lobster53.blogspot.com/2020/09/gleicher-ort-gleicher-platz.html

https://lobster53.blogspot.com/2021/10/ehemaliges-ferienlager-des-veb-walzwerk.html


Mit jedem Jahr, das beendet wird, verändern die Anlagen des einstigen Volkseigenen Betriebs Walzwerk Hettstedt, einer Stadt, die nach der Wiedervereinigung dem Landkreis Mansfeld - Südharz im Bundesland Sachsen - Anhalt zugeordnet wurde, ihr Gesicht. Die Eingänge und Fenster der Holzaufbauten sind provisorisch mit Brettern vernagelt worden, an den Außenwänden finden sich flächendeckende Graffitis, deren künstlicher Wert eher überschaubar sein dürfte und der Müllberg zwischen dem vorderen Häusern ist größer geworden. 

Die Relikte aus der sozialistischen Freizeitgestaltung gammeln seit fast 3 Dekaden vor sich hin. Ein tragbares Konzept für jenes Areal, das der Natur mehr oder minder Preis gegeben wird, scheint nicht vorhanden zu sein. Dieses Grundstück dürfte eigentlich nicht verwahrlosen, weil es eine exponierte Lage vorweisen kann. Trotz der Nähe zu dem großen Campingplatz " Regenbogen Camping ". Die Betreiber der Anlage, die " Regenbogen AG " mit ihrem Sitz in Kiel, soll sich nach eigenen Bekundungen seit einigen Jahren um eine Erweiterung, Sanierung und / oder Umgestaltung des Prerower Areal bemühen.

Zumindest sind an dem letzten Holzhaus des einstigen Ferienlagers bereits mehrere Stromverteilersäulen aufgebaut worden, die in den Ferienmonaten von Campern, deren Fahrzeuge gegenüber des letzten Holzhauses stehen, genutzt worden. Vielleicht erwirbt ja die Campingplatz - Betreiberin aus Kiel eines Tages das Areal und der Schandfleck könnte endlich verschwinden?

Bis dahin aber wird es mich garantiert noch einige Male während unseres Urlaubs in Prerow an jenen Ort hintreiben, der für mich irgendetwas von dem Flair der DDR - Zeit bis 1990 versprüht. Damals wurde mit relativ einfachen Mitteln versucht, dem Werktätigen für eine kurze Zeit ein kleines Quantum Erholung anzubieten, ehe er wieder in die auf Umweltschutz pfeifende DDR - Planwirtschaft eingebunden wurde.



  





THE KINKS  -  Lost And Found  -  Think Visual  -  1986:








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