Ernst Thälmann an Kuba
Heute Morgen regnete es leicht. Regen war uns bereits am gestrigen Sonnabend von einer Berlinerin mit Zweitwohnsitz Prerow prophezeit worden. Sie kennt sich hier oben, im nordöstlichen Teil Deutschlands aus. Er ist seit vielen Dekaden - mutmaßlich - ihre zweie Heimat geworden. Das dürfte auch heute noch, so knapp 32 Jahre nach der deutsch - deutschen Wiedervereinigung nichts Außergewöhnliches sein. Berliner, also Ostberliner, demnach Bewohner der ehemaligen Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik ( DDR ) hatten sich nicht nur auf dem Darß eine Datsche ( eigentlich ein Zweithaus ) angeschafft, die sie ab den Sommerferien / Schulferien, die zu jener Zeit immer und dieses landesweit im Juli begannen, an nicht so privilegierte Mitbürger vermieteten.
Ein Nichtprivilegierter musste dazu den/die Schlüssel bei dem sich damit Geld nebenher verdienenden Privilegierten in Berlin abholen, damit er in den Genuss einer Unterkunft an der Ostsee kommen konnte. Nach Beendigung war es Usus, den / die Schlüssel wieder in Berlin abzugeben, damit der nächste nicht privilegierte DDR - Bürger seinen Urlaub antreten konnte. Urlaubsplätze in Prerow - aber nicht nur hier - waren rar. Das lag eben daran, dass die DDR - Führung ( die aus alten Herren mit weißem Haar, Einheitsanzügen und einer gestelzten, aus immer gleichen Worthülsen bestehenden Sprache, bestand ) ihre eigenen Menschen, die Mehrzahl der Bevölkerung, einsperrte. Damit waren Auslandsreisen nur bedingt möglich; vornehmlich nur in das sozialistische Ausland.
Wer aus diesem Kreis der Reiserestriktionen heraus wollte, der musste eine bedeutende Rolle in der sozialistischen Gesellschaft spielen und eine Funktion inne haben, die ihm verhalf, auch Besuche des kapitalistischen Auslands, in dem ja der von den propagandistischen Staatsmedien viel geschmähte Klassenfeind saß, zu genießen. Diese Männer waren indes eine Ausnahme und hatten zumeist einen Stasi - Hintergrund.
Weil die DDR - Staatsführung krampfhaft um internationale Anerkennung bemüht war, wurden Staatsbesuche zu einem " Mega - Event " hoch stilisiert. Der gleich geschaltete Medienapparat berichtete hierüber in epischer Länge und funktionierte beinahe jedes Wort, jede Mimik und Gestik in ein epochales Ereignis mit weltweit relevanten Charakter um. Als Westler, der ab Mitte der 1960er Jahre zunächst über den Sandmann und Teilen des Kinderprogramms im DDR - Fernsehen von der Existenz eines zweiten deutschen Staates einige Grundkenntnisse erlangen konnte, waren jene aufgepimpten Sendungen eh nie interessant gewesen. Später, als ich dann über den mühsamen Weg des Zweiten Bildungswegs ein BWL - Studium begann, in dem ich mir viel Wissen über die DDR aneigneten konnte, bog ich mich schon bald vor Lachen, wenn ich jene Propagandashows im DDR - Fernsehen sah.
Für mich, der sich damit ein eigenes Urteil über den Zustand des real existierenden Sozialismus in der DDR erlauben durfte, waren diese medialen Selbstinszenierungsversuche einfach nur lächerlich. Jene propagandistische Dauerberieselung zum Zwecke der medialen Gehirnwäsche bei den eigenen Bürgern, sie wirkte auf mich abstoßend. Genauso abstoßend, wie die verordnete Lügerei in den bestimmten Lernfächern während meiner Volksschulzeit, in der die Verbrechen des Nationalsozialismus weder erwähnt, geschweige denn angeprangerten wurden und in denen die DDR als Staat kaum vorkam.
Als vor exakt 50 Jahren der kubanische Staatspräsident Fidel Castro zu einem Besuch der DDR nach Ostberlin kam, haben die Westmedien hierüber nahezu gar nichts berichtet. Mussten sie ja eigentlich auch nicht, denn ihren Part übernahm die Propagandamaschinerie der DDR. Zudem zählte Kuba in diese Zeit als Hauptfeind der USA, deren regierende Halunken im Dauerclinch mit dem vor ihrem Territorium gelagerten Insel, auf der die UDSSR - Führung zuvor Atomraketen installieren wollte, lagen. Die Insel war und ist ökonomisch betrachtet ein Leichtgewicht. Strategisch jedoch - ähnlich wie die ukrainische Krim - von Bedeutung.
Nun, Fidel Castro kam am 19. Juni 1972 zu einem Staatsbesuch nach Ostberlin und wurde von der DDR - Herrenriege mit größtmöglichem Pomp empfangen. Der Bruder von der sozialistischen Staatengemeinschaft he ja einen hohen Stellenwert im Gefüge der DDR - Oberen. Schließlich bot er den Vereinigten Staaten von Amerika, dem sinnbildlichen Imperialisten, Revanchisten und Hauptaggressor aus dem westlichen Staatengefüge, seit vielen Jahren mehr oder weniger erfolgreich die Stirn. Die wirtschaftlichen Beziehungen zu dem sozialistischen Bruderland Kuba spielten schon damals keine große Rolle. Bis auf halb gereifte und strohige Pampelmusen ( DDR - Sprech: Kubaorangen ), die nur zu bestimmten Zeiten für die DDR - Bevölkerung parat lagen, einem kleinen Kontingent an Kaffee und Kakao, hatte die Insel nichts zu bieten.
Dafür war das ideologische Moment in jenem Staatsbesuch wesentlich größer. Und das sah wohl auch der Maximum ( Maximo ) Leader so. Er hatte ein Geschenk im Gepäck, dass symbolischer nicht sein konnte. Er schenkte der DDR, eher der dort propagierten Ideologie eine winzige Insel, die zum Staatsgebiet Kubas zählt.
Hier wurde alsdann ein Denkmal des Arbeiterführers Ernst Thälmann aufgebaut. Damit erhielt diese, ansonsten unbewohnte Insel auch ihren Namen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst-Thälmann-Insel
https://www.mdr.de/geschichte/stoebern/damals/video320200.html
In dem heutigen, über die ARD - Infonacht und dem Nachrichtenkanals MDR aktuell ausgestrahlten Sendung " Stichtag ", erfuhr ich zum ersten Mal davon. 50 Jahre nach dem Staatsbesuch wirkt dieser Beitrag als sei dieses symbolische Geschenk eine Art Hinweis darauf, dass alle Dinge im leben nun mal vergänglich sind, denn ein Orkan legte das Steinmonument einfach flach. Da liegt es nun seit dem der imperialistische Aggressor, der Hurrikan " Mitch " es einfach umwarf.
Das 1975 von den beiden DDR - Schlagersängern Aurora Lacasa und Frank Schöbel gesungene Lied " Insel im Golf von Cazones " indes fiel nicht um, sondern traf wohl ganz den Geschmack der DDR - Altherrenriege. Wenn auch nicht den der gesamten Bevölkerung, die ja bis 1989 eingesperrt werden musste, damit sie keine Albträume von fremden Urlaubsländern in die Tat umsetzt.
DDR - Schlager gab es ja zur allgemeinen Volksbelustigung massenhaft und in den Staatsfernsehsendungen genügend. Die Texte waren flach, so wie die Insel an Kubas Küste, auf der das jetzt nieder gemachte Ernst Thälmann - Denkmal liegt. Aber selbst hierin durften DDR - Bürger nicht reisen. Es sei denn, sie hatten die Funktion eines Schlagersängers mit hoher staatstragender Funktion:
https://www.frank-schoebel.de/texte/inselimgolf.php
SPACE DEBRIS - Capitalism Nightmare - Kraut Lok - 2005:
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