Zwerg Nase auf dem Dreirad

Heute ist Sonntag. Das Wochenende neigt sich wieder dem Ende zu. Doch bevor der Montag und damit eine neue Woche beginnt, kann dieser - für nicht alle - freie Tag bei Sonnenschein und milden Temperaturen um 21 ° C in vollen Zügen ausgekostet werden. So mancher nutzt denn diesen Tag für eine Ausflugstour.

Und dieses schien denn auch die Inspiration jenes Paares gewesen zu sein, dass uns in dem Prerower Cafe´" Sonneneck " in den Fokus geriet. Da saßen wir zusammen mit unserer aus dem Ostsee - Badeort Graal - Müritz abgeholten Verwandten und plauderten über vergangene Zeiten, als ein lautes Knattern und Dröhnen zu vernehmen war. Nein, es war kein Gewitter, sondern ein Motor, der diesen Krach verursachte.

Der Lärm näherte sich unserem Sitzplatz und wurde nahezu infernalisch, weil kurz vor dem Abstellen des Motorrades, das diesen Krach verursachte, noch einmal so richtig zum Dröhnen gebracht wurde. Dann war plötzlich Ruhe. Von dem Motorrad stiegen zwei Personen, deren Körpergröße weit unter denen eines Durchschnittsmitteleuropäers lagen. Während die von dem Sozius absteigende Frau schnurstracks in Richtung des Eingangs stiefelte, blieb der Fahrer des Krachmachers vor dem Tor des Cafe´s stehen.

 Der kleine Motorradfahrer stellte sich neben seinem durchaus imposanten Gefährt und nahm den Integralhelm ab. Nun konnte ich das volle Gesicht des Bikers erkennen. Er trug über die Ohrläppchen hinaus gehende, längst ergraute Haare und einen akkurat gestutzten Vollbart. Dann drehte er sich leicht zu seinem rechten Außenspiegel und zwirbelte in gewollter, eitler Pose, an seinem Bart herum. Hiernach stellte er sich wieder in Positur zu seinem schwarz lackierten und chromglänzenden Dreirad. 

Ja, ich musste zwei Mal hinschauen, um drei bereifte Räder zu erkennen, auf die das Motorgestell lagerte. Drei Räder für ein Motorrad sind ja nicht üblich. Aber auch keine Seltenheit mehr. In den Zeiten des Massenkonsums, der Überbevölkerung und der Gleichmacherei, versucht irgendwie Jeder sich davon ein klein wenig abzugrenzen. Das gelingt nur wenigen. Zumeist hat ein eher krampfhaft gesuchtes Stückchen Individualität etwas mit sehr viel Geld zu tun. 

Aber, egal. Weiter mit dem Motorradfahrer auf drei Rädern. 

Ja, es gibt diese Fahrzeuge, die eigentlich auf lediglich zwei Rädern die motorisierte Fortbewegung garantieren sollen. Doch es gibt auch Zwitter. Nämlich drei rädrige Motorräder. Sie nennen sich Can - Am - Ryker oder Can - Am Spyder Roadster. Oder - je nach Herstellernamensgebung - so ähnlich.

Der Vorteil für dieses Gefährt, das irgendwann in der Mitte der Nullerjahre, also der ersten Dekade des neuen ahrhundert und Jahrtausens, über einen kanadischen Hersteller auf den Weltmarkt gelangte, ist, dass dieses Motorrad nicht " aufgebockt " werden muss; demnach im Stand - eigentlich - nie umkippen kann. Somit ist beim Abstellen bzw. Parken jenes Gefährts kein großer Kraftaufwand erforderlich. 

Der zweite, der weitere Vorteil, dürfte darin liegen, dass hierfür - auf Europa und Deutschland bezogen - keine gesonderte Fahrerlaubnis erforderlich ist. Diese Zwitter darf jeder Fahrerlaubnisinhaber mit der Klasse 3 im öffentlichen Raum bewegen. Damit muss keine besondere Fahrprüfung absolviert werden, was sehr viel Geld spart.

Nun, stand der zirka 1,65 plus 2 bis 3 Zentimeter Körpergröße messende, vielleicht 65 plus ein paar Jährchen drauf gesattelt, aufweisende Vehikelfahrende, an seinem durchaus imposanten Gefährt und wartete. Er wartete auf seine Begleiterin, auf seinen Sozius, die / der hinter seinem eher untermassigen Körper auf einer schwarzen Kunststoff bezogen Sitzbank gethront hatte. Sie aber kam und kam nicht. Er nutzte diese einmalige Gelegenheit, um sich nun so richtig in eine, von Eitelkeit strotzende Position zu bringen.  

Da stand er denn, der Zwerg Nase mit Bart und einem Motorrad, das eigentlich kein richtiges Motorrad ist, aber niemand beachtete ihn. Diejenigen, die neben uns im Cafe´ saßen hatten den Zwerg in der Ledermontur mit Integralhelm eh nicht zur Kenntnis genommen. Schon deshalb nicht, weil sie bereits vom Alter her keinerlei Affinität zu Motorrädern entwickeln werden. Sie hatten ohnehin andere Dinge zu tun, vor allem sich mit Kaffee und Kuchen oder ähnlichen einzudecken. Zwerg Nase war enttäuscht und wandte sich wieder seinem Spielzeug zu. 

Dieses war auch besser für ihn, denn just in diesem Moment fuhr ein Kleinwagen des Ordnungsamtes der Gemeinde vorbei und der Mitarbeiter rief durch das herunter gelassene Fahrerfenster dem Fahrer des schwarzen dreirädrigen Motorrades zu, dass er sein Schätzchen doch bitte schön und zwar umgehend von dem Fußweg entfernen solle. 

Zwerg Nase sprintete zu seinem Krachmacher und ließ den Motor an. Sofort knatterte er mit dem Drei - Rad - Trike zum schräg gegenüber liegenden Parkplatz. Das Motorrad, das eigentlich keines ist, entschwand aus meinem Blickfeld. Die " Triumph - Dreiadler blinkte nicht mehr in der Sonne und Zwerg Nase war auch nicht mehr zu sehen. 

https://www.1000ps.de/modellnews-2347535-triumph-dreiradler  

Während ich diesen Post schreibe, erinnere ich mich an eine Feststellung, die meine bessere Hälfte in den Nachwendejahren traf, als sie mit einer ähnlichen Spezies von Mann geriet. Diese positionierte sich in Bermuda Shorts neben ihrem blank geputzten PKW und dem neu gebauten Einfamilienhaus. Eitle Selbstdarstellung also!

 So, wie es Zwerg Nase mit seinem dreirädrigen Motorrad gezeigt hat. Ein richtiges Motorrad hätte der kleine Mann gar nicht fahren können.


UDO LINDENBERG  -  Cowboy Rocker  -  Ball Pompös  -  1974:



 

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