Droht dem Freistaat Sachsen der Stillstand der Rechtspflege?



Aus einer Nachricht in einer Ausgabe des " SPIEGEL "  ( 8 / 2023 ) und in einem On - line gestellten Beitrag in der " Leipziger Volkszeitung " vom 18. März 2023 erhielt ich die Information, dass dem benachbarten Freistaat Sachsen aktuell mindestens 150 eingeplante Richterstellen -unbesetzt geblieben sind und es vor allem aufgrund der angespannten Personalsituation - vornehmlich - an dem Landesarbeitsgericht in Chemnitz zu drastischen Verfahrensverzögerungen kommt.  

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/sachsen-ueberlastete-gerichte-und-verzoegerte-verfahren-richter-bearbeiten-faelle-aus-2020-a-351c9d94-27b0-467d-9097-dbaf18797938

https://www.l-iz.de/politik/sachsen/2019/03/Sachsen-fehlen-150-Richter-und-mindestens-35-Staatsanwaelte-264751

Solche Probleme sind nicht neu. So berichtete beispielsweise der MDR in seinem Beitrag vom 25. 12. 2022, dass es bei der Neubesetzung von Richterstellen im benachbarten Freistaat zu eheblichen Schwierigkeiten kommt, weil sich keine geeigneten Bewerber fänden. 

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/juristen-rechtsanwaelte-mangel-rente-100.html

Droht dem Freistaat Sachsen in den kommenden Jahren damit der " Stillstand der Rechtspflege ", wie in § 245 der Zivilprozessordnung zu lesen ist? In den Fokus schlauer und weniger intelligenter Meinungsäußerungen in den diversen Fachpublikationen ist diese Vorschrift während der knapp 2 1/2 Jahre andauernden Anti - " Corona " - Maßnahmen gerückt. 

Nun ist die Seuchenzeit offiziell vorbei, doch eine solche droht dem Bundesland Sachsen in den kommenden Jahren. Dann nämlich, wenn bei den krampfhaften Bemühungen, die sukzessive frei werdenden Richterstellen, aber auch jene in der Justiz insgesamt. neu besetzen zu müssen. Das dürfte sehr schwierig sein, denn hier gibt es die viel zitierten Nachwuchssorgen. Das könnte im Freistaat Sachsen diverse Gründe haben.

Zum Beispiel wird eine Juristenausbildung nur noch in Leipzig angeboten. Hier mühen sich zurzeit zirka 2.700 Studierende, um der Erste Staatsexamen zu bewältigen. Das sind nicht gerade sehr viel; vor allem aber zu wenig, um die in den kommenden Jahren frei werdenden Stellen in der sächsischen Justiz mit hier ausgebildeten Volljuristen besetzen zu können. Weil die Einstellungsvoraussetzungen zur Aufnahme in das Richteramt nicht gerade trivial sind, denn ohne ein so bezeichnetes Prädikatsexamen wird auch dort kein Absolvent als geeignet qualifiziert, wird es somit noch schwieriger Eigengewächse heranzuziehen. Ein Examen mit einer Gesamtpunktzahl ab 18 bis 23,98 Punkten erreichen nicht allzu viele Prüflinge.

Weshalb der Freistaat Sachsen seine Einstellungsvoraussetzungen bereits vor einigen Jahren zurückgeschraubt hat. Nunmehr reicht eine Gesamtpunktzahl von 14,, bei je 7 Punkten für das Ersten und Zweite Staatsexamen ausreichend wäre.

Und dennoch klagt die sächsische Ministerin für Justiz und Demokratie, Europa und Gleichstellung Katja Meier ( https://www.justiz.sachsen.de/smj/staatsministerin-und-staatssekretar-in-3990.html ) über vorhandene Nachwuchsprobleme.

Obwohl seit Jahrzehnten die Zahl der Jurastudenten an den Universitäten stetig zugenommen hat, absolvierten in Relation zu dieser Anzahl immer weniger die beiden Staatsexamina erfolgreich.

https://www.lto.de/karriere/jura-studium/stories/detail/anzahl-jura-studierende-und-absolventen-2019-2020 

Und hier liegt denn wohl auch der Hase im Pfeffer. Weil zwar viel mehr Studierende als zu meiner Zeit ab 1980 die Universitäten bevölkern und eine enorm hohe Zahl dieser sich in der Jurisprudenz versuchen, kommt letztendlich ein immer niedriger Output aus der Ausbildungsmaschinerie heraus, weil die die Voraussetzungen, die jene Studierenden mitbringen immer unzureichender geworden sind. Eine erkleckliche Zahl jener Jurastudenten beherrscht die deutsche Sprache nur bedingt ( dieses ist aber eine zwingende Bedingung, um das juristische Rüstzeug mitzubekommen ). Auch die Allgemeinbildung lässt vielfach sehr zu wünschen übrig. Was nicht nur daran liegt, dass die oft kritisierte " Digitale Verblödung " auch hier nicht spurlos vorüber zieht; vornehmlich wohl aber, weil das Abitur zur Ramschware und als Standardabschluss verkommen sein dürfte.

So ist es denn nicht unbedingt verwunderlich, dass diese Faktoren zu einer hohen Durchfallquote von 25 % bis zu 48 % bei dem Ersten Staatsexamen  - nach neuem Recht, ab 2007 - führen. 

https://www.juraforum.de/juraexamen/jurastudium/jura-durchfallquote

Da hilft es nicht viel, wenn einige Bundesländer nun zu Maßnahmen greifen, der drohenden Personallücke, die sich in den nächsten Jahren ergeben wird, durch Absenken der Einstellungsvoraussetzungen, versuchen entgegen zu wirken. 

Obwohl der Freistaat Sachsen mit dem sich zusehends verstärkenden Problemen des Personalmangels innerhalb der Justiz nicht allein dasteht, macht gerade dort noch ein weiterer Trend der verantwortlichen Staatsministerin große Sogen. Das Bundesland Sachsen ist wegen der erkannten rechtsradikalen Auswüchse innerhalb bestimmter gesellschaftlicher Bereiche, für nicht wenige Rechtsassessoren unattraktiv. Hiergegen helfen auch keine höhere Besoldung, keine weitergehenden finanziellen Anreize oder auch das Rühren der Werbetrommel.

So verwundert es denn den Außenstehenden schon, wenn der amtierende sächsische Ministerpräsident Kretschmer sich gegenüber den Medien als Hardliner in Sachen Bagatellkriminalität zeigen möchte. Der große Meister der großen Worte und kleinen Taten posaunt denn populistische Begriffe, wie " konsequente Strafverfolgung ", den " Kampf gegen Schwarzfahrer und Ladendiebe " oder das " Sachsen ein sicheres Land bleiben soll ".

Schöne Vorstellungen, garniert mit martialischen Floskeln aus der Mottenkiste der Politik. Die Realität innerhalb der Praxis sieht anders aus. Auch die Strafgerichte ächzen unter der Arbeitslast, ja, der jahrelangen Überlastung. Weil im Freistaat Sachsen zunächst das Diktat des Sparens vorherrschte und auch vor der Dritten Gewalt nicht Halt machte, fehlt jetzt das Personal. Droht dem Bundesland demnächst der Kollaps und damit der Stillstand der Rechtspflege?    


AMON DÜÜL   -  Der Wind Am End Der Straße  -  Wolf City  -  1972:





      



 

    


        

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