Die Bee Gees,eine Popgruppe begleitet mich in den "Ernst des Lebens ".



Es war irgendwann an einem tristen Novembertag in den Endsechszigern, als der Song " Massachusetts " aus dem winzigen Radiolautsprecher des eher überdimensionierten ITT Schaub-Lorenz-Kofferradios quäkte. Geigenklänge leiteten das Lied der Bee Gees ein, dann folgte die nasale Stimme des Sängers Robin Gibb.

" Feel I´m goin´back to Massachusetts, something telling me, I must go home." Eine - für meinen damaligen Musikgeschmack - eher schwulstige Darbietung einer Popgruppe,die längst über ihr einstiges Wohnsitzland, nämlich Australien, hinaus bekannt war. Nur bei den vielen jungen und älteren Musikfreunden in der BRD eben noch nicht. Es kam, wie es kommen musste: quasi über Nacht wurden die drei Gebrüder Gibb nebst den Zuarbeitern Vince Melouney und Colin Petersen zu Stars. Ihr Stück mit dem unaussprechlichen Namen des US-Bundesstaates " Massachusetts " katapulierte sich binnen weniger Tage in die Hitparaden der BRD und war über Monate die Nummer Eins der " BRAVO " - Hitliste bei Radio Luxemburg.

Auf jeder Geburtstagsfeier meiner Schulkollegen,Bekannten und Sportkameraden wurde der Titel auf den mehr als einfachen, dafür tragbaren Plattenhobeln abgedudelt. Mit ging das Lied gehörig auf die Nerven. Die schmalzigen Geigeneinlagen, einfach gestrickte Melodie und der Singsang von Gibb - er war bald nicht mehr zu ertragen. Trotzdem waren die Bee Gees in den Medien all gegenwärtig, ob nun in der BRAVO ", der " HÖRZU " oder in der journalistisch höherwertigen Deutschlandausgabe von " Sounds " waren die Bee Gees ein Thema.

Auch die Sendung von jungen Leuten für junge Leute, der " Beat Club " von Radio Bremen, hatte die Formation einige Male in ihrer Sendung. Nachdem das provokative Format sich bei der Vorkriegsgeneration abgearbeitet hatte,wurde die Sendung nicht nur aufgefrischt,sondern sie erhielt eine zusätzliche Komponente, die da Zuschauerbeteiligung hieß. Die Glotzer durften ihre Lieblingsgruppe wählen,die dann in der Folgesendung auftrat oder nur eingespielt wurde. Tja, und es kam, wie es kommen musste, die Bee Gees siegten mehrere Male hinter einander. Bis dann endlich Protest aus den Reihen der Bee Gees-Hasser laut wurde und der Beat Club sich von jener Aktion verabschiedete.
 
Es dauerte noch einige Monate, dann lag auf in meinem langsam größer werdenden Single-Archiv eine 45er-Scheibe der Gibbs. " New York mining desater 1941 "; später folgte " Spicks & Specks ". Zwei durchaus hörbare Stücke, deren Texte ich natürlich damals nicht verstand. Wie sollte ich auch, denn mit 4 Jahren Englischunterricht von einer Doppelstunde je Woche, lässt sich nun mal keine Sprache erlernen.

Diese beiden, eher mäßig erfolgreichen Bee Gees-Songs waren denn wohl auch die Initialzündung für mich, während der " Disco "-Abende im CVJM-Heim in Bad Eilsen, auch die folgenden Veröffentlichungen der Gibb-Brüder zu spielen, obwohl ich sie ebenso wenig mochte,wie ihre Erfolgsnäselei " Massachusetts ". So drehten sich die Single " New York mining disaster 1941 ",  " To love somebody ", " Words ", das ähnlich lautende Stück in selbiger Machart " World " auf dem Plattenteller meiner Quelle - Universum 2x15 Watt - Stereo-Anlage.

Die eher schmalzigen Stücke der Gebrüder Gibb nebst ihren Mitmusikanten wurden zum Synonym der 60er - Jahre-Softbeat-Musik. Das orchestrale Brimborium drum herum war denn auch gewollt,denn das, was die Band bei diesen Titel selbst zum Besten gab, war eher mau. Dennoch waren die Bee Gees über viele Jahre überaus erfolgreich. Es lag wohl auch daran,dass sie gerde diesen softigen Stil pflegten, der im musikalischen Kontrast zu den Flower & Power-Titel rund um " San Franciso " von Scott McKenzie oder den Acid-Rock rund um jene Gruppen, wie die Grateful Dead mit ihrem leider viel zu früh verstorbenen Frontmann Jerry Garcia stand. Als Teenager war ich einst auf Pop eingestellt. Das lag wohl auch daran,dass ich eben in der provinziellen Umgebung und dem eher engen Freundeskreis keine Anhänger von anderen Musikrichtungen kannte.

So plärrten die Bee Gees - Titel auch jeder Fete, wenn zu einer etwas vorgerückten Stunde, nämlich ab 21.00 Uhr ( Schluss war spätestens 22.30 Uhr ) das Licht leicht gedämpft wurde und die rötliche Beleuchtung die vielen Hände, die sich unter die Textilien der anwesenden Mädchen schoben, eben nicht erkennen ließen. Grabbel - oder Grabsch-Stunde, so nannte wir diesen Zeitabschnitt der Fete. immer eng verbunden mit den Brothers Gibb - Stücken " To love somebody " bis " World " und später dann " First of may ", " Lamplight " und das Sololied des Robin Gibb mit dem viel sagenden Titel "Saved by the bell ", ein extrem schön-schmalziges Lied.

Ende der 60er Jahre verschwand dann auch mein Interesse an den Bee Gees, die sich wohl nicht dem geänderten Musikgeschmack der Musikfans anpassen wollten oder es auch nicht konnten. Die Konsequenz daraus war die Auflösung der Formation, nachdem es allerdings zwischen die Brüdern Gibb noch einen heftigen Streit gegeben hatte.
Während sich die Pop-Welt und ihre Anhänger anderen " Stars " widmeten, gelang es den Bee Gees bereits Ende 1970 und nach Beilegung der Zwistigkeiten, ein Comeback zu starte. Auch wenn der Verkaufserfolg ihrer Veröffentlichungen, wie z.B. "Lonely days " und " How can you ment a broken heart " ihnen noch jeweils eine Goldenen Schallplatte einbrachte und die hierzu heraus gebrachte LP " Cucumber Castle " ein Knaller war, nach dem das Mega-Album " Odessa " ein Jahr zuvor als Platin-LP geführt wird, stiegen die drei Brüder eher in die Versenkung ab.

Bereits vor ihrer Auflösung waren die Bee Gees musikalisch betrachtet für mich kein Thema mehr. Der näselnde Gesang des Trios ging mir gehörig auf den Zwirn. So verkaufte und verschenkte ich ihre erworbenen Single an eine Dorf-Pommeranze, die - nicht nur geschmacklich gesehen - den letzten Schuss nicht gehört hatte und erwarb für das Geld eine LP von " Steppenwolf " mit dem Titel " At your birthdayś party ".
Der absolute Tiefpunkt der Bee Gees war dann für mich Ende der 70er die Veröffentlichungen rund um die Eintanz-Schmonzette mit dem Titel " Saturday Night Fever ". Der Eunuchen-Gesang der Gibbs war grausam - er ist es heute noch.


Was vor mehr als 43 Jahren mit dem Welt-Hit " Massachusetts " eingeläutet wurde, setzte sich zu einer Weltkarriere fort. Die vielen Lieder der Bee Gees begleiteten mich ein Stück in meiner Jugend bis hin zum Versuch, einen eigenen Weg zum Erwachsenwerden zu finden. Sie schallten aus den Lautsprechern der Jahrmarkt-Fahrgeschäfte, aus den Kofferradios der Jugend im Freibad von Bad Eilsen und aus den Musik-Boxen so mancher Kneipe in den bewegten 60er Jahre. Ihre Faszination haben sie in gewisser Weise bis heute nicht verloren; auch dann nicht, wenn statt der 45er Vinyl-Scheibe eine CD mit den bekannten Stücken bei mir abgespielt wird und dass knisternde, knackende Einlaufgeräusch längst zur Vergangenheit gehört.
So, wie  " Massachusetts " ein Teil dieser ist:


Feel I'm going back to Massachusetts
something's telling me I must go home
and the lights all went out in Massachusetts
the day I left her standing on her own
Tried to hitch a ride to San Francisco
gotta do the things I wanna do
and the lights all went out in Massachusetts
they brought me back to see my way with you
Talk about the life in Massachusetts
speak about the people I have seen
and the lights all went out in Massachusetts
and Massachusetts is one place I have seen
I will remember Massachusetts
I will remember Massachusetts
(I will remember Massachusetts)
I will remember Massachusetts

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Man kann sagen, was man will, die Gibb Brothers sind die ungeschlagenen Könige des Comebacks und das über Jahrzehnte. Laut Wikipedia feilen sie wohl ernsthaft an was neuem...

Natürlich waren da verschiedene Schlenker in Richtung des jeweiligen Zeitgeistes dabei, aber gerade mit der, von dir angesprochenen, Disco-Phase ist es doch letztenendes so, dass sich kaum einer traut, diese gut zu finden, aber sobald »Night Fever« oder »Tragedy« ertönen, wippen dann doch alle mit und kennen den Text. Ungeachtet dessen halte ich u. a. das »Odessa«-Album (und nicht nur allein wegen »Lamplight«, obwohl es unbestritten greßartig ist) in kreativer Hinsicht für eines DER Highlights im Bee Gees-Katalog. Vom 2001er-Album »This Is Where I Came In« (wo eigentlich nur der Titeltrack überzeugt, dafür aber richtig!, der Rest war Boyband-Sound) bis zurück zur »Spicks And Specks«-Phase hat sich der Sound, die Art der Musik unzählige Male verändert. Aber gerade durch ihre Stimmen, sind es eben immer die Bee Gees und die Anzahl der Hits, die die Herren für sich und andere geschrieben haben, ist gefühlt endlos.

Hab ich mich jetzt tatsächlich als Fan geoutet? Haha, ich gebs zu, ich hab noch ein paar Originalpressungen im Vinylregal und einige CDs am Start.

Schön, dass wir mal drüber reden und außerdem großartig, dass ich nicht alleine bin! ;o)
Octapolis hat gesagt…
Ach so, ich sollte vielleicht noch anfügen, da ich durch die spätere Geburt und dann noch auf der anderen Seite des Zaunes, nicht chronoliogisch miterlebender Zeitzeuge bin, sondern mir das, wie vieles andere auch, mit der gaaanz großen Kanüle erst nach 1990 injiziert habe, wenn du weißt, was ich meine. Darum wieder mal: DANKE HELMUT! ;o)
JEDEM SEIN GESCHMACK!!!

Eine "Dorf-Pommeranze"
Lobster53 hat gesagt…
Hoi, Octa, jetzt habe ich wohl voll in Deine musikalischen Befindlichkeiten gegriffen? Na, ja, wie schon geschrieben: In Wahrheit bin ich als 70er Jahre-Nostalgiker auch ein Anhänger der Bee Gees geowrden, sonst würde sich nicht die DCD von 2001 ab und zu in meinen Playern wider finden. Waren schon gut, de Jongs damals!
mcdustsucker hat gesagt…
Robin, nicht Maurice Gibb war und ist der "Hauptsänger" auf Massachusetts - und die Band heißt Grateful Dead, nicht Greatful Dead. Hat nichts mit Größe zu tun.
Gruß
Octapolis hat gesagt…
Ohne Frage! Ich weiß nur noch nicht, ob ich wirklich noch mal ein Comeback, dazu noch zu zweit, brauche, aber mich werden die Herren nicht fragen...
Lobster53 hat gesagt…
" You are right,mcdustsucker !". Danke für die Korrekturen. Nobody is perfect. war gerade auf Deinem Blog. Da scheint ein echter Fan am Werke zu sein? Schönes WE Jürgen.

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