Eine Geschenkpackung zur Deutschen Einheit: Ost-Rock in Klassik.

Nun ist er wieder abgefeiert,der 20. Tag der Deutschen Einheit. Mit dem üblichen Veranstaltungsklamauk werden auf vielen Bühnen viele Politiker eher wenig zu sagen gehabt haben. Auf der so genannten Zentralfeier in Bremen quasselte Wulff als Bundespräsident, in Berlin Lammert als Bundestagspräsident und in Sachsen Tillich als Ministerpräsident.
Es gab in den meisten Bundesländern derartige Zusammenkünfte, um jenen Tag zu huldigen, an dem de jure die DDR unterging und das DDR-Geschichtsbuch zugeklappt wurde.
Doch die DDR lebt noch. Sie ist längst zur Untoten geworden. Sie spukt im Geist vieler Ex-DDRler herum, wird zum Ungeist vieler Ex-BRDler und nagt am Hirn der Generationen 1990 plus.
Diese fragen sich - völlig zu recht - was damals in der Zeit vom 07. 10. 1949 bis 03.10. 1990 in der Deutschen Demokratischen Republik eigentlich geschah.

Neben den ungezählten Veröffentlichungen,die sich in Wort,Bild und Ton mit jener Zeit beschäftigen,gibt es natürlich jene Zeitzeugen,welche aus dem eigens Erlebten über viele Tage plaudern könnten. Menschen, die in den einstigen zweiten deutschen Staat geboren, groß geworden und de facto eingesperrt worden sind. Der große Käfig, bestehend aus Mauer,Stacheldraht und Selbstschussanlagen,zusätzlich bewacht von einigen tausend Grenzsoldaten, war ein Markenzeichen der DDR. Ein zweites war die staatlich verordnete Gesinnungsschnüffelei und Kontrolle der Bürger durch den Staat und dessen repressiver Organe. Staatssicherheit - im bekannten Kürzel Stasi genannt - galt als eine perfide Grundlage der oft Menschen verachtenden Staatsdoktrin. Getreu dem Motto: " Wer nicht für uns ist,ist gegen uns ", regierte eine spätere Altherrenriege in dem Land zwischen Elbe, oder und Neiße, nach Gutsherrenart.

Trotz der staatlichen Beschränkungen, Bevormundungen und Bespitzelungen, gelang es der Speerspitze der Arbeiterklasse der "Deitsche Demmokratiche Rebulik " der SED und ihren Fans nicht,bei vielen Bürgern das Hirn auszuschalten und deren Gedanken zu lesen. Zu den Unbotsmäßigen der Jahre ab 1965 ff. gehören die Künstler,die sich zum Teil eben nicht gängeln lassen wollten.

Einst warnte der einstige DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht seine Zuhörer in nah und fern mit den Worten:

„Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nur kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen.“

www.youtube.com/watch?v=tberaaHLTPE -

 

Nun,Ulbrichts Worte gaben bereits damals die Richtung vor,in der sich die Kunst,insbesondere die Musik, in dem Arbeiter-und Bauerstaat hinzu bewegen hatte. Sie sollte sich auf das Eigentümliche,das Volkstümliche,das Traditionelle besinnen. "Yeah,Je-Jeje!", das war dekadent bis in die Fußspitzen. Das war kapitalistische Indoktrination. Das war vor allem Opium für das jüngere Volk.  

Während sich der Klassenfeind im Westen voll umfänglich den Kübel mit musikalischer Jauche von der anglo-amerikanischen Modevermarktungsindustrie überschütten ließ, wuchs jenseits der Demarkationsgrenze ein zarten Pflänzchen heran,dass im Verlaufe der Jahre sich zu einer eigenständigen Marke entwickelte: der Ost-oder DDR-Rock.

Von der Staatsführung und ihren Kontrollorganen argwöhnisch belauert,vielfach verboten oder zensiert, gaben DDR-Formation ab den Mitsechzigern und Siebzigern bis weit in die 80er den musikalischen Ton bei der überwiegenden Mehrheit der Jugendlichen an.

Ob nun die Renft Combo, Karat,Stern Meißen,die Puhdys,Silly,City,Pankow,Karussell,Keimzeit, Electra oder Oktoberklub. Sie alle gehröten, wie auch Ute Freudenberg,Veronika Fischer oder Sonja Schmidt zu der damaligen Szene. Jener Musikkategorie, deren Lieder nicht nur DDR-Spezifisches ausdrückten,sondern inhaltlich nicht nur ein Mal am Rande der Legalität standen. Die Gedanken dieser Künstler waren zwar frei,deren musikalische Umsetzung blieb jedoch zensiert.

Für die Majorität der BRDler mit Hang zur Beat -, Pop - und Rockmusik blieb diese Szene sehr lange im Verborgenen. Sie rauschte an den Westerler genauso schnell vorbei, wie jene Jahre,in denen sich populäre Musik entwickelte, etablierte und veränderte.

Bis auf einige Ausnahmen, wie einst Nina Hagen, die durch ihre Solidaritätsbekundung zu dem 1976 ausgebürgerten Wolf Biermann flugs auch zur persona non grata abgestempelt wurde, den Vorzeigeformationen, wie die Puhdys, Karat oder City, deren Veröffentlichungen sukzessive - als erwünschte Devisenquelle - im Westen durchaus bekannt waren,herrschte im Allgemeinen Unkenntnis und oft Unverständnis zu der DDR-Musikszene.

Dabei waren es erstklassige Interpreten, wahre Könner ihres Fachs und wunderbare Komponisten,die sich hinter dem Eisernen Vorhang des UdSSR-Bruderstaates verbargen. 

Erst mit der Brandtśchen Ostpolitik der Versöhnung und Entspannung gelang es später einigen Rockgruppen aus der DDR auch - zwar sehr selektiv - in den Alten Bundesländern aufzutreten. Manchmal waren sie auf Festivals zu sehen, so wie ihre Kollegen - innen aus Polen, Ungarn der Tschechoslowakei, die allerdings häufiger die eher avantgardistisch ausgerichteten Jazzer los schickten.

Für mich als Musikfanatiker der Prä-Beatles-Dekade war Ostrock längst zu einer bekannten Größe geworden. Nicht nur durch dank der eher unkonventionellen Radiohörgewohnheiten, die sich neben den nord-westdeutschen öffentlich rechtlichen Angeboten von WDR I, WDR II, NDR II, Radio Bremen "Hansawelle",auch jene DDR-Sender präferierte, deren Grundausrichtung unisono propagandistisch waren,so beispielsweise DT 64, Deutscher Soldatensender(935) und Deutsche Freiheitssender 904,deren Musikinhalte zwar populär ausgerichtet,deren Beiträge allerdings auf der Agitationsebene anzusiedeln waren.

Hier spielte die DDR-Rockmusik eine tragende Rolle. Schon allein deshalb kannte ich sie durchaus,die Bands aus dem sozialistischen Nachbarland.

Wenn jetzt, über 40 Jahre nach ihrer Gründung und 20 Jahre nach dem Mauerfall eine Veranstaltung  Ost-Rock Kassik ( meets Classics ) " lautete,die vom MDR Fernsehen am Samstag ausgestrahlt eben jene Gruppen aus den vergangenen Dekaden zum Teil wieder auf die Bühne bitet,dann hat das nicht nur einen Nostalgieanstrich. Nein,es zeigte mir das gute Musik zeit - und grenzenlos ist. Neben älteren Herrschaften,die wohl die meisten Protagonisten in ihrer Jugend live erleben durften, fanden sich doch erstaunlich viele junge Gesichter unter den Zuschauern. Ein sicheres Anzeichen dafür,dass sich diese Musikrichtung nicht nur überlebt hat,sondern sie nach wie vor populär ist. Diese Erkenntnis führte einige DDR-Bands seit 2007 dazu,ihre Schaffensjahre in einer Veranstaltung Revue passieren zu lassen. Begleitet von einem exzellenten Orchester aus Babelsberg.

Jenseits der heutigen Plastik-Einweg-Verfalldatumsmusik,deren Interpreten nach einigen Monaten bereits wieder aus dem Gedächtnis des Zuhörers entschwunden sind,neben der Gigantomanie der etablierten US-GB-Formationen und dem "Krautrock " bis " NDW "-Verdummungsnostalgieshows in den Privaten, war eben jene  Sendung eine wohltuende Abwechselung. Leider beschränkte sich die Aufzeichnung nur auf 1,5 Stunden und auf das MDR-Sendegebiet - wenngleich dieses dank der modernen Empfangstechniken eher das geringere Problem sein dürfte - sowie auf die Creme'de la'Creme des DDR-Rocks. Trotzdem war es schon eine Ohrenweide,wie die in die Jahre gekommenen Damen und Herren, manchmal unterstützt von jüngeren Künstlern,ihre Musik zum Besten gaben.

Bereits am Freitag hatte die Gruppe "Silly" bei dem Raabśchen " German Song Contest " einen glänzenden 2. Platz belegt. Das Stück " Alles rot " ist aller erste Sahne, die Musiker sind es eh - insbesondere die Frontfrau Anna Loos hat ńe prima Röhre und der Gitarrist Uwe Hassbecker ist herausragend. 

Silly wäre ein gutes Beispiel dafür,dass die ewig junge Musik der Spätsechziger und Siebziger auch heute noch ankommt,wäre sie nicht auf das reduziert, was eben vor über 20 Jahren noch existent war die Kultur zweier deutscher Staaten,die - eher gewollt - nie so richtig zusammen wächst, so lange diese Art von Veranstaltungen nur von dem ostdeutschen Publikum besucht werden. Schade,eigentlich!

http://de.wikipedia.org/wiki/Ostrock_in_Klassik

 

 

 

 

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