Ham'se am Samstach,Hamm jesähn? Hatta da jerechnet!

Während der Ball in der höchsten deutschen Profiliga seit einigen Wochen wieder rollt, die Bundesliga dabei Kopf steht und die "Underdogs" den etablierten Vereinen so richtig den Marsch blasen,kommen bei mir Erinnerungen an die ungezählten Jahre hoch,in denen ich die WDR-Sendung " Sport und Musik " hören konnte.
Zu Beginn der Bundesliga war ein Empfang des Hörfunkprogramms des Westdeutschen Rundfunks aus Köln nur bedingt möglich. Der UKW-Sender von einst hatte längst nicht jene Leistungsstärke,wie es heute der Fall ist.
Was ursprünglich, nämlich nach 1948, als NWDR -Programm von den West-Alliierten genehmigt und danach als Programm umgesetzt wurde, hatte mit den jetzigen Verhältnissen nur sehr wenig gemein.
Es gab nur eine geringe Anzahl an Sendungen. Die Sendezeiten waren zeitlich stark begrenzt. Die Sendeinhalte bieder,piefig und politisch eingefärbt

Erst im Verlaufe der weiteren 2 Dekaden änderte sich dieses. Der WDR wurde zunächst im Jahre 1950 auf eigene Füße gestellt und löste sich von der Nordwelle des NWDR.
Später erfolgte auch eine Ausweitung der Sendefrequenzen auf dem Ultrakurzwellenbereich.
Die Empfangsmöglichkeiten der damaligen Radiogeräte war zudem nicht mit der heutigen Technik vergleichbar. Oft gab es atmosphärische Störungen,die durch Wetterbedingungen verursacht dann den Empfang über eine provisorische,später dann terristischen Antenne erheblich minderten.

Als im Jahre 1963 die WDR-Sendung " Sport und Musik " zum ersten Mal ausgestrahlt wurde,konnte ich diese noch nicht empfangen. Die Fußballspiele wurden allerdings auch vom NDR übertragen, dessen Berichterstattung sich überwiegend auf die norddeutschen Klubs, als den HSV,später dann Hannover 96 oder Eintracht Braunschweig beschränkten.
Als dann Kurt Brumme, ein einstiger Rundfunkkommentator und späterer Moderator des WDR die Bundesliga-Livekonferenz ins Leben rief, waren sämtlich Spiele der höchsten Klasse am Samstag in der Berichterstattung eingebunden. Damals begannen alle Partien um 15.30 Uhr und endeten beinahe zeitgleich um 17.15 Uhr.

Kurt Brumme konnte ich ab den 70er Jahren regelmäßig aus dem ITT Schaub-Lorenz Kofferradio meiner Eltern hören,dass einen für damalige Verhältnisse sensationellen Empfang bot. Die Sendung des WDR wurde zunächst über das 1. Programm ausgestrahlt.
Neben Brumme waren eine Vielzahl von Mitarbeitern in dieser Kult-Sendung beschäftigt:

Einige der Protagonisten haben es dann viele Jahre später bei dem Privatsendern von RTL,SAT 1 oder PREMIERE(heute SKY) als Reporter versucht. Diese Experimente verliefen jedoch nicht immer sehr glücklich. Wenn ein Werner Hansch im Rundfunk über  ein Bundesligaspiel auf Schalke berichte,dann war das Fußball zum Anfassen. Das ging teilweise unter die Haut oder erzeugte Lachsalven.

Wenn Jochen Hageleit von einer Partei zwischen Hamborn 07 und Rot Weiß Essen eingeblendet wurde,erging es dem Zuhörer ähnlich. Hageleit dramatisiert allein schon über eine sich ständig verändernde Stimmlage das piel,auch wenn es manchmal eine üble Gurkerei war. " Jetzt geht er auf rechtsaußen die Linie entlang! Am ersten vorbei, am zweiten, und verliert dann den Ball!" Klasse!

Einige der WDR-Mannen waren aber auch Langweiler. Zu ihnen gehörten zum Beispiel Klaus Peter Doetsch, Werner Hofmeister oder auch Ludwig Hertel. Ihre Beiträge waren oft nur zum Einschlafen, weil sie eher emotionslos und fade, ohne Ecken oder Kanten herunter geleiert wurden.
Dagegen waren die Bazi-Lobhudeler, um Hansi Küpper, Eddie Körper oder Dietmar Schott echte Rabulistiker,wenn es darum ging, den FCB ins rechte Licht zu rücken. In den 80er, als mein SVW den Bazis öfters in die Meisterschaftssuppe spukte wurden diese Herren richtig giftig. Schott phrasierte anlässlich eines Fußballländerspiels in Bremen von abreisenden Zuschauern aus der Provinz,die gerne einmal guten Fußball gesehen hätten.
Körper achtete bei jeder Live-Übertragung in der Konferenz darauf,dass die Bazi-Spiele den größten Sendeanteil erhielten,woraufhin sich Walter Jasper von Radio Bremen - völlig zu recht - darüber echauffierte,dass ihm ständig das Wort abgeschnitten würde,obwohl der SVW damals der BL-Meister war.
Ja, diese Halunken waren sich schon dabei vollkommen einig,wenn es um die Favoritenstellung des Münchener Hollywood-Ensemble ging,diese auch x-Mal in den Beiträgen hervor zu heben.

Auch wenn so manche Parteilichkeit bei den Reportern des WDR-Sportteams mehr als nur ein Mal durchschimmerte,machten die Radiosendungen immer große Freude. Es waren die spannenden Berichte zu den vielen Bundesligaspielen seit Beginn der ersten Profiliga,die  im Verlaufe der Saison aus den Entscheidungen über Sieg,Unentschieden oder Niederlage gesprochen, kommentiert und reportiert wurden. Sport und Musik war für mich über viele Jahre eine feste Größe im Leben.

Zu den bekannten Moderatoren dieser Sendung zählte natürlich die Stimme von Kurt Brumme. Einem Urgestein des Rundfunks,des WDR und der Sportübertragung im Rundfunk. Brumme war über mehr als 3 Jahrzehnte die erste Adresse im WDR. Er war kompetent,witzig und kreativ. So gestaltete er zum Beispiel einen Sendeteil,der sich mit dem internationalen Fußball befasste. Schlitzohrig kreierte der Kölner darin ein Telefonat,dass er mit einem englischsprachigen Kollegen führte, der im über eine Telefonzelle und unter Zuhilfenahme eines auf die Sprechmuschel gelegten Taschentuchs die  Ergebnisse der 1. Englischen Liga bekannt gab. Dadurch entstand bei einem Zuhörer der Eindruck der Kollege wäre auf der Insel und führe von dort aus das Gespräch.

Eine weitere Eigenart waren seine Kalauer, die er in seiner Moderation immer wieder einstreute. So witzelte er eines Tages: " Jetzt kommt ein Satz mit dem berühmten Ham sam sam und hat tat da!" Ham'se'am Samstach Hamm jesehen? Hattat da jerechnet!" ". Gemeint waren damit die Ergebnisse der einstigen Oberliga Westfalen, in der einst die Hammer SpVg sowie auch SC Eintracht Hamm ( jetzt SC Eintracht Heessen ) gelistet waren.
Dass es dabei auch um einen gewissen Lokalkolorit geht,denn die Region um Hamm in Westfalen gilt als eine der Regen reichsten Gebiete in Deutschland,konnten nur Insider wissen.

Eine weiterer, von Brumme wohl selbst erfundener, Witz ließ er anlässlich des Spiels der Mannschaften von Bayer 05 Uerdingen gegen den FC Bayern München,als er kalauerte: "Bayern, wir setzen euch heute Mattson!". Gemeint war der schwedische Nationalspieler Mattson,der in dieser Zeit bei dem NRW-Verein spielte.

Kurt Brumme hatte in fast jeder Sendung einige dieser Scherze auf Lager. Selbst dann noch, als für viele NRW-Vereine die guten Jahre vorbei rauschten und ihre einstigen Fußballmannschaften bereits in den unterklassigen Regionen kickten,weil die vormaligen Erfolgsgaranten,nämlich Fußball malochen, ebenso ad acta gelegt wurden, wie deren Geldgeber in den Bereichen von Kohle,Stahl. Das Bundesland, der Pott und die NRW-Regionen veränderten ihr Gesicht. So auch der Brötchengeber des Sportmethusalem Brumme.

Im Jahr 1991 wurde die bisher auf WDR 1 ausgestrahlte Sendung Sport und Musik, in der die Fußball-Bundesliga und die ARD-Schlußkonferenz übertragen wurden, von WDR 1 ins Programm von WDR 2 genommen.

Nachdem Kurt Brumme seinen Abschied genommen hatte,änderte der WDR im Zuge einer umfassenden Programmreform auch das Aussehen und den Inhalt der Sportsendungen. Aus Sport und Musik entstand Liga Live.

Inzwischen erfuhr nicht nur er an seinem Arbeitsplatz bis zu seiner Verabschiedung 1988 einige gravierende Veränderungen durch die moderner werdenden Übertragungstechniken,sondern auch seine Lieblingsmaterie,der Fußball änderte in dramatischer Weise sein Gesicht. Mit der rasenden Kommerzialisierung verschwanden auch einstige Attribute des Profifußballs. Dazu gehörte die Vereinstreue, das faire Spiel und die Achtung vor dem Gegner und Mitspieler.

Als Brumme 2005 im Alter von 82 Jahren verstarb, gab es seit fast 15 Jahren einen gesamtdeutschen Fußball und damit auch eine Öffnung zu dem europäischen und internationalen Transfermärkten. Das dabei enorme Geldsummen die gewichtige Rolle spielen,musste auch er noch miterleben. Damit verschwanden aber auch Sportjournalisten seines Kalibers von der Bildfläche,denn das Personalkarussell drehte sich auch auf ihren Arbeitsfeldern rasend schnell. Ich vermute,dass es Kurt Brumme überhaupt nicht gefallen hat, ebenso wenig,wie die Zersplitterung der Spieltage in drei Blocks. Wer Brumme über viele,viele Jahre live hören durfte,kann sich sofort denken,warum.

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