Biermann biedert sich im Bundestag an.


Karl Wolf Biermann, geboren am 15. November 1936 in Hamburg wird demnächst 78 Jahre alt. Ein schönes Alter. Ein Alter in dem man eigentlich in einem Schaukelstuhl sitzend, sein Restleben ruhig angehen lassen könnte. Den Blick über den Hand gepflegten Garten des eigenen, längst abbezahlten Einfamilienhauses schweifend und einen sonnigen Spätherbsttag genießend. Dazu vielleicht im Hintergrund des stilvoll eingerichteten Wohnzimmers mit Bücherwand eine Symphonie von Brahms, Schubert oder Haydn über die opulente Stereo - Anlage hörend. Oder alternativ hierzu, an seinem unaufgeräumten Schreibtisch im ergonomisch geformten Ledersessel mit automatischer Beheizung sitzend, den zweiten Teil seiner Memoiren schreibend und ein zünftiges Gläschen hoch preisigen Rotweind trinkend, die uralte Schreibmaschine aus vorvergangenen, revolutionären Tagen , malträtierend, seine Erlebnisse nieder schreibend. Jedoch mit absolut notwendigen, schöpferischen Pausen - man ist ja schließlich nicht mehr der Jüngste.

Doch Wolf Biermann zog es am 7. November des Jahres 2014, noch 77jährig, nach Berlin. Trotz des Lokführerstreiks und alledem auf den zu vollen Jagdstrecken für Rechtsbrecher. Von Hamburg, wo er seit vielen Jahren wieder wohnt. Er war der Gast des Herrn Norbert Lammert ( CDU ), seines Zeichens Bundestagspräsident. Lammert lud Biermann ein, ein Lied zur offizinellen Feierstunde anlässlich des 25. Jahrestags des Mauerfalls ( oder besser, zunächst der Grenzöffnung ) den anwesenden Parlamentariern zu kredenzen.

" Ermutigung ", so heißt das Lied, dass Wolf  Biermann dort singen sollte und das auf seiner 1974er LP " aah-ja! - erschien und das er bereits 1968 in seinem Gedichtband " Mit Marx - und Engelszungen " über den Klaus Wagenbach Verlag veröffentlichen ließ.
Ermutigung beinhaltet das Substantiv Mut. Mut hatte Wolf Biermann bereits in den 1960er Jahren, als er von den DDR - Bonzen ein Auftritts - und Veröffentlichungsverbot erheilt. Was Biermann natürlich nicht daran hinderte, auch weiterhin im engen Freundeskreis gegen die SED - Politik zu wettern.
Das er und auch viele andere Intellektuelle aus den oppostionellen Reihen von Einem der Ihren bespitzelt und an die Staatssicherheit verraten wurden, konnte Biermann damals noch nicht wissen. Sascha " Arschloch " Anderson, so heißt der IM, der sie alle ans Messer der Stasi lieferte.
Nun, Wolf Biermann wurde 1976 ausgebürgert und musste - wie viele seiner Freunde und Sympathisanten später - die DDR verlassen.

Die Gründe, die zu dieser Maßnahme geführt haben, sind denn eher vorgeschoben gewesen. Der DDR - Machtzirkel war immer von jedem Schritt des Künstlers bestens informiert. So, wie es bei anderen aus seinem Umfeld auch der Fall war.

Nach der Wende, dem Zusammenbruch der DDR und der Wiedervereinigung, erkannte Biermann, dass er eigentlich von Beginn seiner politischen Tätigkeit an, durch die Staatsorgane bespitzelt worden war. Später, nämlich in der BRD, übernahm diese Bespitzelung sein Manager Dieter Dehm und dessen Christa Desoi. Sein Glaube an das Gute in dem anderen deutschen Staat mit seinem real existierenden Sozialismus wurde damit bis auf das Mark erschüttert.
Der Liedermacher führte sodann einen persönlichen Rachefeldzug gegen all jene Ex - DDRler und angebliche Nachfolger der SED, ob nun PDS oder " Die Linke ".

Außer einigen abstrusen Äußerungen zu bestimmten außenpolitischen Themen, wie den Irak - und den Kosovo - Krieg, wo Biermann eine aktive Beteiligung der bundesdeutschen Streitkräfte an militärischen Aktionen befürwortete, wurde es nach 1994 sehr still um den einstigen Querdenker und Gesellschaftskritiker.

Jetzt war er eingeladen worden, von dem Herrn Präsidenten, wie Lammert sich gerne von seinen Bundestagsbürodamen nennen lässt. Er sollte nur das eine Lied zur Feierstunde singen. " Ermutigung ". Ein zeitgemäßes Stück aus dem reichhaltigen Biermann - Repertoire. Reden durfte er eigentlich nicht, denn dazu war er von Lammert nicht eingeladen worden. Er tat es dennoch.

Er bezeichnete sich als " Drachentöter ", der die " Drachenbrut " in Gestalt der SED, der Nachfolger in Gestalt der " Linke " bekämpfen möchte.
Diese seien nicht links, sondern reaktionär.
Nachdem er ordentlich Dampf abgelassen hatte, die Anwesenden meist eher betreten schwiegen, sang er endlich sein Liedchen " Ermutigung ". Gitarre spielen kann er auch nach vielen Jahrzehnten immer noch. Singen natürlich immer noch nicht. Das will er ja wohl auch nicht mehr lernen.

Ermutigend war, dass - ich habe den Auftritt des Barden von damals nicht im Fernsehen gesehen - ein alter Mann in dem im Netz kursierenden Video zu sehen ist. Eisgraue Haare, ein rundliches, ja ein Mondgesicht und statt des Seehundsbärtchens von damals, nun einen Stoppelbart tragend.
Nö, Wolf, du hast dich wirklich nicht verändert. Immer noch der Sponti von einst. So reden, wie der Schnabel gewachsen ist. Auch wenn es gegen jedwede Konvention - besonders die, de Hohen Hauses - verstößt.
Nur: Seit der Wende, dem 9. 11. 1989,  hat sich die Welt insgesamt 9131 Mal um sich selbst gedreht. Die Bundesdeutschen sind, sofern sie an diesem Tag bereits geboren waren, exakt um 25 Jahre gealtert und sind 2 Mal Fußballweltmeister geworden.
Damit hat sich auch das Land, in dem wir leben, verändert. Aus der abgewickelten DDR ist Deutschland geworden, aus der abgewrackten SED - Planwirtschaft ein Teil des globalen Kapitalismus, aus der SED jedoch keine neue Partei mit dem Namen " Die Linke ".

Biermann hat hier im Bundestag, im Beisein der auch von ihm einst so heftig kritisierten Politprominenz aus den bürgerlichen Parteien, zwar kein Blatt vor dem Mund genommen, um seinen persönlichen Rachefeldzug wieder aufzunehmen, doch er traf dabei die falschen Personen, die sich  " Linke " nennen, weil die Partei sich so benannt hat. Der bieder bürgerliche Biermann im Bundestag. Man möge es ihm mit seinen bald 78 Jahren verzeihen, dass er die Lammer´sche Steilvorlage versucht hat in einen Treffer gegen die " Linken " als SED - Nachfolger umsetzen zu wollen. Doch, der Biermann - Schuss ging ins eigene Tor.

Lass´s gut sein, Wolf. Du hast genug gesungen, geredet und geweint, über jene vielen Wunden, die dir das Leben zugefügt hat. Außer den Alten von einst, will das aus der Generation " Wende " keiner mehr hören.  
Was hast du damals, im Frühjahr 1978, im rappelvollen " Pumpwerk " in Wilhelmshaven bei deinem Auftritt behauptet? " Dogmatiker bekommen weniger Kinder als Spontis! " Aber sicher. Die einen halten sich an die Lehre, den anderen ist diese scheißegal. Wie war das noch? Du hast wie viel Kinder? Mit wie vielen Frauen?

http://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Biermann


Kommentare

Octapolis hat gesagt…
da muss man altershalber milde walten lassen... vielleicht weiß er einfach nicht mehr, was er tut.

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