Zipperlein
Pünktlich zum Urlaubsantritt fing ich mir einen Schnupfen ein. Der wurde mutmaßlich von der falsch eingestellten Klimaanlage unseres japanischen Raumwunders verursacht. Meine Nase triefte und ich fühlte mich bereits bei unserer Ankunft in Prerow so schlapp, als hätte ich einige Bleiklumpen in den Gliedern.
Deshalb ließen wir die ersten Euros nicht nur in einem nahe gelegenen Supermarkt und einem Fischrestaurant, sondern auch in der gegenüber der Straßeneinmündung befindlichen Apotheke.
Die sündhaft teuren Mittelchen gegen die eingefangenen Zipperlein sind jedoch das kleinere Übel, wenn es darum geht, sich damit nicht die gesamten Urlaubszeit hindurch quälen zu müssen. So schluckte ich brav die kleinen Kapseln mit dem Wunderstoff, der mir bereits einen Tag später eine deutliche Verbesserung brachte. Die Nase - zwar immer noch leicht gerötet - lief nun nicht mehr und der Papiertaschentuchverbrauch ging rapide zurück.
Eine Erkrankung im Urlaub bedeutet nicht nur vertane Urlaubsfreuden, sondern bringt auch das Problem der Arztsuche, der Sprachschwierigkeiten dabei sowie der Behandlungskosten mit sich.
Das alles kann sich ein verschnupfter Erholungsuchender freilich sparen, denn bei einer laufenden Nase muss er keinen Doktor aufsuchen. Der würde ihn sowieso nur irgendwelche Rezept freie Medikamente empfehlen, die er selbst zu zahlen hat.
Als ich so Mitte der 1980er Jahre zum zweiten und damit auch letzten Mal die großartigen Vereinigten Staaten von Amerika besuchte, holte ich mir prompt wegen der viel zu kalt eingestellten Klimaanlage einen satten Schnupfen. Das veraltete Kühlaggregat hatte längst seine besten Jahre hinter sich und blies die kalte Luft ungeregelt, ungefiltert und nicht einstellbar in den Raum, der zwar eine angenehme Temperatur hatte, jedoch während der Schlafenszeit die kühle Luft mir direkt ins Gesicht gepustet wurde.
Ich konnte den hausgemachten Schnupfen mit den Zitronen und der Sonne Floridas auskurieren. Ohne irgendwelche Medikamente.
Einige Jahre danach holte ich mir einen Brechdurchfall in einem Restaurant im thailändischen Bangkok ab, weil ich - entgegen meines angelesenen Wissens aus einem der vielen Reiseführer - das mit der Coca Cola in das Glas hinein gelegte Eis nicht einfach heraus katapultierte, sondern darin schmelzen ließ. Wenige Stunden danach kam es aus allen Körperöffnungen heraus.
Ich suchte einen Pillenverkäufer auf, der in einer Kaschemme in der Nähe der Hauptstraße, an der die die Unterkunft lag, seiner Tätigkeit nachging. Trotz einiger Verständigungsschwierigkeiten gab er mir das richtige Gegenmittel für den Brechdurchfall. Nach einem Tag war der Spuk vorbei. Es müssen wohl Kohletabletten gewesen sein, die meinem Leiden ein Ende bereiteten.
Zwei Jahre nach dem Thailand - Urlaub steuerte ich ein gemietetes Wohnmobil in Richtung Nordkap. Das ständige Sitzen hinter dem Lenkrad störte meine Verdauung. Das Ergebnis war das Gegenteil von Durchfall, nämlich eine massive Verstopfung. Die Symptome waren ähnlich. Jedoch war es nur ständiges Erbrechen, das mich einen Tag lang plagte. Ich nahm ein Abführmittel, wir legten eine zweitägige Reisepause ein und danach war alles wieder gut.
Medikament hin, Erkältung oder sonstige Zipperlein her, es gibt Situationen im Leben, da sollten die eigenen Prinzipien über Bord geworfen werden. Die Pharmazie mag zwar fortschrittlich sein, dennoch gibt es auch Hausmittel. Deshalb kaufte ich für meine bessere Hälfte ein Extrakt von Beerentraubenblätter und einen Blasen - und Nierentee. In der Hoffnung das dieses, wie einst bei mir, hilft, das Zipperlein abzustellen.
" Humble Pie " - " I don´t Need No Doctor " - " Performance Rockin´The Fillmore " - 1971:
Kommentare