Das Parkplatzproblem in der City oder die Frage: " Wie komme ich zu Karstadt? "

In den Wirtschaftswunderjahren, den 50ern und 60ern sowie einem grossen Teil der farbigen 70ern, machte ein Name für den Kunden besondere Freude: das Kaufhaus Karstadt!
Die Kaufhauskette steht über Dekaden als Synonym für den Konsumtempel, der zentral belegen, alle Waren unter einem Dach anbietet. Das Konzept - natürlich von Amerika herüber geschwappt - es ging auf. Es brachte den Initiatoren, den Eigentümern über viele Jahre hinweg, satte Gewinne - ein Leben in Luxus, im Überfluss, im Reichtum, in jenen Kreisen, aus denen Macht und Geld als Kombination für Erfolg gehandelt wird. Nun sinkt der Karstadt - Stern rapide und unaufhaltsam. Die Leuchtkraft aus den Wirtschaftswunderjahren, sie verblasst. Der Einfluss, er nimmt stetig ab. Die Umsatzzahlen, die Gewinne, die Aktienkurse, des inzwischen zum Konglomerat aus unzähligen Firmen und Konzernbeteiligungen aufgeblähten Imperiums, sie sinken und fallen. Armes Deutschland. Arme Karstadtgemeinde!

Nun müssen seit 2004, sehr viele Mitarbeiter/Innen um ihren Job fürchten. Es wurden Sozialpläne für unterschiedliche Filialen geschmiedet und umgesetzt. Gleichzeitig begannen die grossen Ausverkäufe. Die Konzernspitze, die Jahre zuvor noch kräftig in die Schatulle gegriffen und andere Firmen oder Ketten aufgekauft hatte, sie trennte sich nun von diesen Zukäufen. Warum? So fragt der Laie. warum musste es erst soweit kommen? Die Antwort darauf fällt dem wirtschaftlich belesenen und denkenden Menschen eher leicht. Wenn unfähige Manager,
einen noch unfähigeren Mehrheitsanteilseigner, wie die Familie Schickedanz und Konsorten es nun einmal sind, einreden, sie müssten noch mehr Macht erhalten, noch grösseren Einfluss auf andere Menschen ausüben. Die Gemengelage von Tradition und Modernität, von Arroganz und Ignoranz, von Selbstüberschätzung und Dummheit, von Deutschtümelei und Fremdenfeindlichkeit, sie führte zu dem langsamen, aber stetigen Niedergang eines von vielen, ehemaligen Wirtschaftswunderkindern.

Als das alte Deutschland, das Hitler-Reich, am Boden lag, erhielten die einstigen Mächtigen der Wirtschaft - dank amerikanischer Hilfe -die Chance, es noch einmal zu versuchen, es besser zu machen. Sie, die den Schreihals aus Braunau am Inn zuvor, ohne jedwede Einschränkungen, unterstützt hatten. Die Alliierten gaben ihnen die Freiheiten zurück, die sie brauchten, um ihre Macht zurück zu holen. Es begannen die Jahre des Hungers und des Schuttwegräumens, des Verzichts und des Konsums, des Kampfes, um die besten Plätze, die grössten Suppenteller, die Jahre des Überlebens in der Trümmerlandschaft Deutschland. Das galt jedoch nicht für die Wirtschaftselite. Jene Sippen, Familien, Clans, die das Produktionsvermögen in ihren Händen hielten. Sie spielten bereits damals in einer anderen Liga. Hierzu gehörte auch die Schickedanz-Dynastie.

Die Wiederaufbaujahre verliefen extrem erfolgreich. Es wurde in den 50ern gespart und konsumiert. Die Warenangebote wurden breiter, die Preise stiegen, die Gewinne explodierten. Das galt auch für die Kaufhäuser. Das traf auch auf Karstadt zu. Selbst in den 60ern waren die Grenzen des Wachstums längst nicht erreicht. Da störte allenfalls das als " Gefassel pubertierender Wirrköpfe " abgetane Politgetue der sogenannten " 68 er " nicht. Auch als Kaufhäuser angezündet wurden, blieb die Führungsetage von Karstadt ruhig. Es drohte keine Gefahr. Sollen sie sich doch austoben, der Plebs kauft weiterhin bei uns. Mit den 70igern kam die Wende. Karstadt spürte die Konkurrenz der SB-Ketten. Das grossartige Amerika hatte eine weitere Variante aus dem Hut gezaubert, um dem verblendeten Bürger das Geld aus der Tasche zu ziehen und die Profite steigen zu lassen. SB-Warenhäuser wurden auf der " Grünen Wiese " angesiedelt. Das war kostengünstiger, denn neben dem zunehmenden Motorisierungswahn, drohte den Innenstädten der verkehrstechnische Kollaps. Zu den Stosszeiten - wie jetzt zu Weihnachten -, hiess es stop and go. Lange Blechschlangen wälzten, schoben, drängten sich durch die Städte. Der genervte Durchschnittsmichel in seinem rollenden Wohnzimmer, er war permanent dem Dauerstress der Parkplatzsuche ausgesetzt - er kam gar nicht mehr zum Konsumieren.

Diesen negativen Entwicklungen musste ein klares Konzept entgegen gesetzt werden. Es hiess " park & ride ", " Kunden-Parkhäuser " " Park-Leitsystem ". Die PKW-Flut, sie wurde kanalisiert. Dieses funktionierte für einige Jahre prächtig. Die Umsatzzahlen der Karstadthäuser stiegen wieder steil nach oben. Die Karstadthäuser, sie überlebten, trotz der Billig-Konkurrenz der unzähligen SB-Warenhallen auf der " Grünen Wiese ". Deshalb, weil sie sich dem Artikelangebot anpassten, aber dem gemeinen Kunden suggerierten, dieses sei qualitativ besser und von daher leicht teurer. Was sollten nun die Millionengewinne in den Bilanzen von Karstadt, wenn sie versteuert werden mussten? Nein, soweit ging die Liebe zu diesem Land dann doch nicht. Steuern zahlen nur die Kleinen und die Dummen. Karstadt nicht!

Ab Mitte der 80er Jahre begann die Konzernleitung, dieses Geld für den Kauf von Konkurrenten zu verpulvern, es für weitere Spezial-Kaufhäuser ( Karstadt - Sport ) auszugeben und die Gewinne in Immobilien anzulegen. Es entstand eine Riesenkrake, deren mächtige Fangarme, deren Tentakel, sich bis in die Wohnzimmer der dort Kataloge lesenden, arglos Kaffee trinkenden und telefonierenden Frauen und Männer, hin bewegten. Karstadt hatte Neckermann aufgekauft, mit Quelle fusioniert, einige Elektronik - und Textilketten einverleibt.
Der Irrgarten Karstadt führte zum Wegfall eines klaren Weges. Die Konzernpolitik war keine. Sukzessive wanderten die Kunden aus den Kaufhäusern ab, denn was dort auf den Grabbeltischen, in den Kistn und Behältnissen lag, das war nicht nur billiger Schund, sondern es musste zudem noch mühsam qua kostenpflichtiger Plastiktüte nach Hause geschleppt werden. Jene Einkaufsabart wurde aber zunehmend den Ausländern, den Türken, der Unterschicht, dieses Landes zugeordnet. Die Kopftuch bewehrten, dickleibigen "Muttis ", sie wurden das Aushängeschild der Schlussverkaufs-Fangemeinde unter den Karstadtianern.

Mit jener Gruppe, mit dem Prektariat, dem Pöbel, damit mochten sich denn die biederen Deutschfrauen nicht mehr identifizieren. Die Kaufhäuser blieben zunehmd leer, wenn der Schlussverkauf eingeläutet wurde. Was dort in den Regalen und den Fächern, den Körben und den Kisten lag, das gab es bereits durchgängig bei den Discounter-Ketten. Aldi, Lidl, Netto, Plus usw., sie alle hatten längst die non food - Artikel in den uniformierten Filialen. " Geiz ist geil! ", so wurde das dritte Jahrtausend konsum-technisch begrüsst. Die Wende in den ersten Jahren der 90er, sie konnte diesen Trend nur kurzfristig aufhalten. Der von der Jahrzehnte langen Mangelwirtschaft gebeutelt " Ossi ", er half nur für eine Zeit über die vielen Hürden des Marktes zu springen. Das Konzept der Karstadtführungsriege lautete bald, ein Artikelangebot der gehobenen Klasse zu offerieren. Die Billigheimer kaufen eh nicht mehr bei uns, also versuchen wir es mit den finanzielle besser gestellten Bürgern. Auch die kaufwütige, auf Marken fixierte Jugend wurde ins Visier genommen. Dagegen sprachen aber jene subalternen " Verkaufsmuttis " in den vielen Häusern, die mittlerweile zu wahren Konsumtempeln illuminiert worden sind. Die vorverrentete Belegschaft mit dem traditionellen Hausfrauen-Charme und dem Wissen aus der Regenbogenpresse, sie passten nicht mehr zu dem durchgestylten Abteilungen. Die kampf-geschminkte Jugend, in feschen Einheitsverkaufslook, sie sollte es nun richten.

Die Umsätze der ersten Jahre nach der Jahrtausendwende, sie stimmten. Nun drückte der Schuh aber woanders. Die Versandhäuser Quelle und Neckermann, die übrigen Konzerntöchter, sie verspürten die Auswüchse der Massenarbeitslosigkeit. Der einstige, solvente Versandhauskunde, war insolvent, der vormals gut beleumundete Käufer, er stand mit Negativmerkmalen in der SCHUFA, der Schwarzarbeiter, die Hausfrau, die Erwerbslosen, sie liessen sich bei den wesentlich preisgünstigeren Discountern und Fachartikelern sehen. Sie konsumierten weder bei Quelle, noch bei Neckermann, geschweige denn bei runner´s point, red zac, Karstadt-Sport etc. Die Unterschicht kauft das billige vom Billigsten. Die Wohlhabenden besitzen bereits viele Artikel in mehrfacher Ausführung. Die Kluft zwischen Arm und Reich wurde nicht nur grösser, sondern die Verarmung ganzer Bevölkerungsteile, sie spaltete auch das Konsumverhalten. Das Karstadt - Imperium fällt im Zuge des Wandels auseinander. Vorallem, weil der Wandel nicht rechtzeitig erkannt worden ist.

Meine persönlichen Erinnerungen an das Karstadt - Kaufhaus Bremen - City, sind nicht die besten. In den 70ern hatte ich eh nie das Geld, mir grosse Anschaffungen leisten zu können. In den 80ern waren mir die Mutti-Verkäuferinnen und die geschniegelten Herren Fachverkäufer zu schnippisch, mit vielen Vorurtilen belastet und zu arrogant. In den 90ern war Karstadt nur eine willkommene Abwechselung für meine Tochter, die dort mit der Miet-Oma einkaufen ging. Für mich kam ein derartiger Stress-Einkauf schon wegen der mühseeligen Parkplatzsuche und der ungewissen Transportmöglichkeiten eher selten in Betracht. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ignoriere ich das Kaufhaus geflissentlich, weil dank PC, Internet und sonstigen Kaufmöglichkeiten, die freien Tage des Wochenendes anderweitig verplant sind.

Ein Relikt der BRD - Geschichte ist deshalb dazu verdammt, sich gesund zu schrumpfen - es wird aber noch viele andere Mitstreiter treffen!

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