" Give Me a Quarter " - Die Kunst des Spendensammelns in den USA.
Während sich die gesamte Republik nun endlich in den Sommerurlaub verabschiedet hat ( mit Ausnahme derer, die bereits aus den Karnickelställen der Ballermann - Balearen - Kanaren - Hotelburgen zurück gekehrt sind und jenen, die sich keinen Billig - Aufenthalt dort leisten können und deshalb auf Terrassinien, Balkonia oder im Schrebergarten - Refugium " Grüne Lunge " daheim geblieben sind ), bleibt diesen Stigmatisierten nur der Rückblick auf bessere Zeiten, in denen Urlaub als solcher noch erkennbar war.
Damals war´s, als sich zwar an den Grenzübergängen zu den Nachbarländern, Niederlande, Frankreich oder Dänemark lange PKW - Schlangen bildeten; es dafür an den Schaltern der wenigen Flughäfen in Westdeutschland entspannt und gesittet ablief.
Urlaub in der katalogisierten Form war zwar längst en vogue, doch auch diese Variante des Massentourismus war limitiert. Es gab ja weder das Internet, noch diese unüberschaubare Zahl von Anbietern. Ein Aufenthalt in dem bitter armen, afrikanischen Land Kenia, ein Flug nach Varna mit Aufenthalt an der bulgarischen Küste oder eine Nordkap - Reise galten somit als etwas Besonderes.
Als ich mich im Spätsommer 1980 entschloss, eine USA - Reise anzutreten, waren die klassischen Urlaubsziele nicht New York, Washington oder Miami, sondern eher Palma de Mallorca, Benidorm oder Las Palmas. Ich hatte im Mai mein Diplom erhalten und das BWL - Studium an der HfW in Bremen beendet.
Einige Tage danach nahm ich für 3 Monate meine Arbeit bei der H. Heye Glasfabrik in Obernkirchen auf. Damit verdiente ich mir die USA - Reise. Nix da mit " Sponsored By Mama and Papa "!
Um die einst teuren Flüge von Westdeutschland in die USA nicht buchen zu müssen, flog ich über London mit dem inzwischen längst Pleite gegangenen " Freddie Laker Airlines " über den Großen Teichj nach New York.
Zuvor aber musste über die Amerikanische Botschaft in Hamburg ein Einreisevisum beantragt werden. Dazu bedurfte es des Ausfüllens eines Ellen langen Fragebogens, in dem inquisitorisches Wissen der Vertretung der USA angefragt wurde. Für den Stempel im Pass wurde zudem ein Gebühr von 25 DM fällig, die reduziert war, weil ich laut Ausweis noch als Student einreisen durfte. Nun, ja, damit nahmen es die Behörden nicht so genau.
Nach einem 10stündigen Flug landete die " Laker " - Maschine etwas holprig auf der Piste des JFK - Airports in Big Apple. Von dort aus ging es, nach dem ein Immigration - Offizier mittels Nachschlagen in einem Bibel dicken Schwarte, geprüft hatte, ob Einreisehindernisse vorlagen, nach Manhattan.
Hier stieg ich in einem billigen Hotel ab, dass das Flair einer Unterkunft vor dem II. Weltkrieg hatte, ab.
Und während ich mich am nächsten tag in das Gewimmel der pulsierenden Metropole am Hudson River begab, um die Freie Welt zu beschnüffeln, tauchten bereits die ersten Hindernisse auf. Ob nun die etwas seltsamen Fußgängerüberwege, die mit noch eigenartigeren Lichtzeichen versehen waren, die dickbäuchigen Hydranten, deren Korpus eigentlich nur der Rost und der Glaube an die Kraft der Vereinigten Staaten zusammen hielten oder die Tatsache, dass es ein Frühstück nur gegenüber des Hotels in einem klinisch sauberen Schnellrestaurant mit Selbstbedienung gab, dieses alles versetzte mich in Erstaunen.
Noch eigenartiger indes gestalteten sich die, an jener Straßenecke eines so genannten Block, aufgebauten, mobilen Stände, an denen diverse Glaubensgemeinschaften, Sekten aller Art und mir völlig unbekannte, gemeinnützige Vereine und Organisationen auf sich aufmerksam machten und dabei Spenden sammelten.
Das Sammeln von klingender Münze fand dabei durch junge Frauen und Männer statt, die eine helle Blechbüchse mit diversen Aufschriften vor sich her hielten und diese rasselnd schüttelten, um anzuzeigen, dass bereits Geld in dem Behälter war. Dabei brammelten sie für mich unverständliches Zeug, dass ich - wenn überhaupt - nur bruchstückhaft übersetzen konnte.
So schlenderte ich mit etwas neugierigem Blick an den Aufbauten eines Vereins vorbei und stieß versehentlich mit einer jungen und sogar attraktiven Amerikanerin zusammen, die ein solches Blechbüchsenmonstrum - eher in schützender Funktion - vor ihren Oberkörper hielt. " Oops! Sory, Lady! ", entfleuchte es mir. Weil ich die peinliche Situation, für meinen Geschmack noch nicht vollständig entschärft hatte, wiederholte ich die Entschuldigung. " Sorry!", stooterte ich erneut.
" Where Do You Come From? " entgegnete die junge Frau sofort und sah mich dabei grinsend und gleichzeitig mit einem fragenden Blick an. " From Germany ", antwortete ich ihr höflich. Dann stellte sie mir in einem Kaugummi - Englisch einige weitere Fragen, die ich nur zum Teil verstand.
Irgendetwas von einem wohltätigen Verband oder Verein war darin enthalten. Höflich hörte ich der Lady zu. Bis sie mich endlich auf ihr tatsächliches Anliegen aufmerksam machte: das Sammeln von Geldspenden.
Ich würgte in etwas umständlicher Weise den dicken Leder - Brustbeutel mit den Dollarnoten und einigen Münzen unter meinem T - Shirt hervor. Nachdem ich den massiven Druckknopf mit einiger Kraftanstrengungen geöffnet hatte, ließ ich die Münzen in meine leicht gewölbte Hand rutschen.
Aus dem kleinen Häuflein von Penny -, Nickel - und Dime - Stücken lugte auf ein Quarter, eine Vierteldollar - Münze blinkend hervor. Ich schnippte die anderen Blech - Dinger leicht zur Seite und sagte dann, nachdem ich den Quarter zwischen dem noch unbestückten Ring - und dem Zeigefinger meiner rechten Hand eingeklemmt hatte: " It´s a Quarter! Is´nt It? "
" Yes, It´s a Quarter. ", gab mir die junge Frau anerkennenden Blicks zurück, um gleich in einem leicht fordernden Ton hinter her zu schieben: " So, Give Me Another One!"
" Oh, No! That Will Be Enough. I´m Only a Student From Germany. ", entschuldigte ich mich in einem bestimmenden Unterton bei ihr.
" Okay, Thank You. Have a Nice Day. ", sagte sie noch und widmetet sich umgehend einem anderen Spenden - Opfer.
Tja, so sind se, die Amis: Erst neugierig, dann fordernd und zuletzt desinteressiert. Die ach so tolle Neue Welt, das immer so freie Amerika, ist im Übrigen Weltmeister in der Geldspenden - Akquise. Die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika spenden weltweit am häufigsten und auch am meisten. Das mag daran liegen, dass viele gemeinnützige Einrichtungen als Korrelat für den nur schwach ausgeprägten Sozialstaat gelten müssen. Und weil Vielfach - Milliarde, wie Bill Gates, Warren Buffett und George Soros inzwischen bis zu 50% ihres Vermögens in eine Foundation einzahlen, aus der humanitäre Projekte bezahlt werden, dürfte das tatsächliche Spendenaufkommen noch weiter gestiegen sein.
Die Bundesrepublik liegt ihr auf einem schwachen 26. Platz. Na, der Quarter liegt hier eher tiefer in der Tasche als bei den Yankees.
" No Quarter " - eben. Wenn das " Zep " - Stück auch eine andere Bedeutung hat: als jene US - Münze:
Diese Episode während meines ersten USA - Aufenthalts fiel mir wieder ein, als ich beim Aufräumen eines Schranks in einer Schatulle mit diversen Münzen jenes Viertel - Dollar - Exemplar aus dem Jahr 1987 wieder in den Händen hielt.
http://de.wikipedia.org/wiki/US-Dollar#Beschreibung
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