Schwarzer Hokospokus?
Sommerzeit ist Festivalzeit, das ist nicht nur seit Woodstock ´69 bekannt. Da treffen sich, wenn - im günstigeren Fall - die Sonne ordentlich auf den mit Alk, Pott oder von sonstwem zugedröhnten Schädel brennt, Jahr für Jahr Tausende, nein Zehntausende oder sogar mehr, auf Wiesen, Feldern und Plätzen, um kollektiv der Musik zu frönen, die aus Turm hohen Lautsprecheraufbauten noch Kilometer weit zu hören ist.
Nicht, dass ich jene Fans nun mit Tod und Teufel verdammen würde, nein, eher das Gegenteil ist zutreffend. Schließlich, gehörte ich bis vor einigen Dekaden auch zu den unregelmäßigen Besuchern derartiger Großveranstaltungen.Einst unkonventionell gekleidet, mit Schulter langen Haaren und mehr ausstaffiert und das selbst gedrehte Zigarettchen in der rechten Hand, die an eher Streichholzärmchen baumelte, zog es mich dahin, wo - oft für wenig Geld - viel los war.
Nun, inzwischen sind die Haare kurz, dafür grau und fallen langsam, aber dafür sicher aus. Die Kleidung dürfte annähernd die Gleiche geblieben sein, wenn die Jeans - ab und an - jedoch nicht nur blau, ausgewaschen und abgewetzt sind, sondern schwarz, neuwertig und mittels Ledergürtel zusammen gezurrt, um den Bauchansatz zu kaschieren, der sich mittlerweile - trotz Fressdisziplin - gebildet hat. Ich kann und will es deshalb nicht leugnen, das Alter fordert seinen Dribut. Doch auch hier stelle ich die Behauptung auf, so mancher Mittzwanziger bringt als Biersäufer und Fastfood - Fan mehr Kilos auf die elektronische Digitalwaage als ich.
Immerhin ist mein Musikgeschmack nicht völlig andersartig geworden. So favorisiere ich denn immer noch ´nen knackigen Rocktitel und drehe regelmäßig bei Schlager - Scheiße den Hahn zu. Nix da, mit Mainstream - Musik.
Helene Fischer: Kotz! " Rolli " Kaiser: Würg! Unheilig: Mist, Ton aus!
Da trafen sich doch vor knapp 1 1/2 Wochen annähernd 75.000 zu den angeblich größten Heavy - Metal - Festival auf Erden in dem schleswig - holsteinischen Nest mit dem Namen Wacken. Selbst die biederen ÖRs in der Weltmeister - Republik berichteten ausführlich über das Ereignis.
Von Donnerstag, den 30. 07. bis Samstag, den 02.08. 2014 donnerten - mehr oder weniger - harte Töne von diversen Bühnen, um die Zuschauer in Stimmung zu bringen.
Das war selbst dem ansonsten krawalligen ZDF - Dauerbrenner " Drehscheibe " einen Kurzbericht wert. Immerhin ignoriert auch das Hauptprogramm solche Ereignisse nicht mehr, wenn gleich die biedere, blonde Babette Einstmann es sich nicht verkneifen konnte, zweimal ausdrücklich zu betonen, dass dieses Festival ( wohl auch andere ) nichts für sie wäre. Wen interessiert das? Nun, Einstmann ist mit 42 Jahren nicht mehr taufrisch und dürfte im teuren ZDF gesponsorten und von den Zwangsgebührenzahlern aus dem Milliardentopf bezahlen Designer - Konstüm eh Over Dressed sein, sollte sie je Wacken besuchen.
Und während Ausschnitte in den Spartenkanal ZDFkultur in die Buden oder wohl aufgeräumten Wohnzimmer gesendet wurden, ließ sich auch Artetv nicht lumpen und brachte Musik aus Wacken, sogar live.
Der schwitzende und unter dem schwülen Wetter Leidende musste sich indes bei mehreren Glas Mineralwasser, herunter gekühlt mittels Eisklumpen aus dem SidebySide - Kühlschrank und einer Scheibe Zitrone zur Geschmackanreicherung das eher dämliche Gesabbel der ZDF-Moderatoren mit anhören, die - krampfhaft auf jung getrimmt, dem Glotzer den Sinn der Metal - Musik näher zu bringen gedachten.
Egal, dem Fan hat es unisono schon die Schweißperlen auf die Stirn getrieben, wenn er mit ansehen musste, wie das Kommerz - Festival oben im Hohen Norden abgespult wurde.
Doch den vielen Besuchern scheint es völlig schnuppe zu sein, ob Moneten - Mania oder nicht, sie kommen wohl auch im kommenden Jahr für 4 Tage wieder und berappen dabei über 220 Euronen nur an Eintritt. Puuh! Da müsste so mancher Normalo auch tüchtig ins Schwitzen kommen.
Eine Woche später zeigte der Konkurrenz - Zwerg der ARD, Eins Plus, am Sonntagabend Ausschnitte von den Musikveranstaltungen mit dem Namen " Méra Luna " - Festival in Hildesheim sowie von dem " Taubertal " - Festival in Rothenburg ob der Tauber.
Ehrlich gesagt: Ich wusste bis dato nicht einmal, dass es diese Veranstaltungen überhaupt gibt. Und dieses, obwohl das " Méra Luna " bereits zum 15. Mal statt findet.
So sendete der ARD - Ableger bereits ab 18.00 Uhr Musik aus Hildesheim. Jener niedersächsischen Stadt, die am süd - west Zipfel des norddeutschen Flächenlandes liegt und eher durch den dortigen Dom der Katholiken eine gewisse Bekanntheit erreicht hat, denn durch die Musik; schon gar nicht durch populäre Musik.
Dass die Musikszene seit mehreren Dekaden sich atomisiert hat, zeigt sich denn auch an dieser Veranstaltung. Von den ARD - Programmverantwortlichen wird das Festival als Treffen der Anhänger der " Schwarzen Musik " tituliert. Das dürfte - zumindest für die diesjährige Veranstaltung - ein Trugschluss sein.
Die reinen " Gothic " - Bands waren hier eher die Ausnahme.
http://www.meraluna.de/
Die Veranstaltung mutierte zunehmend zu einem Gemischwarenladen, bei dem das Publikum für 84 Euronen eine Querfeldeinfahrt durch die Szenerie von Elektropop über Future Pop bis hin zu Wave Gothic kredenzt bekommt. Mit mehr als 23.000 bis sogar zu ausverkauften Veranstaltungen hat sich " Méra Luna " indes zu einer klanglich - kulturellen Alternative des von den Massenmedien hofierten Mainstream - Pop und Rocks etabliert.
http://de.wikipedia.org/wiki/M%E2%80%99era_Luna_Festival
So sah ich mir denn am Sonntag, wohl eher beim Durchzappen des übrigen Verblödungs - Wiederholungsprogramms in den anderen Sendern, den Auftritt von " Within Temptations " aus den Niederlanden an.
Eine Truppe, die es schon seit 1997 gibt und die kommerziell voll durch geschlagen hat. Die Gruppe um die Frontfrau Sharon Jenny den Adel hat bereits einige Platin - Tonträger verkaufen können und ist bei " Méra Luna " so etwas, wie Stammgast.
http://de.wikipedia.org/wiki/Within_Temptation
Der in diesem Jahr gezeigte Auftritt kam mir dennoch mehr als fade vor. Das Stimmenvolumen der guten Sharon muss im Verlaufe der Jahre arg gelitten haben. Immerhin ist sie zudem auch bereits dreifache Mama. Aber, Spaß beiseite, die aufgeführte Stücken waren weder Gothic - Rock, noch überhaupt rockig. Eher müde Balladen mit eingängigen Rhythmen und gedämpfter Gitarrenbegleitung. Nichts da von fetzigen Soli und düsterer Gesangseinlage.
Da könnte es auch ein Dresdner Taschenlampen - Konzert bei tropischen Nachttemperaturen gewesen sein, dass da abgespult wurde. Immerhin waren kaum Wunderkerzen, Smart Phone - Lichter oder solar - gespeiste Leuchtutensilien zu sehen.
Nö, nix mit gruftiger,schwarzer, düsterer Musik!
Und so drückte ich denn nach einer halben Stunde den Kanalwahlknopf und war - flutsch - aus dem laufenden Programm, kehrte dann reumütig nach 10 Minuten zurück, um einen Berliner Schlipsträger zu begaffen, der Elektro - Pop präsentierte. Um aller Himmel´s Willen, nicht so was auf einem schwülen Sonntagabend.
Die anderen Beiträge von dem " Taubertal " - Festival habe ich mir sodann schon allein deshalb geschenkt, weil als Act dort die " Sportfreunde Stiller " aufgetreten sein sollen. Bloss wech, dieser Müll im bayrischen Sportdress - zum Einschlafen!
Fazit: Jedem Tierchen, sein Pläsierchen und aus schwarz wird nicht Gothic sondern eher in schwarz gekleideter Pop - Popelgesang mit Lizenz zum Ausschalten. Schwarzer Hokuspokus, eben!
http://www.taz.de/1/archiv/archiv-start/?dig=2000/08/16/a0190&cHash=603c7934a6
Beim Einstellen des Posting kam mir der Gedanke, ich könnte ja eigentlich auch mal wieder ganz in schwarz auftreten. Ich hole dazu meine 32 x 36er Lewis Jeans in schwarz ( auch wenn die mir wegen des leider zu dicken Bauchs nicht mehr so ganz passen wird ), meine schwarzen Socken dazu, ein schwarzes, langarmeliges Oberhemd, meinen schwarzen Sommerpullover und die schwarzen Halbschuhe aus den Schränken, kluntere diese Bekleidung an und ziehe mir, so quasi als I - Tüpfelchen, die Robe über, nehme ein Mikrophon aus der Schublade, lege die CD von Black Sabbath in den Player und singe, tanze und verrenke meine müden Knochen zum Fetzer " Paranoid ":
So soll´s sein. Die Welt wird eben immer verrückter, wenn die versnobten Industrieländer Kultur mit Kitsch und Käse mit Kunst verwechseln.
Gut´s Nächtle:
Kommentare
und ja: unheilig am arsch!