Wenn der Zugbegleiter fehlt oder " Ach, leck´mich doch am Arsch! "


Ein Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel hat es oft nicht leicht. Fährt er mit den Transportmöglichkeiten des ÖPNV, sollte er tunlichst darauf achten, immer die - hoffentlich - gültige Fahrkarte parat zu haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass er tagsüber einem der ungezählten Kontrolleuren in die Hände fällt, ist relativ groß. Schließlich sind diese Mitarbeiter - neben den Bus - und Straßenbahnfahrern - die wichtigsten in dem Gefüge der lokalen Verkehrsgesellschaft. Ohne sie läuft eben nichts. Und mit ihnen funktioniert der Transport reibungslos; es sei denn: Es wird für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen gestreikt.

Wenn ein Vielnutzer dieser ÖPNV - Angebote auch noch die Zeit und die Muße findet, sich die übrigen Fahrgäste - natürlich immer den gültigen Fahrschein in der Tasche parat haltend - anzusehen, kann er so manche Sozialstudie betreiben.


Einst besaß ich eine so genannte " Bremer Karte " im Abonnement. Das bedeutete damals, dass ich die Monatskarte nicht nur wesentlich günstiger kaufen konnte, sondern statt 12 Mal den Tarif zu zahlen, wurde mir nur 11 Mal der monatliche preis vom Konto abgebucht. das war noch billiger und zudem sehr bequem.

Deshalb nutzte ich die Fahrkarte regelmäßig und fuhr nicht nur zu Gerichtsterminen, sondern auch in den Knast und ab und an hielt ich Mandatenbesuche ab. Alles super bequem, meist sehr pünktlich und eben billig. Keine lästige Suche nach - unsiono nicht vorhandenen - Parkplätzen, kein Stress mit anderen Autofahrern, keine Staus usw. Vorrang für den ÖPNV - eben!




Und an so manche Episode während der oft nur kurzen Bahn - und Busfahrten, kann ich mich heute noch erinnern. Da war der betrunkene Fahrgast, der plötzlich seine Hose öffnete und in die hintere Ecke des zweiten Straßenbahnwagens schiffte, sich wieder hin setzte und dann bei der nächsten Haltestelle ausstieg und der Dunkelheit entschwand. Da war die psychisch kranke Frau, die morgens vor Büroöffnung, sich einige Plätze vor mir eine Zigarette anzündete ,zu rauchen begann und mich mit den Worten " Blöder Kerl !" anpöbelte, nachdem ich sie auf das Rauchverbot hinwies. Da waren das Schülerpaar, dass sich, schräg neben mir sitzend, an einer großen Tüte Pistazien verlustierte und grinsend den empörten Straßenbahnfahrer verulkte, als dieser sie anpflaumte: " Das machen Sie hier wieder weg! "

Da war ein Afrikaner, der vor mir in der Linie 10 Richtung Bremer Hauptbahnhof plötzlich von zwei Männern attackiert wurde, die sich als Zivilbeamte der Drogenfahndung, einer älteren Dame gegenüber auswiesen, die diese Aktion lautstark mit " Was machen Sie mit dem Mann. Lassen Sie doch den Mann in Ruhe!" missbilligte.
Da war Fahrgast, der in der rappelvollen Linie 2 gegen 18.30 Uhr beim Versuch, eine frei werdenden Sitzplatz zu ergattern, gegen meinen Aktenkoffer stieß, kurz aufstöhnte und mich fragte: " Was hast´n da drin? Beton? "
Da der Straßenbahnfahrer der Linie 3, der wie eine " wilde Sau " fuhr, kurz vor jeder Haltestelle abrupt bremste, so dass die Fahrgäste beinahe einen Purzelbaum schlugen, woraufhin sich eine ältere Dame bei ihrem Mann beschwerte und formulierte: " Der fährt heute wieder furchtbar!" und zu Antwort bekam: " Die fahren so lange wie verrückt, bis es mal kracht, dann fahr´n se´plötzlich wieder langsam!"
Und da war die vielen Kontrolleure, die mich irgendwann alle vom Gesicht her kannten, nur routinemäßig auf die Monatskarte sahen und kurz,wohlwollen mir zu nickten. Ab und an aber einen Schwarzfahrer heraus fischen konnten, für den dann die Tour beendet war. Häufig kam die Polizei, weil sich der Erwischte eben nicht ausweisen konnte oder wollte.
Es gab meist eine große Diskussion, denn die Ertappten waren oft renitent und drohten den Mitarbeitern sogar. Dann kamen meisten stämmige Kollegen zur Hilfe.

Solche oder noch mehr ähnliche Geschichten könnte ein ständiger Nutzer der Busse und Bahnen im Öffentlichen Personen Nahverkehr erzählen. Aber auch die mobil machende Bahn hält so manche Überraschung für einen Zugreisenden im Gepäck. Verspätungen, Zugausfälle oder technische Pannen stehen dort immer auf der Tagesordnung. Wobei diesem Unternehmen zu Gute gehalten werden darf, dass es ein Dienstleistungsgigant im internationalen Vergleich ist. Da kann schon das eine oder andere Malheur passieren.
Ob es eine Schafherde ist, ob es Pferde sind und - für den Zugführer alle Male der Super - Gau - ob es ein Suizid eines Menschen als Ursache bleibt, der dann zu der Umschreibung " technische Störung " bei der DB führen kann, bleibt völlig egal. Die Folgen hierfür sind immer die Gleichen: Zugverspätungen von mehreren Stunden. Dafür kann das Unternehmen nix.
Wenn allerdings die häufig viel zu enge Personalplanung und - decke dazu führt, dass Züge komplett ausfallen müssen, weil die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann, fliegt dem Zugreisenden, dem Kunden, dem Fahrgast, schon der Draht aus der Mütze.
Das gilt auf für weitere, miese oder unzulängliche Serviceleistungen des Massentransporteurs.

Die oft ungenügende Informationshergabe der DB an ihren vielen Bahnhöfen und Haltestationen, die fehlenden Hinweise in den vielen Personenzügen oder das sattsam bekannte Problem der fehlerhaften Meldungen bei unvorhersehbaren Störungen im Verkehrsablauf, sind da nur ein Beispiel.
Aber, auch die Bahn hat nicht nur Missstände aufzuweisen. So löste uns vor längerer Zeit ein Zugbegleiter anstandslos vier Rückfahrkarten von Pirna nach Dresden, weil auf dem Bahnhof in der Nachbarstadt die Automaten keine Banknoten mehr annahmen und wir kein ausreichendes Münzgeld hatten.
Auch wurde älteren Damen dann und wann das Reisegepäck in eines der Ablagen gewuchtet.
Hier gilt gleichfalls die alte Faustregel: " Es gibt solchen und solche ".

Und - die Zukunft wurde auch bei der DB inzwischen in der Personalplanung mit eingebaut - einige von den Damen und Herren Zugbegleiter sprechen sogar Englisch oder eine weitere Fremdsprache. Das ist insbesondere für die vielen Hunderttausend ausländischer Fahrgäste eine erhebliche Erleichterung, denn - wer kennt es nicht - in einem fremden Land ohne eigene Sprachkenntnisse sich aufzuhalten, birgt doch die eine oder andere Unwägbarkeit in sich.
Vorausgesetzt ist aber auch hier: Es befindet sich ein Zugbegleiter im Zug. Bei den ICEs ist die Chance 100 %, bei den  ICs und ECs wohl auch, bei den IREs vielleicht 90 bis 95 %, bei den REs und RBs - je nach Lage der Umstände eher um 75 % oder darunter. Wenn es technische Problem, Zugausfälle oder Verspätungen wegen Streiks o.ä. gibt, wird sich weit und breit kein zugbegleitender Herr oder eine Dame blicken lassen.
Denn meistens werden diese armen Würstchen von den aufgebrachten, den auf Krawall gebürsteten oder nervenden Fahrgästen derart belöffelt, dass ihnen bereits nach wenigen Stationen die Ohren klingeln.
Deshalb tritt sie, tritt er, erst gar nicht zum Wortgefecht an.


So war es auch kürzlich, als ein technischer Defekt die RB 17229 zu einer Schleichfahrt mit knapp 50 Km/h veranlasste. Die gesamte Elektronik war wohl ausgefallen. Ein Zugbegleiter zeigte sich während der gesamten Fahrt von Chemnitz nach Dresden nicht.
So mussten in der Folgezeit für den defekten Personenzug ein Ersatz her halten. Und - siehe da - der Zugbegleiter schien wie von Geisterhand gesteuert wieder.

Manchmal kann aber auch eine Erkrankung der Grund für die Abstinenz des Mitarbeiters der DB sein. So auch vor einigen Tagen in der RB von Dresden nach Chemnitz. An wen kann sich da ein Ortsunkundiger, ein, der deutschen Sprache nicht Mächtiger, ein ausländischer Fahrgast wenden, der sogar beide Attribute auf sich vereint?
Nun: Der Zugführer, der Lokomotivführer ist dann nur noch die einzige lebende Person der DB.

Da kamen eine Gruppe von ausländischen Fahrgästen nicht mit den Automaten, der Fahrtroute insgesamt zu recht und wollten nun von dem Herrn Lokomotivführer wissen, wo, wie und wann sie aussteigen mussten. Zunächst war der Zugführer noch gesprächsbereit. Als er aber Fragen über Fragen in einem englisch - muttersprachlichen Kauderwelsch der wahrscheinlich die Chemnitzer Aufnahmeeinrichtung für politische Flüchtlinge zu erreichen gedenkenden Gäste beantworten sollte, stieß er an sein Grenzen. Sowohl die seines Sprachvermögens und die seiner eigenen Geduld. Er verzweifelte, als ein nicht enden wollender Redeschwall auf ihn hernieder ging. Dann zog er kraftvoll die Tür zu dem Lok - Führerhaus zu und hinterließ die Empfehlung: " Ach, leck´mich doch am Arsch!"



" Blackfoot " und " Train, Train " von dem Album " Strikes " - 1979


Die phantastische Gruppe " Savoy Brown " und " Train to Nowhere  " aus dem Album " Blue Matter " - 1991


Und der " Kracher " schlechthin: " Hellbound Train " von eben " Savoy Brown " aus der gleichnamigen LP von 1972:

 RB / RE / IRE / IC / EC / ICE


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