Helmut, Kurt und Peter in der Peterskirche oder: Feiert eure " Friedliche Revolution " alleine!


Die Festveranstaltungen zum 25 Jahrestag der " Friedlichen Revolution " sind längst angelaufen. Es werden sich auch in den nächsten Tagen, den kommenden Wochen, viele Zeitzeugen aus jenen Jahrgängen zu Wort melden, die jene Ereignisse ab Oktober 1989 noch mit erlebt haben. Die meisten Beiträge widerspiegeln dabei subjektive Eindrücke und Empfindungen. Das ist auch gut so, denn es gibt keine anerkannte Bewertung zu der so genannten " Friedlichen Revolution " von vor einem Vierteljahrhundert. Es war - so meine Einschätzung - der Zeitgeist, der hier eine gewisse Eigendynamik entwickelte, die dann jene DDR - Bürger zu den vielen Protesten auf die Straße brachte. Für den interessierten Außenstehenden im Goldenen Westen mag der Beginn der " Revolte " gegen die DDR - Staatsführung und das installierte System der Überwachung und Unterdrückung eher in Leipzig liegen, doch auch in anderen Städten gab es Proteste, die mehr oder weniger friedlich verliefen.
In Plauen gab es am 7. Oktober ( Tag der Republik ) 1989 eine Demonstration, die sich gegen die Lebensumstände im allgemeinen richtete und durch selbst geschriebene Handzettel sowie Mund zu Mund - Propaganda zustande kam. Daran sollen 10 - bis 20.000 Menschen teilgenommen haben. Die Kundgebung wurde durch Einsatzkräfte später aufgelöst. Aber auch in Dresden versammelten sich am 5. Oktober 1989 vor dem Hauptbahnhof mehrere Tausend Menschen, die zum Teil gewaltsam in Züge gelangen wollten. Es kam zu heftigen Straßenschlachten mit der Polizei, die etwa 1.300 Personen ( auch Unbeteiligte ) fest nahm.

http://de.wikipedia.org/wiki/Montagsdemonstrationen_1989/1990_in_der_DDR

Neben den Demonstrationen wurde aber auch das gesprochene Wort ( vornehmlich in Kirchen ) und die Musik zu einem Protestmedium. Auch wenn sich hier nicht alle Beteiligten als die geborenen Widerstandskämpfer bezeichnen dürfen, so galt für die Musik als Völker verständigendes Medium, dass diese durchaus an der Beseitigung von Unfreiheit beteiligt war.
Hierüber sprachen am 7. Oktober 2014 in der Leipziger Peterskirche, der Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der Ex - Dirigent Kurt Masur und der Musiker Peter Maffay.

Bei 247 Jahren Lebenserfahrung, die sich da auf dem Podium befanden, kann der Zuhörer erwarten, dass die eine oder andere Anekdote erzählt wird. Und so war es denn auch an jenem 7. Oktober 2014. Sicherlich war die personelle Zusammensetzung der Runde nicht gerade das, was ein neutraler Beobachter als ausgewogen bezeichnet. Darum ging es denn wohl auch nicht. Die Zuhörer waren wohl eher gekommen, um ihre eigene Lebensgeschichte rund um das Wendejahr 1989 / 1990 nochmals Revue passieren zu lassen. Jene Reminiszenzen mit den drei Prominenten auf dem Podium zu verbinden, auch wenn es dafür eher wenige Anknüpfungspunkte gab.

Kurt Masur ist ein sehr bekannter Dirigent, ein Überbringer der Klassischen Musik, der sein Interesse an dieser Musikrichtung zum Beruf gemacht hat. Helmut Schmidt war Berufspolitiker und ist Hobby - Musiker, obwohl er zusammen mit Justus Frantz auch Klavierkonzerte veröffentlicht hat. Peter Maffay war Schlagersänger und ist zu einem Pop - Idol aufgestiegen.

Nun können alle drei Diskutanten von sich sagen, dass sie aufgrund ihres Alters die einstigen Verhältnisse vor dem Jahr 1989 noch hautnah miterlebt haben.
Dieses dürfen die nach ´89 Geborenen nicht behaupten. Das mag ein Vorteil sein, dass kann aber auch zu einem gravierenden Manko werden, dann nämlich, wenn über eine solche Veranstaltung berichtet wird.

http://kreuzer-leipzig.de/2014/10/08/ein-lied-mit-bruecken/

Zugegeben, ich habe zunächst nicht so richtig verstanden, warum die Verfasserin Julia Streich mit einem Hauch spöttelnder Ironie über die drei älteren Herren und die Veranstaltung insgesamt berichtete. Nachdem ich heute über MDR Info von einer Leipziger Mitarbeiterin in einem Bericht zu der Veranstaltung zum 25. Jahrestag der berühmten, ersten Leipziger Montagsdemonstartion weitere Hintergrundinformationen bekam, wurde mir der tiefe Sinn des Artikel klar.
Die Erinnerung an die Ereignisse in der DDR, auch in Leipzig,wo einst dem " SPIEGEL " heimlich abgedrehtes Filmmaterial zugespielt werden konnte, dass dann den Weg auch in die BRD - Medien fand, verkommt in der Tat mehr und mehr zu einer Lobhudelveranstaltung, zu einem Selbstbeweihräucherungsfest.
Die eigentlichen " Revolutionäre ", das Volk, bleibt hierbei außen vor.
Von den über 70.000 Leipziger Protagonisten, die sich vor eben 25 Jahren auf die Straße gewagt haben, wird jeder - sofern er noch lebt - in der Zeit, den Jahren danach, seinen eigenen Weg beschrieben haben.

Der führte nach dem Mauerfall zwar in die Freiheit, nach der Wiedervereinigung jedoch oft in die " Vogelfreiheit ", nämlich die Arbeitslosigkeit. Dafür gibt es jetzt saubere Flüsse, reine Luft und einen relativ intakten Wald - umsonst. Der Rest der Wiedervereinigungswohltaten ist kostenpflichtig und um ein vielfaches teurer als zu DDR - Zeiten.  So mancher ist aus diesem sozialen Abstiegssumpf nie wieder heraus gekommen. Viele weisen bis zur Verrentung eine gebrochene Erwerbsbiografie auf, mit der Konsequenz, dass sie heute von den Altersbezügen nicht existieren können und Leistungen aus der Grundsicherung beantragen müssen.
Andere wiederum konnten mit der ihnen zuerkannten Freiheit nicht viel anfangen und scheiterten im normalen Leben in vielfacher Weise.

Das gilt natürlich nicht für die drei Diskutanten in der Peterskirche zu Leipzig.
Helmut Schmidt übte nach seinem Abschied aus der aktiven Politik in den 1980er Jahren einige lukrative Tätigkeiten aus. Er war Referent und hielt Gastvorträge an US - amerikanischen Universitäten, war Buchautor und Mitherausgeber des Wochenzeitung " Die Zeit ".
Kurt Masur war 27 Jahre Gewandhauskapellmeister in Leipzig, Chefdirigent weltberühmter Orchester und verdiente damit sein Geld.
Peter Maffay war einst Schlagersänger, dann Pop - und Deutschrockinterpret, inzwischen ein Millionär.

Sicherlich haben die drei älteren Herren aktuell nicht den Anspruch erhoben, über die Frage, ob und wann die Musik eine verbindende, eine begleitende Rolle im menschlichen Leben spielen kann, abschließend eine verbindliche Aussage treffen zu wollen. Fakt ist aber, dass Musik zum Bestandteil des Lebens wird, wenn sich der Mensch in und mit ihr wieder erkennen kann.
Das muss nicht nur Klassik sein, dass ist beileibe nicht nur deutschsprachiger Pop oder englischer Rock, das kann durchaus von Stück zu Stück, von Lied zu Lied, von Titel zu Titel sehr unterschiedlich sein.

Das Zauberwort könnte hier Toleranz sein. Dass damit viel Geld verdient werden kann ist unstrittig.
Zugegeben, ich habe damit auch erhebliche Probleme. Wenn ich deutsche Schlager höre, sträuben sich bei mir häufig die Nackenhaare. Meine Affinität gegenüber diesem Genre wurde mir quasi mit der Muttermilch eingegeben, weil ich wegen der Gegebenheiten nach dem Ende des " Tausendjährigen Reichs " in der Britischen Besatzungszone zur Welt kam und mütterlicherseits die englische Sprache früh kennen lernte, damit die Musik der Engländer über BFBS.
Wie dem auch sei, ich mag keine deutschen Schlager, nicht Fischer, nicht Berg,schon gar nicht Kaiser und Konsorten und Maffay eigentlich ( bis auf seine Tabaluga - Sache ) auch nicht.
Mit klassischer Musik kenne ich mich nur am Rande aus. Johann Strauß, Mozart, Beethoven, sagen mir durchaus etwas. Von ihnen und einigen anderen habe ich CD - Compiler. Das war´s denn aber schon.

Also gut, der Helmut ( den ich sehr schätze, seit dem er kein Kanzler mehr ist ), der Kurt und der Peter erzählten vor zahlenden Publikum etwas über die Wendezeit, die Nachwendezeit und die Musik. Dafür bekamen sie Applaus. Die Leipziger Zuhörer sind auch wegen ihrer Namen gekommen. Es sollen ja auch viele Maffay - Fans darunter gewesen sein. Nun, der Peter hat das Glück gehabt, in der DDR auftreten zu dürfen. Sein Liedgut ist unpolitisch. " Uns " Udo Lindenberg durfte zunächst nicht, weil er Kritik an dem SED - Staat übte. Als er dann auftrat, haben die Mannen von der Staatssicherheit ihm in Ostberlin doch glatt eine MfSlerin in die Heia gelegt, über die er noch einen Song schrieb ( " Mädchen aus Ostberlin " ).

Nun, was kannten wir Westler vom Osten, genauer gesagt: von der DDR?
Nichts, nicht viel oder nur solche Dinge, die von Berufs wegen erforderlich waren. Doch immerhin gab es regelmäßige Kontakte zu DDR - Bürgern. Dann nämlich, wenn wir nach West - Berlin fahren wollten. An der Grenze, der so titulierten Zonengrenze, saßen, standen und lagen die Grenzpolizisten massenhaft in, an und um den Übergang Marienborn. Freundlich bestimmend waren sie schon, diese uniformierten Herren; aber auch ein wenig Respekt einflößend.

Aber das ist mehr als 3 Dekaden her, die Mauer ist fort und es darf der 25. Jahrestag der " Friedlichen Revolution " begangen werden. Seit heute Morgen geht das so. In Leipzig trudelten sie sukzessive ein. Die Herren aus den beteiligten ( einst sozialistischen )Nachbarländer zur  DDR, deren vormalige Regierende, trotz Noch - Mitgliedschaft in der dann zerbröckelnden Wertegemeinschaft,  die Grenzen und somit  die Schleusen für einen dann unkontrollierten Abfluss von Ausreisewilligen in die BRD.,nach Westdeutschland, in das Gelobte Land, ermöglichten. Der Bundespräsident war natürlich zugegen und hielt eine durchaus eindrucksvolle Rede. Da kamen Begriffe, wie Freiheit, Friedfertigkeit, Prostest, Unfreiheit, Unrechtsstaat, DDR vor. Der Bundespräsident Joachin Gauck mahnte aber auch und konstatierte, dass Staatsverdrossenheit, die sich in Form einer stetig sinkenden Wahlbeteiligung manifestiert, eine Gefahr für die Demokratie, ja, für die Freiheit sei. Gleich so die wachsende Intoleranz und der Extremismus. Schöne Worte.
Ich stellte mir als gebürtiger Niedersachse beim Zuschauen vor, da hätte jetzt mein Landsmann Wulff gestanden und eine Rede geschwungen, nachdem er zuvor mit seiner Schickse im teuren Designer - Outfit das Gewandhaus zu Leipzig betrat. Nicht auszudenken, dieser Klaps-Kalli mit seiner " First Lady " ohne Berufsabschluss.

Der blieb uns indes erspart. Dafür trat Stanislaw Tillich auf. Brrrh, grausam. Angeblich soll er 7 Sprachen fließen sprechend. Häh? Die Babysprache zählt wohl dazu. Seine Rede war eine Zumutung. Blass, ohne Charisma ist der MP unisono. Seine Gewandhausrede war es denn auch. Ich weiß gar nicht, wie der an die Parteispitze kommen konnte. Aber, in Sachsen kann die CDU auch einen Plumpsack hinstellen, einen Besenstiel oder einen Roboter ( ähnlich, wie in Bayern ), es wird immer noch schwarz gewählt.
Es folgte ein weiterer Schwarzer, ebenfalls Widerstandskämpfer seit Oktober / November 1989, der Landtagspräsident Sachsens. Wie heißt er noch gleich?
Ach, ja, Mattihas Rößler. Ein reinrassiger Sachse, kein Sorbe, wie Tillich. Mühsam quälte der sich mit der hochdeutschen Sprache herum. Ab und an galoppierten die sächselnden Gäule mit ihm durch. Lustig, aber locker, was Rößler da so von sich gab.

Übrigens war der Kurt Masur natürlich auch anwesend. Der war sichtlich ergriffen, als er minutenlangen Applaus bekam, als sein Name ausdrücklich im Zusammenhang mit der Montagsdemo in Leipzig benannt wurde. Dass ihm und auch dem Joachim Gauck als Mitinitiator des Aufrufs " Keine Gewalt " ein Stais - Spitzel eingeschleust wurde, der natürlich brühwarm nach oben berichten konnte, kam nicht zur Sprache. Tja, man macht eben Leben ab und an Fehler und wer wusste schon in der DDR, ob nicht der eigene Ehepartner nicht bei der Statssicherheit war? Niemand!

Da gab es noch Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy. Die kannte ich nicht. Dann die Europahymne ( aus der Neunten Symphonie Ludwig van Beethovens ); war wir bekannt und schlussendlich " Das Lied der Deutschen " Ich habe damit immer noch meine Probleme.
Dann war finito. Die Herrschaften hatten sich abgefeiert.
Das Volk indes blieb nicht nur außen vor, sondern es erschien erst gar nicht. Was die MDR - Mitarbeiterin vor Ort zu der Feststellung brachte, dass dieses " beschämend " sei,
Nö, das Volk war ja nicht eingeladen. So, wie vor 25 Jahren auch nicht, als die SED sich selbst feierte und die Unfreien nur zu den obligatorischen Paraden in Blau her zitierte.
Dafür werden einige Zehtntausend Leipziger heute Abend, wenn es in den inzwischen hell erleuchteten Straßen der Stadt dunkel ist, mit Kerzen an den 7. Oktober 1989 erinnern. Diese müssen sie allerdings selbst mit bringen, so wie damals auch.

Ach, ja, im ZDF, dass ja live und in Farbe aus Leipzig sendete, kam Sebastian Krumbiegel und ein Historiker der Uni noch kurz zu Wort. Sebastian Krumbiegel ist Mitgleid der Gesangsgruppe " Die Prinzen ". Die fand meine 1991 geborene Tochter bald so toll, dass sie mir mehrere CDs und MCs aufschwatzte, die ich für viel Geld inzwischen mein Eigen nennen darf. Sebastian Krumbiegel wuselt auch regelmäßig bei der Bundespräsidentenwahl im Plenum in Berlin herum. Der hat damals bestimmt nicht den Wulff gewählt. Sehr sympathisch, der Mann.
Und weil er das ist, höre ich ab und an, wenn mir danach ist und ich auf diese Welt, das Amerika und dieses, unser Land, mal wieder nicht gut zu sprechen bin, das Lied der " Prinzen " mit dem Schwein.
Zeitlos zutreffend, eben:







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