Eine Nordland - Reise mit dem Wohnmobil 1988 - Teil I: Von Heeßen zum Flekkefjord.




Der 16. Juni 1988 war ein Donnerstag. An jedem 16. Juni kutschierte ich zum ersten mal in meinem Leben ein Wohnmobil.
Als wir das Gefährt, einen gebraucht, gemieteten Fiat Ducato mit einem Elnagh - Aufbau und als Alkoven - Model, von einem Geschäftsmann bei Nienburg an der Weser abholten, musste ich mich erst an die größeren Abmaße gewöhnen. Doch der Mensch ist eine lernfähige Einheit. Nach wenigen Kilometern hatte ich die Gangschaltung gecheckt, die Außenspiegel eingestellt und die eher geruhsame Geschwindigkeit zur Kenntnis genommen.

Nachdem ich den Ducato heil bis Heeßen geführt hatte, begann am späten Nachmittag das Beladen des Wohnmobils. Es mussten allerlei Utensilien, wie Bettwäsche, Decken, Koffer, Taschen, Lebensmittel und ein Radio eingelagert werden. Der Wassertank war zu füllen, die Stromversorgung mittels Verlängerungsschnur und Kabeltrommel war sicherzustellen und schließlich legte ich noch ausreichendes, aktuelles Kartenmaterial in die Fächer.

Am Freitagmorgen gegen 6.00 Uhr ging es dann los. Ich startete den Ducato und fuhr von der Autobahnanschlussstelle Bad Eilsen auf die A 2 in Richtung Hannover. Von dort aus ging es dann weiter entlang der A 7 bis zum Walsroder Dreieck und dem dem Horster Dreieck in  Hamburg. Von dort fuhren wir weiter über die A 7 durch Schleswig - Holstein bis zur deutsch - dänischen Grenze bei Ellund, einige Kilometer von Flensburg entfernt.
Doch bis dahin waren noch viele Kilometer auf der A 7 abzuschrubben; genau gesagt 197.

Bereits nach der Stadtgrenze von Hamburg herrschte dichter Verkehr. Es war einst Feiertag; der 17. Juni und - dieses kam noch Stress steigernd hinzu - die Kieler Woche 1988 begann. Das nutzten natürlich Zehntausende und fuhren mit ihrer Blechschüssel hinaus an die schleswig - holsteinischen Küsten. So steigerte sich die mehr als zweistündige Fahrt zu einer wahren Überholmanöver - Orgie von PKW - Fahrern aller Art.  Während ich mit knapp über 80 Km/h auf der rechten Spur dahin zuckelte, rauschte eine Blech - Karawane an uns vorbei. Einige der Raser grinsten, während sie haarscharf wieder rechts einscherten, andere Beifahrer lächelten süffisant, woraufhin ich den linken Arm zum Gruße hob.

Irgendwann hinter Kiel war dann der Spuk plötzlich vorbei. Der Verkehr tröpfelte nur noch als wir auf die damals schon längst offene Grenze zufuhren. Allenfalls einige dänische LKW und wenige PKW  schoben sich an uns vorbei. Es herrschte also wieder freie Fahrt für freie Urlauber.

Nun bewegten wir uns wieder gesittet und das Tempolimit von höchstens  80 / 100 Km/ h strikt einhaltend, auf der E 45 in Richtung des dänischen Fährhafens Hirtshals. Die Autobahn und einige Kraftfahrstraßen, die uns durch die dänischen Städte Kolding, Vejle, Horsens, Arhus, Randers und Arborg führte, war auch so nicht zum schnelleren fahren geeignet, weil überall bereits stationäre Blitzer aufgestellt waren.

Nach 351 Kilometern und einer Fahrtzeit von mehr als 4 Stunden mit Rast, erreichten wir Hirtshals. Eine eher kleine Hafenstadt am Skagerrak, dort , am nördlichen Teil von Dänemark, dort wo Dänemark von den übrigen skandinavischen Ländern durch das Meer getrennt wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hirtshals

Wir mussten noch mehr als 2 Stunden auf die 19.30 Uhr - Fähre von Hirtshals nach Kristiansand warten. Akso, stiegen wir aus unserem rollenden Wohnzimmer und sahen uns ein wenig um. Die Abfertigungsgebäude und die Aufenthaltsräume der LKW - Fahrer sahen trist aus, Es rocht nach Rauch, Essen und Schweiß. Ein Fernsehgerät, dass an der Bretterwand des Aufbaus befestigt war, funktionierte indes. Doch das 102. Wimbledon - Turnier mit Becker, den vier Cracks aus Schweden ( Edberg, Wilander, Ander Järryd und Jonas Svensson ) sollter erst in 3 Tagen beginnen. Dafür hatte die Europameisterschaft in der Bundesrepublik Deutschland am 10, Juni begonnen.

Dafür spielte an jenem Abend die westdeutsche Auswahl gegen Spanien um den Einzug in das Halbfinale. Als die Fähre der " Fred. Olsen Line " dann um 19.30 Uhr los tuckerte, gab es sogar auf dem Deck einige Fernsehräume und es lief Fußball. Neben uns standen dort ab 20.15 Uhr zwei Ehepaare aus Baden - Württemberg. Der ältere Mann stänkerte ständig gegen unseren Bremer Uli Borowka. Ein Arschloch, eben. Nun, ja, die EM ist nicht die Bundesliga und dort hatte mein SV Werder über viele Jahre die Nase weit vor dem Spätzle - Fresser - Verein aus Stuttgart. Das wurmte diesen Gauch natürlich gewaltig.
Westdeutschland gewann gegen Spanien 2:0 und zog als Gruppenerster, dieses nur knapp aufgrund eines um 1 Tor besseren Torverhältnisses in das Halbfinale ein. Zweiter wurde Italien. Die bundesdeutsche Auswahl verlor später mit 1:2 in München gegen den späteren Europameister aus den Niederlanden.

Nun aber zuckelten wir gemächlich aus Hirtshals in Richtung Kristiansand. Nach dem EM - Spiel schaukelte die schon betagte Fähre ein wenig. Ich ging deshalb in das Parkdeck. Dort, wo viele PKW, LKW, aber auch unser Wohnmobil standen. Eigentlich durfte ich mich dort gar nicht aufhalten. Doch ich holte aus dem Gefährt ein Päckchen " Tempo " - Taschentücher, stellte mich in eine dunkle Ecke und kotzte. Danach ging es mir wieder besser.

Beim Heraufsteigen zu den Oberdecks begegnete ich den Baden - Württembergern. Ich schaltete auf arrogant um und hielt die Nase in hanseatisch - norddeutscher Manier hoch, Der Blödmann merkte dieses wohl auch und kochte innerlich, zumal ich ihm vor der eigenen Visage die Tür zu klappte.

Nach 4 1/ 2 Stunden legte die Fähre in Kristiansand an. Schon durch das Dämmerlicht konnten wir die felsige Küste Norwegens erkennen. Das Nordland - Nordkap - Abenteuer konnte beginnen. Zuvor aber musste unser Ducato noch abgekettet und heraus gelotst werden. Die Mitarbeiter waren absolute Profis und wiesen mich exakt zu der Rampe der Fähre, von wo wieder wieder festen Boden unter die Räder bekamen.

Wir hatten nach über 12 Stunden Autofahrt und weiterer 4 1/ 2 Stunden Fahrt mit der Fähre nur noch einen Schlafplatz zu suchen, Doch, dieses gestaltete sich schwierig, weil die Campingplätze zu jener Zeit noch nicht so flexible Öffnungszeiten hatten und wir allenfalls auf einem einfach ausgestatteten Platz hätten übernachten können. So entschlossen wir uns, außerhalb der Stadt zu übernachten. Schließlich fanden wir einen eher einsam belegenen Rastplatz an der E 45, der Europastraße, die uns später zum Nordkap führen sollte.


https://de.wikipedia.org/wiki/Kristiansand

Ab und an passierte dort jedoch laut hupend ein PKW. Eine dümmliche Marotte der Einheimischen, um die Touristen, die dort - bekanntermaßen - die erste Nacht in Norwegen verbringen wollen, ordentlich zu ärgern. Nun, immerhin hatte ich die ersten knapp 1,000 Kilometer der Mammut - Tour sicher absolviert.

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" Keers Pink " und " The Initator ", Norwegen 1993:




Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Man möchte gleich losfahren! ;o)

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