Bügelmaschine
Wer bekennender Frühaufsteher ist, der könnte im Sommer mehr vom Tag haben, weil er bereits die Morgenstunden nutzt. Im Winter ist es etwas schwieriger, denn die Sonne geht dann erst ab 8.00 Uhr auf. Zuvor bleibt es damit dunkel. Weil der Mensch aber nun nicht in der Lage ist - im Gegensatz zu anderen Lebewesen - in der Nacht sehen zu können, hat er sich künstliche Lichtquellen geschaffen. Somit werden jene Menschen, die so wie ich, am Morgen früh aufstehen, in der dunklen Jahreszeit sofort erkannt. Es brennt in ihren Räumen in der Frühe das Licht.
Seit drei Tagen beobachte ich beim Lesen, Kaffee trinken und Nachrichten hören, dass in dem Nachbarhaus visavis, in der oberen Etage in den frühen Morgenstunden auch bereits Licht brennt. Gut, der Freitag ist ja ein regulärer Werktag. Also müssen die vier schulpflichtigen Kinder der Nachbarn - wie üblich - ab kurz nach 6.00 Uhr morgens auf de Beinen sein und sich für die Schule vorbereiten. Die Eltern sind berufstätig und stehen deshalb - das ist nicht überall selbstverständlich - auch auf.
Durch die Fenster erkenne ich dann, wie dort in den Räumen rege Betriebsamkeit herrscht.
Schemenhaft huschen hier Personen in den beleuchteten Zimmern hin und her. Nach zirka einer Stunde ist das Treiben vorbei. Die Fenster sind wieder dunkel.
Seit Freitagmorgen aber brannte auch in dem oberen Dachgeschoss Licht. Über das Fenster des dem Garten zugewandten Zimmers sah ich eine ständig bewegende Person, die ein Bügelbrett aufbaute. Es war die Frau unseres Nachbar. Eine ausgebildete Lehrerin. Eine Spezies also, die seit Jahren in Sachsen heiß begehrt ist, weil die CDU - Staatsregierung es versäumt hat, durch attraktive Gehälter und die Aussicht auf eine Verbeamtung, den gut ausgebildeten Nachwuchs an den eigenen Schulen einsetzen zu können,wanderte dieser in jene Bundesländer ab, die diese Berufsperspektiven erfüllen.
Also: Die Lehrerin bügelte. Und zwar schon mehr als eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Aufstehen. Ab kurz nach 7.00 Uhr erloscht dann das Licht in dem Dachbodenzimmer. Es schien so, dass die Bügelwäsche abgearbeitet worden war. Die Lehrerin hatte ihren Nebenjob, der da auch Haushaltsführung heißen könnte, auf diesem Gebiet erfüllt. Doch, der schöne Schein, er trog.
Am Samstagmorgen, vielleicht gegen 6.30 Uhr brannte erneut Licht in dem Raum der oberen Etage, den ich von unserem Küchenfenster sehr gut einsehen konnte, denn er ist nicht mit piefigen Gardinen zu gehangen. Ich erkannte unsere Nachbarin, die Lehrerin, Mutter und Teilzeit - Hausfrau. Sie bügelte. Hmh, dass war wohl nichts mit meiner Vermutung, dass sich der zu bügelnde Wäschehaufen erledigt hätte. Sie bügelte auch noch, als das Radio die Uhrzeit mit 8.00 Uhr ansagte. Kurz danach war das Licht dann erloschen. Nun müsste doch eigentlich der Bügelwäscheberg abgetragen worden sein. Oder, etwa doch nicht?
Nein, ich sah heute am frühen Sonntagmorgen ab 6.00 Uhr wieder das Licht in dem Bügelzimmer brennen. Und die bügelnde Lehrerin dort arbeiten. Gegen 7.30 Uhr war dann wohl endgültig Schluss. Das Zimmer war wieder dunkel.
Während ich bei einem Pott heißen Kaffee am Tisch saß, überlegte ich mir, wieso im Nachbarhaus an drei Tagen hintereinander gebügelt wurde? Warum ist dieser Großeinsatz erforderlich gewesen? Des Rätsels Lösung dürfte auf der Hand liegen. Die vier Kinder hatten keine frischen Klamotten mehr und damit war klar, dass die Wäsche des Sechspersonen - Haushalts gebügelt werden sollte. Anderenfalls müssten die vier Kinder mit ungebügelter Bekleidung in die Schule gehen. Das wäre peinlich, denn Kinder achten durchaus auf solche Nebensächlichkeiten und damit könnte die Gefahr des so genannten " Mobbings " herauf beschworen werden.
Wäsche bügeln ist nicht immer sehr spaßig. Oft bleibt diese Hausarbeit absichtlich liegen. Wenn aber bei vier Kindern die Bekleidung beinahe täglich gewechselt wird, kommt ein riesiger Wäschehaufen zusammen. Die muss dann zunächst gewaschen werden. Gut, das erledigt in der heutigen Zeit der elektronische Waschvollautomat. Hier muss nicht mehr die Wäsche per Hand in einem Waschkessel, unter dem ein Allbrandofen eingesetzt war, eingelegt und mit Seife oder Bleichpulver malträtiert werden. Auch das lästige Herausziehen der Bekleidungsstücke aus einem Halbautomaten, der einst das Gewicht von vier ausgewachsenen Männern hatte, um die in die separate Wäscheschleuder hinein zu pressen, ist nicht mehr erforderlich. Die darauf folgenden Arbeitsgänge, nämlich das Anschalten des Monstrums, dass bei der vollen Umdrehungszahl den Lärm eines vorbei fliegenden Düsenjägers verursachte, das sofortige Festhalten der Schleuder mit beiden Händen an zwei seitwärts angebrachten Griffen und das Abschalten des Motors bei sofortigen Betätigen eines unterhalb der Trommel installierten Fußbremse mittels eines Pedals, ist seit Dekaden nicht mehr erforderlich.
Alles dieses gehört der Vergangenheit an. In vielen Industriemusen oder auf unzähligen Internetseiten kann die moderne Hausfrau, der emanzipierte Hausmann, diese Relikte aus den Wirschaftswunderjahren zur genüge bestaunen.
Nur, eine Bügelmaschine, die auch Hemden, Unterwäsche oder Hosen glatt bügelt, ist noch nicht erfunden worden. Sicherlich gibt es die Heimbügelmaschinen schon längst. Die glätten aber nur Bettwäsche, Tischtücher oder Geschirrhandtücher. Und da es jene Textilien bereits als " bügelfrei " gibt, haben jene dampfenden und zischenden Apparate längst wieder ausgedient.
Doch, vielleicht könnte ein Roboter die lästige Bügelei erledigen? In Japan sind ja bereits Pflegeroboter im Einsatz. Warum also keine Bügelroboter?
Diese Frage stellte ich mir deshalb heute Morgen, als ich der Nachbarin beim Bügeln zusah.
Doch! Es gibt dieses Wunderding. Es soll im kommenden Jahr zunächst als Testmodel auf den Markt gelangen und ab 2016 zur Serienreife geführt werden.
http://oe3.orf.at/stories/2779850/
Schade, vielleicht kann ich dann die humanoide Bügelmaschine aus dem Nachbarhaus dann nicht mehr morgens bei der Tätigkeit beobachten. Wenn wieder ein K2 an Bügelwäsche aufgelaufen ist.
" The Hiltonaires ", " das bißchen Haushalt....sagt mein Mann " - 1978:
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