Der Krieg war ausgebrochen.
Gestern war Freitag, der 22.Dezember 2017. Ein Tag nach dem kalendarischen Winteranfang und zwei Tage vor Heilig Abend. Die Weihnachtsvorbereitungen liefen nicht nur bei uns auf Hochtouren. Der alljährlich selbst hergestellte Rindfleischsalat mit Tafelspitz, Silberzwiebel und Gurken stand bereits zum Durchziehen auf der Terrasse. Er befand sich dort in guter Gesellschaft mit dem Heringssalat, der auch eine Eigenkreation wurde. Weil es die dazu erforderlichen Heringsfässchen beim Kaufland nicht mehr gab ( der Platz im Kühlregal sah wie leer gefegt aus ), kamen wir auf die Idee, stattdessen eine andere Packung mitzunehmen. Die Verpackungsaufschrift versprach, dass die Fische sowohl ausgenommen als auch ohne Schwanz sowie kopflos eingelegt seien. Ja, gut, das stimmte zwar, doch die einstigen Ostseebewohner besaßen noch Gräten. Und davon genug.
Da saßen wir mehr als eine halbe Stunde am Küchentisch und puhlten die Gräten aus dem Fisch heraus. Wer sich je mit dieser Fronarbeit zu beschäftigen hatte, der weiß, dass hier absolutes Fingerspitzengefühl erforderlich ist, will der spätere Esser nicht ständig seine Zunge zum Hervorholen von feinen Gräten benutzen müssen. Doch auch dieser Kelch ging an uns vorüber, denn die feinen Gräten konnten allesamt aus dem Heringen entfernt werden. So stand die Schüssel mit dem selbst hergestellten Heringssalat gut durchgezogen auch am Freitagnachmittag auf der Terrasse und wartete darauf, am späten Abend mit auf Große Fahrt genommen zu werden.
Inzwischen packte ich die Geschenke in eine Tasche. In eine zweite Reisetasche kamen die Bekleidungsstücke für die Feiertage. Eine dritte Tasche war für die kulinarischen Köstlichkeiten vorgesehen.
Schließlich muss die Feiertagszeremonie gut vorbereitet werden.
Während wir die Treppen herauf und wieder herunter liefen und unter den argwöhnischen Blicken unserer Stubentiger die Taschen packten, klingelte das Telefon. Ein Arbeitskollege meiner besseren Hälfte wollte sich noch so kurz vor dem Frohen Fest wegen einer Stellenausschreibung bei ihr erkundigen. Es entwickelte sich ein längeres Gespräch. Innerhalb dessen dieser erzählte, was ich kurz zuvor bei einem Einkauf in der " Netto " - Filiale selbst erlebt hatte. Der Anrufer hatte eigentlich seine Besorgungen längst hinter sich gebracht. Doch - wie es anlässlich solcher Großereignisse oft vorkommt - er hatte irgendeinen Artikel vergessen und fuhr erneut in den Supermarkt. Dort angekommen, traf ihn beinahe der Schlag. Der Parkplatz war gerammelt voll. Aus der Tür schoben Kunden bis zum Rand voll gepfropfte Wagen heraus. In den Regalgängen kam es zu ständigen Staus, weil die Menschen sich wechselseitig über den Haufen fuhren.
Nur mühsam gelangte er mit dem vergessenen Artikel an die Kasse. Dort muss es ihm so gegangen sein, wie mir. Er stand und stand und stand. Die Einkaufswut hatte auch die Bewohner des Städtchens im Erzgebirge gepackt. Sie pferchten ihre Einkaufswagen voll. Dem Arbeitskollegen kam der Gedanke, dass wohl demnächst der Krieg ausgebrechen wird. Es sah eher nach Hamsterkäufen, denn nach Wochenendeinkäufen aus.
Die Erklärung für dieses Verhalten ist völlig einleuchtend. Der Heiligabend fällt dieses Jahr auf einen Sonntag. Die beiden Weihnachtsfeiertage sind demnach der Montag sowie der Dienstag. Weil am Sonntag kaum Geschäfte geöffnet haben, sorgen viele Kunden vor und kaufen dabei Artikel auf Vorrat. Immerhin sind drei volle Tage mit vier Mahlzeiten zu bestreiten. Da muss der Kühlschrank, der Keller und das Regal gut gefüllt sein.
Morgen ist Heiligabend. Lasset die Fress - Sauf - und Streitorgie sodann beginnen. Egal, ob es zuvor so aussah, als habe der Krieg begonnen.
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