Kannst nix!



Nach unserem Enkelbesuch im, ach, so, heiß geliebten Bayern, dass ja in absehbarer Zeit und, wenn es der liebe Herrgott will, sich über zwei neue Einwohner freuen - eher wohl: ärgern - darf, ließen wir die Visite noch einmal Revue passieren. Nun, ja, das Fazit, die Quintessenz dazu, sie dürfte lauten: Große Kinder, kleine Sorgen - kleine Kinder, große Sorgen! Oder so ähnlich.

Weil in dem benachbarten Freistaat nicht nur einiges, sondern vieles anders ist, als in anderen Bundesländern, wunderte es uns auch nicht sonderlich, daß das bayrische Schulsystem so seine Tücken und mehr hat.
Die Viergliedrigkeit, also, die Förderschule, Mittelschule, Ralschule sowie als Krönung det Janzen, das Gymnasium, haben so bestimmte Aufnahmebedingungen, wenn eine Schülerin oder ein Schüler sie besuchen soll.

Bei der Förderschule ist klar, wer hier beschult werden kann. Es sind jene Schüler mit diversen Defiziten. Wer dort abgestellt wird, der hat bis zur bitteren Neige keine Zukunftchance. Ähnlich verhält es sich mit der Mittelschule. Es ist eine leicht modifizierte Hauptschule. Weshalb der Name für jenes Konstrukt, denn eher einer Mogelpackung gleich kommt. Aber: Egal, sie existiert ja nicht nur in Bayern.

Bei der Realschule, die einst auch Mittelschule hieß, benötigt der Grundschüler nach der 4. Klasse einen Notendurchschnitt von 2,8 in den drei Hauptfächern ( Deutsch, Mathematik sowie Heimat - und Sachkunde ), um eine Empfehlung für diese weiterführende Schule zu erhalten; bei einem Gymnasium beträgt der Notendurchschnitt 2, 6.

https://www.schuelerhilfe.de/fileadmin/Franchisenehmer/anja.lerner/Kirchheim_bei_München/Aktuelles/versetzungsregeln-bayern.pdf


Durch diese Aufnahmekriterien wird dann nach der 2. Klasse eine enormer Druck aufgebaut. Okay, auch in der Schule gilt noch heute: Ohne Fleiß, kein Preis! Jedoch führen die Inhalte der drei versetzungs - und empfehlungsrelevanten Fächer dazu, dass fast ausschließlich Kinder mit deutschem Elternhaus, also muttersprachlich geprägte Schüler, eine Chance auf einen weiterführenden Schulbesuch haben. Wer hier bereits Defizite im Wort - und Sprachschatz hat, bleibt gnadenlos auf der Strecke. Sämtliche Hauptfächer setzen gute bis befriedigende Deutschkenntnisse voraus. Selbst im Fach Mathematik besteht der vermittelte Stoff aus verquastet formulierten Textaufgaben.

Tja, da unsere drei Enkel zweisprachig aufwachsen, da sie auch die irische Staatsangehörigkeit besitzen und ihr Papa mit ihnen ausschließlich englisch spricht, müssen sie sich den deutschen Wortschatz eben noch erarbeiten. Das wäre auch bei dem mittleren Enkel kein Problem, hätte die Enkeltochter nicht seit der Geburt einen starken Sehfehler, der erst spät erkannt worden ist und erst langsam ausgeglichen werden kann.

Eine solche Lernbehinderung ist nicht gut in dem bayrischen Schulsystem, denn hierauf wird keine Rücksicht genommen. Zumal die Lehrer aufgrund der hohen Schüleranzahl in den jeweiligen Klassen dafür keine Zeit zu haben scheinen. So kam es, wie es in solchen Fällen immer kommt, die Enkeltochter sackte in den drei oben genannten Fächern ab. Und weil das gesamte Schulsystem nicht für derartige Problemkinder ausgelegt ist, versucht die jetzige Grundschule und der sie vertretende Lehrkörper sich dieser zu entledigen.
Nach und nach wird klar: Es gibt hier weder Chancengleichheit, noch existiert die oft propagierte Durchlässigkeit innerhalb der Schularten.

Hinzu kommt, dass gleich neben der Grundschule die so genannte Mittelschule existiert, die zum Teil räumlich mit einander verbunden wurde. Die einstige Hauptschule, die heutige Restschule, soll natürlich auch mit Schülern bestückt werden. Deshalb ist der Grundschullehrkörper angehalten, leistungsschwächere Kinder nicht zu fördern, sondern diese auf den Besuch der angeblichen Mittelschule vorzubereiten.

Und so werden hier manche Klassenarbeiten in nicht korrekter Weise benotet. Immer zu Lasten des Kindes, damit dieses sich nicht verbessern kann. So mancher Schwachsinn, so manche Ungerechtigkeit, kommt alsdann zur Sprache, wenn es darum geht, landesgleiche Klassenarbeit innerhalb der dort identischen Fächer bei einem Vergleich als solche zu entlarven. Eltern sind nicht dümmer als ihre Kinder und Großeltern haben zudem ihre eigenen Erfahrungssätze, die Willkür ohne große Umschweife erkennen.

So erklärte uns die Tochter, dass sie wegen der fehlerhaften Benotung in einigen Klassenarbeiten bereits einige Male mit den Lehrerinnen in einen durchaus kontroversen Diskurs gegangen sei. Nun, auch bei der Benotung gibt es den so genannten Ermessensspielraum. Dennoch ist dieser nicht unbegrenzt und - je nach Gutdünken - wie ein Kaugummi in die Länge ziehbar. Auch hier muss das Ermessen, wenn es denn ausgeübt wird, nachvollziehbar; demnach " pflichtgemäß sein.

Die Bayrische Grundschulordnung regelt außerdem, wie und wann Leistungsnachweise abverlangt werden können. Aber auch, in welcher Form diese, dann nach den Vorgaben des Lehrerkollegiums zu bewerten sind.

http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVSO/true?AspxAutoDetectCookieSupport=1

Und somit gab es genügend Argumente für die Eltern, in der einen oder anderen Klassenarbeit zugunsten der Enkeltochter nachzujustieren.

Wer - so wie ich - die grundsätzliche Meinung vertreten hat, daß die Schule von vor mehr als 50 Jahren der Wilkür der Lehrer Tür und Tor geöffnet hat und dieses heutzutage eher nicht der Fall sei, muss sich eines Besseren belehren lassen. Und, was einst Hänselei war, nennt sich heute Mobbing; was damals Backpfeifen und körperliche Züchtigungen, gleich welcher Art waren, sind heute jene widerlich zynischen Ausfälle der Lehrer.

Ein Beispiel dafür ist mir noch aus der ehemaligen Laberrunde bei Günther Jauch in guter Erinnerung, als
Schüler, der wegen eines berufsbedingten Umzugs seiner Eltern von Hamburg nach Bayern, dort beschult wurde, erzählte, dass die Bazi - Lehrerin ihn vor der versammelten Klasse mit dem Vorurteil " Aus Hamburg kommst? Kannst nix! " abkanzelte.

Dass aber eine Schulleiterin behauptet, eine in Irland und mit der englischen Sprache aufgewachsene Zweiteklässlerin würde in der englischen Aussprache Mängel aufweisen, ist der Gipfel. Nachdem sie auf ihren eigenen Fehler hingewiesen wurde, bekam die Frau Schulleiterin als Englisch - Fachlehrerin einen hoch roten Kopf.

Wie war das noch gleich: " Kannst nix! "

Wohl wahr!




" Kaputter Hamster " - " Behind The Universe " -  1974:



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?